Düsseldorf: Bündnis startet Bürgerbegehren „Wohnen bleiben im Viertel“
Die Wohnungssituation in Düsseldorf ist schwierig und eine bezahlbare Wohnung zu finden, ist für viele Menschen wie ein Lottogewinn. Der enge Wohnungsmarkt ruft immer wieder Investoren und Spekulanten auf den Plan, die Profit aus der Situation ziehen. Sie werten Wohnungen und Häuser durch Sanierung oder Umbau auf und erreichen durch die vermeintliche Verbesserung, dass Einkommensschwächere durch Wohlhabendere verdrängt werden. Ein breites Bündnis aus Düsseldorfer Institutionen und Gruppierungen plant deshalb ein Bürgerbegehren mit dem Titel „Wohnen bleiben im Viertel“. Ziel ist, damit einen Bürgerentscheid zu erreichen, der über eine Milieuschutzsatzung für zwölf Düsseldorfer Wohngebiete abstimmt.
Das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum organisiert immer wieder Aktionen, um auf die Gentrifizierung der Stadtteile aufmerksam zu machen
Ein breites Bündnis unterstützt das angestrebte Bürgerbegehren unter dem Titel „Wohnen bleiben im Viertel“. Auf Initiative des Bündnisses für bezahlbaren Wohnraums, das aus vielen verschiedenen Mitgliedern besteht, haben sich die Düsseldorfer Organisationen AStA an der Hochschule, Caritasverband, DGB, Diakonie, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Katholikenrat, Katholische Arbeiter Bewegung, Mieterbund, Paritätische Wohlfahrtsverband, Sozialdienst katholischer Frauen und Männer, die SPD, ver.di und das zakk zusammengetan. Damit das Bürgerbegehren erfolgreich verläuft und zum Bürgerentscheid führt, müssen rund 16.000 Unterschriften gesammelt werden. Noch kann die Unterschriftenaktion nicht gestartet werden, denn die Stadtverwaltung ist die Kalkulation der finanziellen Auswirkungen des Bürgerbegehrens schuldig, die seit November versprochen ist. Die Menschen, die das Bürgerbegehren unterschreiben, sollen alle Informationen über Sinn, Zweck und Folgen erhalten.
Mit dem Bürgerbegehren soll der Rat aufgefordert werden, für bestimmte Gebiete Schutzsatzungen für Mieter*innen zu verabschieden. Diese Milieuschutzsatzung soll Umbauten, Abrisse und Modernisierungen sowie das Umwandeln von Miet- in Eigentumswohnungen in Gebieten, die besonders hart von Mietpreissteigerungen betroffen sind, genehmigungspflichtig machen. Außerdem versetzt die Satzung die Stadt in die Lage, ein Vorkaufsrecht beim Verkauf von Häusern geltend zu machen.
Baugesetzbuch sieht Möglichkeiten vor
Es ist der Paragraph 172 des Baugesetzbuches, der den Kommunen die Möglichkeit gibt, Wohngebiete in ihrem städtebaulichen und sozialen Bestand zu erhalten. Es wird unterschieden in Satzungen zum Erhalt von baulichen Anlagen und in Satzungen, die die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erhalten sollen, dem Milieuschutz. Milieuschutzsatzungen gibt es in Düsseldorf noch nicht. Hamburg, München und Köln arbeiten bereits damit.
Mit der Milieuschutzsatzung sollen Spekulationen mit Mietwohnungen erschwert werden. Modernisierungsmaßnahmen müssen demnach angemeldet und genehmigt werden. Die zukünftigen Mieten sind dabei anzugeben und würden von der Verwaltung geprüft. Zusätzlich kann die Kommune zeitlich befristet Mietobergrenzen festlegen. In Verbindung mit der Umwandlungsverordnung NRW ist auch die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen genehmigungspflichtig. Mit der Satzung kann sich die Kommune ein Vorkaufsrecht bei Gebäuden einräumen.
In rot markiert sind die Wohngebiete, in den eine Milieuschutzsatzung greifen würde
Die Satzung gilt nicht in ganz Düsseldorf, sondern nur für klar definierte Wohngebiete. Da die Stadt bereits eine Erhebung über „soziodemographische Herausforderungen“ erstellt hat, bei denen in zwölf Wohngebiete Handlungsbedarf ermittelt wurde, werden diese für die Milieuschutzsatzung vorgeschlagen.
Sobald das Bürgerbegehren gestartet ist, sind alle DüsseldorfInnen gebeten es mit Unterschrift zu unterstützen. Rund 16.000 Unterschriften werden gebraucht, um einen anschließenden Bürgerentscheid zu erreichen. Nach Ende des Begehrens gibt es eine formale Prüfung durch den Rat. Die Initiatoren wünschen sich, dass es noch vor Sommer zur Entscheidung über den Bürgerentscheid kommt, da dann mit der Kommunalwahl am 13. September darüber abgestimmt werden könnte.
Noch sind die Unterschriftenlisten nicht freigegeben
Unterschreiben dürfen alle Einwohner*innen mit erstem Wohnsitz in Düsseldorf, die mindestens 16 Jahre alt sind und die deutsche Staatsbürgerschaft oder die Staatsbürgerschaft eines EU-Staates haben. Das Formular ist von der Stadt noch nicht freigegeben. Sobald dies erfolgt ist, startet die Unterschriftensammlung, die nur analog und nicht online erfolgen kann. Auf der Seite www.wohnen-bleiben-im-viertel.de können nach dem Start des Begehrens die Kformular heruntergeladen werden. Die ausgefüllten Listen werden bei fiftyfifty an der Jägerstraße 15 in Eller gesammelt.
Sind mehr als 14.130 Unterschriften gültig, wird in einem Bürgerentscheid über die Milieuschutzsatzung entschieden. Dazu werden alle wahlberechtigten Einwohner*innen aufgefordert, an einem bestimmten Tag in einem Wahllokal mit ja oder nein zu stimmen. Wichtig ist eine hohe Wahlbeteiligung, denn mindestens zehn Prozent aller Wahlberechtigten muss abstimmen, damit den Entscheid gültig ist. Wenn die Mehrheit mit ja gestimmt hat ist der Bürgerentscheid gültig. Er ersetzt einen Ratsbeschluss und deshalb muss die Verwaltung den Inhalt des Bürgerentscheides umsetzen.
In dem Haus an der Bunsenstraße wehren sich die Bewohner gegen Mieterhöhungen und Luxussanierung
Im letzten Jahr hat das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum einige Fälle öffentlich gemacht, bei denen Mieter*innen nach dem Verkauf ihres Hauses Probleme mit dem*der neuen Eigentümer*in bekamen. Auch hier könnte eine Milieuschutzsatzung helfen. „Denn viele Mieter*innen fühlen sich bei einem Hausverkauf schutzlos ausgeliefert, da zum Beispiel durch Modernisierungen die Mieten unbezahlbar werden. Würde die Stadt ihr Vorkaufsrecht nutzen, könnten bekannte Miethaie aus dem Verkehr gezogen werden.“ sagt Ben Klar vom Bündnis.
Themenabend am 22. Januar
Das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum lädt am Mittwoch, 22. Januar um 19 Uhr ins zakk ein. Unter der Überschrift „Wege aus der Wohnungsnot – Mietendeckel, Vergesellschaftung, kommunale Schutzsatzung“ bieten das Bündnis und das zakk Informationen und Gespräche. Termin: 22.1.2020, 19 Uhr, zakk, Fichtenstraße