Düsseldorf Eller: Mieter der Kissinger Straße sind geschockt über anstehende Mieterhöhungen
Die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft mbH ist Eigentümer der 160 Wohnungen an der Kissinger Straße in Düsseldorf Eller. Die Bewohner leben teilweise bereits Jahrzehnte in den Häusern und klagen, dass der Eigentümer die Instandhaltung der Gebäude jahrelang schleifen lies. Nun sollen alle neun Gebäude um eine Etage aufgestockt und im gleichen Zug die Wohnungen modernisiert werden. Während Instandhaltungsarbeiten nicht auf die Mieter umgelegt werden dürfen, ist das bei Modernisierungen anders. Die Mieter haben vor Weihnachten eine langes Schreiben erhalten, in denen monatelange Bauarbeiten und heftige Erhöhungen der Wohnungskosten angekündigt werden.
(v.l.) Pater Wolfgang und Johannes Dörrenbächer mit der Mieterin, die froh ist Hilfe zu bekommen
Schockbrief vor Weihnachten
Auf 15 Seiten beschreibt die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft mbH (Aachener SWG) jedem Mieter, was an Arbeiten geplant ist, wie lange sie dauern und welche Unannehmlichkeiten damit verbunden sein werden. Detailliert wird bereits aufgeführt mit welchem neuen Mietpreis und Nebenkosten gerechnet werden sollte. Ganz zum Schluss des Schreibens, in drei Zeilen, ist der kurze Hinweis auf einen möglichen „Härteeinwand“ – allerdings ohne jede Erklärung was dieser bedeutet.
Bündnis für bezahlbaren Wohnraum wird aktiv
Informationen dazu haben die Mieter vom Bündnis für bezahlbaren Wohnraum erhalten, die über die Bezirksvertretung bereits von den umfangreichen Modernisierungsplänen gehört hatte. Das Bündnis kennt viele Fälle, in denen Mieter*innen sich nach Modernisierungsmaßnahmen die Miete für ihre Wohnung nicht mehr leisten konnten. Der Verdacht kam schnell auf, dass auch die Aachener SWG jahrelang nichts in die Wohnungen investierte, um sich nun die umfangreichen Modernisierungen durch die Mieter bezahlen zu lassen. Die Bündnismitglieder Johannes Dörrenbächer, Lutz Pfundner und Pater Wolfgang von der Altstadt Armenküche nahmen Kontakt zu den Mietern auf, nachdem diese im November 2020 die Modernisierungsankündigung erhalten hatten. Sie informierten die Betroffenen darüber, dass man sich gegen die Kostensteigerung zur Wehr setzen kann, dafür aber Fristen einhalten muss. Einen „Härteeinwand“ kann jeder Mieter geltend machen, wenn durch die Mieterhöhung der bisherige Lebensstandard mit dem restlichen zur Verfügung stehenden Haushaltseinkommen nicht gehalten werden kann. Die finanzielle Härte ist kein bestimmter Prozentsatz, sondern wird individuell für den Einzelfall geprüft.
Viele der Mieter der Kissinger Straße stehen über WhatsApp-Gruppen, Telefon oder persönlich untereinander in Kontakt. Sie wollen sich gegen die Pläne der Aachener SWG wehren.
Das Haus Nummer 14 an der Kissinger Straße soll als erstes umgebaut werden
Eigentümer versichert beste Absichten
Die Aachener SWG betont die Absicht, die Immobilien an der Kissinger Straße auf einen guten technischen, energetischen und klimafreundlichen Standard zu bringen. Da in Düsseldorf dringend weiterer Wohnraum benötigt werde, erfolge dabei die Aufstockung aller Gebäude um eine Etage, so dass 29 neue Wohnungen entstehen. Für diese werde ein Außenaufzug angebaut. Die bestehenden Wohnungen sollen neue Fenster, eine moderne Elektroverteilung, bessere Warmwasserversorgung, eine neue Heizung und neue Toiletten erhalten. Die Gebäude werden außen, im Keller und am Dach gedämmt. Pro Häuserblock wird mit mehreren Monaten Bauzeit gerechnet. Die ersten Arbeiten sollen im März beginnen. Obwohl der Lärm, der Dreck und die Beeinträchtigung der Grundversorgung erheblich sein werden, bietet der Eigentümer eine Mitminderung von 20 Prozent an und formuliert dies als Entgegenkommen. Die Wohnung werden zeitweise unbewohnbar sein.
Die in Aussicht gestellten höheren Kosten für die Wohnungen nach Abschluss der Modernisierungsmaßnahmen will die Aachener SWG erst nach Abschluss der kompletten Maßnahmen, in circa zwei bis drei Jahren , an die Mieter weitergeben. Von bis zu zwei Euro pro Quadratmeter könne ausgegangen werden, heißt es in dem Schreiben an die Mieter. Die durchschnittliche Kaltmiete in der Kissinger Straße liegt derzeit bei 5,78 Euro und wird nach den Maßnahmen bei ungefähr 7,53 Euro liegen, eine Erhöhung um mehr als 30 Prozent. Dazu kommen noch die steigenden Nebenkosten durch den Einbau des Aufzuges sowie die neue Vorauszahlung für Heiz- und Warmwasserkosten von 1,20 pro Quadratmeter.
Ingeborg Schmitten wohnt seit 1970 in der dritten Etage der Hausnummer 14, noch zahlt sie 490 Euro Kaltmiete
Verzweifelte Mieter*innen
Der 84-jährigen Ingeborg Schmitten graut es jetzt schon vor dem, was da auf sie zukommt. Sie hätte von der Aachener SWG mehr erwartet, da hinter dem Immobilienunternehmen kirchliche Eigentümer stehen, die mit ihrem sozialen Anspruch werben. Wie Ingeborg Schmitten sind viele Mieter dankbar über das ehrenamtliche Engagement des Bündnis für bezahlbaren Wohnraum. Dank dessen Einsatz haben zahlreiche Mieter die Möglichkeit des Härteeinwands genutzt.
Offener Brief ans Erzbistum
Wäre die Aachener SWG ihrer sozialen Verantwortung nachgekommen, hätten man die Mieter*innen trotz Corona über ihre Rechte aufklären müssen, kritisieren die Mitglieder des Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum. Stattdessen wurde per Bote in der Adventszeit das Schreiben überbracht und die Mieter mit ihrer Verzweiflung alleine gelassen. Ein solches Vorgehen kennen die Bündnismitglieder eher von Immobilienhaien. Von einem Unternehmen in Kirchenbesitz hatten sie anderes erwartet. In einem offenen Brief an das Erzbistum Köln kritisieren sie das Verhalten und fordern die verantwortungsvollen Umgang mit den Mietern.