Düsseldorf: bpa-Pflege-Dialog vor der Bundestagswahl
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Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) hat am Dienstag (4.2.) zu einer Dialogveranstaltung mit Politikern eingeladen, damit diese aus erster Hand erfahren, wo es in der Pflege „brennt“. Anas Al-Qura’an (Bündnis 90/ Die Grünen), Christian Berger (CDU), Adis Selimi und Thorsten Klute (beide SPD) kamen ins Mutter Ey Café, um von pflegenden Angehörigen, deren Interessenvertretungen sowie Vertreter*innen der Träger der Pflege und Eingliederungshilfe zu hören wo es Probleme gibt. Der bpa hatte bewusst ein Format gewählt, bei dem nicht die Politiker das Wort führen, wie sie es im Wahlkampf gewohnt sind, sondern die Betroffenen.
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Anas Al-Qura’an (grüner Pullover) setzt sich für Teilhabe und den Abbau von Barrieren ein
Als Fazit ergab sich ein drängender Handlungsbedarf in der Pflege und Eingliederungshilfe. Wie der bpa betonte, müssten Pflegeeinrichtungen in Nordrhein-Westfalen täglich hilfesuchenden Familien absagen, weil Personal fehle. Pflegende Angehörige geraten dadurch massiv unter Druck und sind vielfach gezwungen ihre eigene Berufstätigkeit aufgeben oder zu reduzieren. Der Personalmangel und hohe Krankenstand bei ambulanten Pflegediensten führt vielfach dazu, dass Patienten mit sehr hohem Pflegeaufwand abgelehnt werden, da die Kapazitäten nicht ausreichen. Der Kostendruck belastet die Pflegedienste zusätzlich. Aber auch in Pflegeeinrichtungen ist die Situation nicht gut. Viele sind nicht voll belegt, da Personal fehlt.
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In kleiner Runde wurde sich ausgetauscht, hier mit Thorsten Klute (2.v.l.)
Bedarf gibt es auch bei der Eingliederungshilfe. Wenn Eltern sich um ihre behinderten Kinder selber kümmern, müssen sie meist ihre Berufstätigkeit aufgeben und das in Zeiten von Fachkräftemangel.
Im Bereich der Pflege könnten Mitarbeitende aus anderen Ländern helfen. Doch diese oft gut qualifizierten Kräfte müssen viele Hürden überwinden, bis ihre Zeugnisse anerkannt werden oder ihre Sprachkenntnisse gut genug sind. Die aktuelle Diskussion über die Rückführungen von Geflüchteten betrachten viele mit Sorge, da das zwangsläufig den Personalmangel noch erhöht.
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Bernhard Rappenhöner, bpa-Landesvorsitzender, (stehend) begrüßte die Gäste
„Das muss die Legislaturperiode für Pflege und Soziales werden“, betonte der nordrhein-westfälische bpa-Landesvorsitzende Bernhard Rappenhöner. „Die Politik darf nicht weiter zulassen, dass Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung unversorgt bleiben, weil Bürokratie und Regularien die Einrichtungen hemmen.“ Er forderte ein Sofortprogramm, an dem sich die Bundesregierung ebenso beteiligt wie das Land NRW. „Die schnellen Lösungen liegen längst auf dem Tisch: Wir brauchen einen sofortigen Einsatz internationaler Kräfte durch die Kompetenzvermutung, eine Überprüfung der Ausbildungsstrukturen und eine Flexibilisierung des Personaleinsatzes. Damit könnten allein in NRW sofort tausende Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung zusätzlich versorgt werden.
Ralf Hansen, Geschäftsführer von Pflege und Beratung Heinzelmännchen, appelliert aber auch den Pflegeberuf nicht immer nur negativ darzustellen. Examinierte Kräfte starteten mit einem Einstiegsgehalt von über 3.300 Euro im Monat plus Zuschläge. Und auch ungelernte Kräfte haben in diesem Bereich gute Chancen.
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Adis Selemi (4.v.l.) im Gespräch an seinem Tisch
bpa
Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) bildet mit mehr als 14.000 aktiven Mitgliedseinrichtungen (davon über 2.300 in Nordrhein-Westfalen) die größte Interessenvertretung privater Anbieter sozialer Dienstleistungen in Deutschland. Einrichtungen der ambulanten und (teil-)stationären Pflege, der Behindertenhilfe sowie der Kinder- und Jugendhilfe in privater Trägerschaft sind systemrelevanter Teil der Daseinsvorsorge. Die Mitglieder des bpa tragen die Verantwortung für rund 395.000 Arbeitsplätze und circa 29.000 Ausbildungsplätze.