Seite an Seite: VdDK zeigt Vielfalt in der Kunsthalle Düsseldorf

Gegenüber im K20 leuchtet Chagall. Da ist es nicht ganz einfach, das Publikum in die graue, sanierungsreife Kunsthalle zu locken. Aber der traditionsreiche Verein der Düsseldorfer Künstler zur gegenseitigen Unterstützung und Hilfe, kurz VdDK, weiß, wie man sich unter schwierigen Umständen selbst behauptet. In einer imponierenden Ausstellung zeigt der VdDK mit rund 250 Werken die Fülle und Vielfalt der Kreativität in einem ältesten aktiven Künstler*innen-Vereine der Welt. Müde sind die 224 Beteiligten noch lange nicht: „Und wir fangen gerade erst an“, verspricht der Titel.

Die Fülle des Kunstlebens: Wände voller Bilder der verschiedenen Art. Ein Besucher betrachtet die Skulptur “Reformat” von Jáchym Fleig. Foto: bikö
Zur Brotlosigkeit tendierte die Kunst schon immer. Der 1844 (vier Jahre vor dem geselligen „Malkasten“) gegründete VdDK sah es als seine Aufgabe an, sich um soziale Belange der Mitglieder zu kümmern. Es gab, wie Michael Kortländer vom Vorstand erklärt, eine Witwen- und Waisenkasse sowie günstige Kredite für Kollegen in finanzieller Verlegenheit. Andererseits sorgte der Verein fürs Showgeschäft. Die Erfindung der „Großen“ Ausstellung im Kunstpalast und sogar der Bau der ersten, 1881 eröffneten Düsseldorfer Kunsthalle gingen auf Initiativen des VdDK zurück.

Ein gutes Team (von links): Michael Kortländer und Katja Stuke vom Vorstand des VdDK wurden tatkräftig unterstützt von Alicia Holthausen, der kommissarischen Chefin der Kunsthalle. Foto: bikö
Madame Freiheit
Aber man will sich nicht in der Vergangenheit verlieren, sondern das Neue zeigen, wie die Erste Vorsitzende Katja Stuke betont. Die meisten Werke seien in den letzten fünf Jahren entstanden. Die Mitglieder, jung und alt, waren mit Begeisterung dabei: 224 von 300 reichten Bewerbungen ein. Jeweils mindestens ein Werk wurde von einer kleinen Jury ausgesucht. Das Ergebnis: Petersburger Hängung – mit fachkundiger Hilfe des Kunsthallenteams. Der sogenannte Kinosaal, zwei Etagen hoch, ist bis unter die Decke voller Bilder. Abstrakt, figurativ, Ölmalerei, Fotografie, dies und das. Für jeden Geschmack, versprochen.

Ruhige Ecke mit einem Tropfenobjekt von Jeannette Schnüttgen (“Fender”) und einer Fotografie von Andreas Thein (“Fremdenzimmer”). Foto: bikö
Da starrt ganz oben ein „Napoleon“ von Stephan Widera hypnotisch in die Luft. Gleich daneben hat Katarzyna Cudnik expressive Abstraktion zu bieten: „Allover and Magentablue“. Weiter unten blökt eine skurrile rote „Mutter Elch“ von Jochem Ahmann nach ihrem Jungen. An einer anderen Wand hängt kopfüber die Madame Liberté von Delacroix als bedrucktes Stoffobjekt von Silvia Liebig: „Slip in and get the done“, befiehlt der Titel: Reinschlüpfen und den Job (der Freiheit) erledigen. Weiter oben zieht ein Doppelwesen namens „Fischfrau“ auf einem Farbholzschnitt von Werner Reuber. „Tiger and Lily“ nehmen ein Bad auf einem sonnigen Bild von Katharina von Koschembahr, darunter sieht man zwei Hände in „Andacht“ von Gunnar Wolf.

Gespenstische Begegnung: die “Dolls” von Jürgen Mester beherrschen den Seitenlichtsaal. Foto: bikö
Laut und leise
Für Ruhe sorgen am Eingang große Pappmaché-Tropfen von Jeannette Schnüttgen, die wie dunkler Regen von der Empore hängen („Fender“). Ein leerer Raum voller Fragen ist das „Fremdenzimmer“ des Fotografen Andreas Thein. Andere Fotoarbeiten zeigen die Gesichter von Turnerinnen in höchster Angespanntheit („Paris, Supernatural“ von Katja Stuke) oder eine Licht-Schatten-Komposition in Schwarzweiß (Erich vom Endts „Palais Royal“). Geerdet werden die Bilderwände von ein paar Skulpturen. Gleich vorne steht, fest und doch leicht, Michael Kortländers aus einem riesigen Stück Wellpappe geschnittenes und geöltes „Dubbick Stück“. Die kleinen Flusen und Macken am Karton erzählen nebenbei von der Unmöglichkeit, das Bleibende zu schaffen.

Anmutige Gebärde: ein Tänzer aus Gips als “Jeanne d’Arc” von Nele Waldert. Foto: bikö
In den übrigen zwei Sälen geht es etwas reduzierter zu. Still fixieren uns die „Dolls“ des Keramikkünstlers Jürgen Mester mit ihren leeren Augen. Einige Videos in der hinteren Ecke des Seitenlichtsaals zeigen, dass der Verein auch mit neuen Medien vertraut ist. Oben, auf der Empore, wurden die subtilsten Werke platziert – von Inken Bojes gelb getupfter Vision einer Dämmerung („S_93_20_200_150“) bis zu Johanna Hansens „Tischtuchnotizen“, auf denen ein roter Stuhl neben einer durchsichtigen Gestalt schwebt und Wörter zu Skizzen werden. Anmutig gebärdet sich ein Gips-Tänzer von Nele Waldert als „Jeanne d’Arc“, und eine riesige Tuschzeichnung von Ubbo Kügler („Knüdel O1“) verwandelt sich durch kunstvolles Knautschen in eine Skulptur.

Feine Erscheinungen: Die subtilsten Werke der VdDK-Ausstellung hängen oben auf der Empore der Kunsthalle. Foto: bikö
Was, wann und wo?
„Und wir fangen gerade erst an: Künstlerinnen und Künstler des VdDK 1844“: bis 25. Mai in der Kunsthalle Düsseldorf, Grabbeplatz. Di.-So. 11 bis 18 Uhr. Beiprogramm unter www.kunsthalle-duesseldorf.de. Der Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen zeigt im selben Haus zugleich dokumentarische Videos des chinesischen Filmers Wang Bing: „The Weight of the Invisible“. www.kunstverein-duesseldorf.de