Düsseldorf Immobilien Spekulation: Die Mieter des Hauses Kennedydamm 9 rufen um Hilfe
Die Fratze des Düsseldorfer Immobiliengewerbes zeigt sich nach Schilderung der Mieter im Haus Kennedydamm 9 und 11: Staub überall, Kälte durch offenstehende Fenster, Wasserschäden, rausgerissene Türen, Baulärm am Sonntagmorgen, augenscheinlich betrunkene, russisch sprechende Handwerker mit Brecheisen vor der Wohnungstür, Geschrei im Treppenhaus: „Ihr müsst hier raus!“, von der Zimmerdecke fallender Putz, weil sogenannte Handwerker in der Etage darüber den Boden rausreißen, der elektrische Türöffner kaputt, so dass der Rettungsdienst in einem Notfall nicht reinkommt, Polizeieinsätze, Feuerwehreinsätze, Anfragen der Grünen in der Bezirksvertretung 1: Die sechs verbliebenen von einst 21 Bewohnern des Hauses Kennedydamm 9 und 11 riefen am Dienstag (10.3.) laut „Hilfe!“. Sie sind ziemlich wütend, mürbe und müde zugleich – aber weichen wollen sie vor den Machenschaften ihrer fragwürdigen Eigentümer nicht.
Weil die Bauarbeiter Trümmer einfach aus dem Fenster warfen, soll das Düsseldorfer Ordnungsamt protestiert haben. Seither ist eine Art Schutt-Rutsche installiert – allerdings wird das Fenster im ersten Stockmitten im Winter offen gelassen.
Die 79 Jahre alte Frau, die 36 Jahre lang in ihrer Wohnung gelebt hat und dann durch den Druck der Eigentümer vertrieben wird – Immobilienmanager feiern sowas als Erfolg. Stößchen mit Prosecco oder Champagner: Endlich wieder ein Wohnung frei, um Geld damit verdienen zu können. Die Musikstudentin, die im fingerdicken Baustaub Botschaften auf ihren Flügel schreiben kann, den sie zum Üben braucht. Die Mieterin an Krücken, die sich aus dem Souterrain ins Erdgeschoss quält, wenn sie Besuch bekommt. Denn per Knopfdruck kann sie die Haustür ja nicht öffnen. Die Russin, die sagt: „Ich habe verstanden, was die Handwerker riefen – ich gehe nun erst einmal zurück in meine Heimat, weil ich Angst habe.“ Tschüss Düsseldorf!
Leidensweg
Begonnen hat der Leidensweg der Bewohner im Haus Kennedydamm 9 im Jahr 2018. Da kaufte eine Firma das Haus, bei dem auch ein Ex-Fortuna-Spieler und heutiger Leverkusen-Profi als Geschäftsführer im Handelsregister steht. Die Mieter waren dem Kicker offenbar ziemlich egal. Er wollte angeblich das Dachgeschoss für sich ausbauen. Zwischenzeitlich wurden mal Musterwohnungen in Wohneinheiten eingerichtet, die gerade leer standen. Sie wurden später wieder rausgerissen. Angeblich sollte das Haus auch mal ganz abgerissen werden – obwohl die Bausubtanz noch solide erscheint. Die widerborstigen Mieter haben ihrem Haus einen eigenen Twitter-Account eingerichtet, in dem sich jeder selbst einen Eindruck verschaffen kann: @kennedydammneun.
Die Wohnungstüren rausgerissen und nicht mit Folie abgehängt: So ziehen Staub und Kälte und Feuchtigkeit ins Treppenhaus.
Nach den Unterlagen, die das „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“ am Dienstag vorlegte, gingen viele Pläne in dem Haus Kennedydamm 9-11 schief. Das Bauamt soll demnach die Umbaugenehmigung verweigert haben. Was natürlich nichts an dem änderte, was die Mieter als pure Schikane empfinden. Rücksichtslose Bauarbeiten begannen in dem Haus dennoch. Die Mehrzahl zog aus, weil sie das Leben in diesem Haus schlicht nicht mehr ertragen konnte.
Mietminderung
Ja, manche der verbliebenen Mieter*Innen engagierten einen Rechtsanwalt und minderten die Miete, wegen des Lärms, des Staubs, der Feuchtigkeit und der Kälte im Gemäuer. Macht ein paar Euro bei denen, die einen Anwalt an ihrer Seite hatten. Die anderen wurden wegen unberechtigter Mietminderung abgemahnt – so die Auskunft beim Pressetermin am Dienstag. Kündigungen erhielten viele Mietparteien im Juni 2019. Was daraus nach dem Eigentümerwechsel wird, ist den Mietern unklar.
Der Türöffner ist kaputt – Mieter müssen ihre Besucher von Hand hineinlassen.
Johannes Dörrenbächer vom Bündnis für bezahlbaren Wohnraum sagt: „Derzeit melden sich zahlreiche Mieter aus Düsseldorf bei uns mit ähnlichen Schilderungen. Sie sollen aus ihren Mietwohnungen verdrängt werden –und finden keinen gleichwertigen Ersatz.“ Den Mietern im Haus Kennedydamm hilft ein langer Atem und – bei rechtlichen Fragen – der Düsseldorfer Mieterverein, wenn sie sich dort Hilfe suchen.
Alt-Mieter verdrängt
Dass Düsseldorf nur noch für Reiche erschwinglich ist, könnte unter anderem die Milieuschutzsatzung verhindern, für die gerade Unterschriften gesammelt werden. Sie würde Immobilienspekulanten in die Schranken weisen. Zum Beispiel dadurch, dass die Stadt die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen genehmigen müsste. Und durch ein Vorkaufsrecht Immobilienspekulanten ausbremsen könnte.
Natürlich hat report-D versucht, den Vertreter des aktuellen Eigentümers zu erreichen. Es handelt sich um einen Rechtsanwalt, der sich auf Immobilien spezialisiert zu haben scheint. Dort war entweder besetzt – oder es ging niemand ans Telefon.