Düsseldorf: Lebhafte Diskussionen beim Zukunftskongress “Umverteilen statt Milliardenoper?”

Für einige Besucher*innen war es am Samstag (22.3.) eine schwere Entscheidung. Denn die Linken hatten gemeinsam mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung zum Zukunftkongress “Umverteilen statt Milliardenoper?” ins zakk eingeladen. Parallel lief in der Innenstadt der Protest gegen die rechte Demo „Gemeinsam für Deutschland“. Aber fast 200 Menschen folgten den Gesprächsrunden im zakk und machten damit ihr Interesse deutlich, an den politischen Entscheidung mitwirken zu wollen. Denn die Stadt Düsseldorf will sich einen Opernneubau für mehr als eine Milliarde Euro leisten.
Gegen die Förderung von Kultur hatten die Teilnehmenden nichts, wohl aber gegen die einseitige Förderung eines Opernneubaus, ohne dass parallel andere Kulturbereiche ebenfalls aufgewertet werden oder Dinge wie bezahlbarer Wohnhaus für die Bürger*innen gewährleistet sind. Ziel war es, über das Thema „Opernneubau“ hinaus Perspektiven der sozial gerechten Stadtentwicklung zu diskutieren.

Ratsfrau Sigrid Lehmann
In ihrer Begrüßung machte Ratsfrau Sigrid Lehmann deutlich, dass man nicht gegen die Oper sei, sondern nur für Verteilungsgerechtigkeit, da die Gelder endlich seien. Deshalb strebt die Partei ein Bürgerbegehren an, damit die Bürger*innen Einfluss auf die Verwendung der Gelder haben. Die Moderation des Plenums übernahm Cornelia Benninghoven, die erklärte, dass sich die Gesprächsrunde bewusst nicht auf der Bühne platziert hatte, sondern auf gleichen Höhe wie die Teilnehmer*innen im Saal. Denn neben den Expert*innen sollten auch Bürger*innen die Möglichkeit haben sich auf Augenhöhe einzubringen.
Im ersten Panel diskutierten Armutsforscher Prof. Christoph Butterwegge, Volkswirtin und Historikerin Friederike Habermann, die Geschäftsführerin der LAG Soziokultureller Zentren NRW Heike Herold und Finanzexperte Maurice Höfgen mit dem Publikum die Frage, ob ein Milliardenkredit für eine neue Oper auch anders verwendet werden könnte. Butterwegge erläuterte seinen Standpunkt, dass bevor eine Oper für wenige gebaut würde, zuerst die Bedürfnisse der schlechter Gestellten erfüllt werden müssten. Herold beschrieb den großen Aufwand, den soziokulturelle Zentren wie auch das zakk betreiben, um ihren Eigenanteil zu erwirtschaften. Denn im Vergleich zu den stark subventionierten Eintrittskarten für die Oper erhalten andere Kulturstätten nur einen Bruchteil an Förderung. So gingen nur 0,8 Prozent des NRW-Kulturetats an Soziokulturelle Zentren. Große Einigkeit herrschte im Publikum, dass alle Formen von Kultur gleich behandelt werden sollten, denn die Unterscheidung zwischen Hochkultur und Kulturformen sei nicht nachvollziehbar. Dies müsse sich auch in der Bezuschussung widerspiegeln – bei den Räumlichkeiten als auch bei den laufenden Kosten.

(v.l.) Christoph Butterwegge, Cornelia Benninghoven, Friederike Habermann, Heike Herold und Maurice Höfgen
Maurice Höfgen machte deutlich, dass die öffentliche Debatte in Deutschland noch viel prekärer sei, als die Frage nach einem Opernneubau ja oder nein. Denn es herrschte die Vorstellung, wer reich sei, habe sich dies verdient. Wer arm ist hänge selbstverschuldet in der sozialen Hängematte. So werde in den Koalitionsverhandlungen aktuell diskutiert wo zu sparen sei und dabei seien die Mütterrente, das Elterngeld oder die Streichung eines Feiertags im Gespräch. Anstatt dort anzusetzen, wo es die Reichen treffe, bei Erbschafts- und Vermögenssteuer, empörte sich Höfgen.
Die Fraktionssprecherin der Linken, Julia Marmulla, fasste das Meinungsbild in Bezug auf die städtischen Investitionen zusammen: „Wir sollten städtische Gelder lieber in eine gerechtere und vielfältigere Stadt investieren, statt in einen Prestigebau. Und die Entscheidung sollte der Stadtrat den Menschen in einem Bürgerentscheid überlassen.“
Das war auch der Tenor in der zweiten Gesprächsrunde, in der sich Helmut Schneider vom Bündnis für bezahlbaren Wohnraum, Pater Wolfgang Sieffert von der Armenküche, der Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie Achim Wölfel, zakk-Geschäftsführerin Kristin Schwierz und Andrea Vogelgesang von der Baumschutzgruppe sich über die “Baustellen” in der Stadt austauschten, die mit der Opernfinanzierung konkurrieren.
Die Linke will nun konkrete Forderungen in den Stadtrat bringen, so Marmulla. „Am meisten empört die Menschen in Düsseldorf, dass die Stadtspitze keinen Cent in den Bau günstiger, städtischer Wohnungen investiert, aber 1,57 Milliarden Euro für eine neue Oper ausgeben will. Oberbürgermeister Keller begründet das mit der internationalen Ausstrahlung eines Neubaus. Genau das wurde am Samstag von Fachleuten und Publikum stark kritisiert: Mit Prestigebauten noch mehr reiche Menschen nach Düsseldorf zu locken, ist das Falscheste, was man aus wohnungspolitischer Sicht machen kann. Öffentliche Gelder müssen jetzt im Gegenteil in den Bau günstiger, städtischer Wohnungen investiert werden, um die Wohnungsnot zu bekämpfen. Darauf wird Die Linke im Stadtrat hinarbeiten.“