Düsseldorf: Kerkeling begeistert bei seiner Lesung aus „Gebt mir etwas Zeit“
Das neuste Werk von Hape Kerkeling wurde im September 2024 im Piper Verlag als Sachbuch veröffentlicht. Aber selten hat ein Sachbuch so amüsiert und begeistert, wie „Gebt mir etwas Zeit“. Das liegt selbstverständlich daran, dass ein vermeintlich trockenes Thema mit Ahnenforschung von Hape Kerkeling zu einem Hör- und Lese-Genuss wird.
Lesung in Düsseldorf
Zur Lesung in der Thalia Buchhandlung waren die Tickets schnell vergriffen. Viele der Gäste wussten bereits, dass sie nicht nur eine Lesung erwartete. Hape Kerkeling gestaltete den Abend abwechselnd in vergnüglicher Plauderei mit seinen Anhängern und im Vortrag von ausgewählten Textstellen. Viele der Menschen in der vierten Etage des Buchladens an der Kö waren offensichtlich Kenner aller Veröffentlichungen des noch 59-Jährigen – Anfang Dezember wird er sich nullen. Das kam bei den Fragen heraus, zu denen Kerkeling immer wieder aufforderte. Eine Frau berichtete von einer vermeintlichen Lüge des Autors. Die gab er zu. Hatte er doch in seinem Buch „Pfoten am Tisch. Meine Katze, andere Katzen und ich“ beschrieben, wie er mit seinen Katzen im Flugzeug verreiste und das wahre Gewicht der wohlgenährten Tiere verheimlichte, da sie sonst nicht hätten als Handgepäck reisen dürfen. Aber auch seine klare Haltung gegen Rechts, seine Meinung zur AfD, seine Reise auf dem Jakobsweg und der Wahlausgang in Amerika waren Thema. Dabei ahnte er noch nicht, dass während seiner Lesung die Ampel in Berlin ihr Ende fand.
Ahnenforschung und Anekdoten
Aber neben der Möglichkeit persönlich mit Kerkeling zu plaudern, waren die Gäste gekommen, um das neue Buch kennenzulernen. Niemand hat wirklich damit gerechnet, dass Ahnenforschung bei Kerlings bierernst und als chronologische Auflistung von Vorfahren gestaltet ist. Es ist eine Mischung aus Rückblick auf seine Familiengeschichte, die Zeit als seine Karriere startete, gemischt mit Anekdoten. Ganz am Anfang stand die Frage nach seiner Herkunft, weshalb er noch vor Corona eine Speichelprobe nach Amerika schickte, um dort von einem Labor eine DNA-Analyse mit Abstammungslinien erstellen zu lassen. Die Ergebnisse machten ihn neugierig und die Forschungen begannen.
Nach Amsterdam nahm der Autor die Zuhörer*innen als erstes mit. Hape war als Sechsjähriger mit seinen Eltern dort und so von der Stadt und den vielen Eindrücken gefangen, dass er sofort dort bleiben wollte. Im Nachhinein erklärlich, wo doch viele Vorfahren dort lebten, was er aber erst Jahrzehnte später realisierte. 1590 lebten die Kerckrings dort, woraus sich der Name Kerkeling entwickelte. Auch wenn die offizielle Berufsbezeichnung eines Vorfahr Hutmacher war, wurde doch deutlich, dass es in den Hutgeschäften der Stadt neben Hüten auch käufliche Liebe gab. Dies las Kerkeling vor und schlug gleich den Bogen zur Neuzeit, denn Amsterdam habe für ihn immer noch Magie.
Bei seinen Recherchen stellte er fest, dass es wohl in jeder Familie über die Generationen hinweg eine Art gemeinsames Motto gibt. Bei den Kerkelings lautete dies „Verstecken“. Sein Großvater war als Kommunist im KZ Buchenwald und konnte sich nicht verstecken. Ein Vorfahr hat eine Katholikin im prostestantischen Amsterdam geheiratet, das wurde verheimlicht. Seine Großmutter machte aus ihrer Herkunft als uneheliches Kind ein Geheimnis und auch Kerkeling selber wurde unfreiwillig als Homosexueller geoutet, was er zuvor versteckt hatte. Ein Ziel des Buches sei auch, das Verstecken zu beenden.
Das Geheimnis um Oma Bertha
Zu seiner Großmutter Bertha hatte Hape Kerkeling schon als Kind ein herzliches Verhältnis, sie seien Seelenverwandte gewesen, berichtet er. „So wie ich bin ist gut“ war ein Spruch seiner Oma, den der Enkel übernommen hat. Viele Berthas Andeutungen über ihre Herkunft waren wunderlich, aber Nachforschungen zu ihrer Person waren schwierig. Es gab keine Dokumente in Archiven, „es schien als wenn Oma von einem fernen Planeten gekommen wäre“. Nach seinen Forschungen ergaben kurze Äußerung der Oma für Hape aber einen Sinn. Da war ihre uneheliche Herkunft, trotzdem hatte sie eine Schule für höhere Töchter besucht. Ihr Interesse für Berichte aus den Königshäusern, das Geständnis einen Rittmeister aus Böhmen gekannt zu haben und nicht zuletzt ihre Ähnlichkeit mit dem Duke of Kent. Nach der DNA-Analyse war Kerkeling dann sicher: seine Oma Bertha war offenbar die uneheliche Tochter des englischen Königs Edwards VII..
Es gibt noch zahlreiche Geschichten zu seinen Forschungen und seinem Leben in dem Buch, die hier jetzt nicht verraten werden sollen. Aber die Lesung machte definitiv Lust auf mehr. So ging es auch den Besucher*innen am Mittwochabend, die das Buch vielfach kauften und sich gerne noch vom Autoren signieren ließen.
Hape Kerkeling: Gebt mir etwas Zeit. Meine Chronik der Ereignisse
gebundene Ausgabe, Verlag Piper, 368 Seiten, 24 Euro, ISBN 978-3-492-05800-1
Bei Thalia gibt es weitere interessante Lesungen, Informationen hier.