Düsseldorf Bilk: Seit 25 Jahren zielen hier manche Sportschützen nach Gehör
Klassisch über Kimme und Korn kann Silke Hitzbleck die Zehner-Scheibe vor ihr nicht anvisieren. Denn sie ist blind. Und zielt nach Gehör. Solange der Ton aus ihren Kopfhörern dunkel klingt, wird es vermutlich eine Fahrkarte, der Schuss würde außerhalb der Zielscheibe einschlagen. Je heller die Frequenz klingt, desto näher kommt die Zehn. Silke drückt ab. Nur knapp daneben – eine „9“. Sofort beginnt der nächste Schussversuch.
Feierstunde zum Vierteljahrhundert
Beim Wettkampf „Auge gegen Ohr“ traten am Samstag (30.11.) beim St. Sebastianus Schützenverein Düsseldorf Bilk Menschen gegeneinander an, die früher nicht ihr Können miteinander gemessen hätten. Für die Gruppe der Sehenden am Start: Die Schützenkönigin von Bilk, Sarah Walterbach, und Jungschützenkönig Ben Altenberg. Für die Blinden standen auf dem Schießstand: Silke Hitzbleck und Dieter Schäfer. Der kurze Wettbewerb mit jeweils zehn Schuss pro Person war Teil einer Jubiläumsfeier: Seit 25 Jahren können in Düsseldorf Bilk Sehbehinderte und mittlerweile auch Menschen mit weiteren Handicaps ihre Fähigkeiten an der Luftpistole und dem Luftgewehr perfektionieren.
„Ich hatte nie irgendwelche Bedenken, dass das klappen könnte. Oder Berührungsängste“, sagt Uli Müller. Damals war Müller Sportwart der Bilker Schützen. Heute leitet er das Regiment als Schützenchef. Im Jahr 1999 trafen er und der damalige Bilker Schützenchef sich mit Klaus Bierbaum und Erich Fladerer vom Allgemeinen Blindenverein Düsseldorf (ABVD). Diese beiden hatten damals schon mehr als 30 Absagen kassiert. Denn sie waren auf der Suche nach einem auch für Blinde geeigneten Schießstand. Dass es so schwer werden würde, hatten sie allerdings nicht gedacht. Denn erst fünf Jahre zuvor war der Artikel, Absatz 3 des Grundgesetzes um diesen Satz ergänzt worden: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
Ein Schützenhaus wird inklusiv
Trotzdem kassiert die Nicht-Sehenden lange Zeit eine Absage nach der anderen für ihren Wunsch, Sportschützen sein zu dürfen. Bis der damalige Sportwart Uli Müller den Bilker Schützenvorstand überzeugt. Das Schützenhaus wurde para-tauglich gemacht. Gunnar Frisch erinnert sich: „Wir haben damals die Gewehre eingeschossen. Und schon nach ganz wenigen Schüssen hatten wir uns an das Zielen nach Gehör gewöhnt.“
Zum 25-jährigen Jubiläum in Bilk leitete er Feierstunde und den Schießwettbewerb. Frisch gehört zu den besten Schützen der Sportabteilung bei den Bilker Schützen. Seine guten Ergebnisse bei Deutschen Meisterschaften brachten ihn bis ins Nationalmannschaftsteam der Sportschützen. Neben der Treffsicherheit brachte ihn sein Beruf als Sonderpädagoge beinahe automatisch zur Blinden und Sehbehinderten Sportschützengruppe in Düsseldorf Bilk.
Landesstützpunkt für den Para-Sport
Dort ist das Besondere von damals längt zum Alltag geworden. Die Blindenschützengruppe gehört zur St. Martinskompanie. Regelmäßig trifft man sich – und die Zielscheiben im technisch mittlerweile gut ausgerüsteten Schützenhaus am Aachener Platz. Und auch den Bilker Schützen hat die Zusammenarbeit auf ein neues Level gebracht. Denn seit Ende 2022 ist das Schützenhaus Landesstützpunkt im Para-Sport. Hier verbessern mittlerweile Menschen mit vielerlei Handicaps, aber dem Faible für Luftpistole und Luftgewehr, ihre Fähigkeiten auf der Schießbahn. Teilweise sind an diesen Abenden bis zu 20 Personen anwesend – und sitzen meist noch lange zusammen und klönen.