Düsseldorf Golzheim: Eigentümer räumt besetzte Wohnung und zeigt sich uneinsichtig
Beim Quartiersspaziergang am Sonntag (3.11.) durch Golzheim wurden rund 300 Bürger*innen über zahlreiche Beispiele informiert, in denen Mehrfamilienhäuser durch Verwertungskündigungen entmietet werden oder bereits sehr Jahren leerstehen. Bestes Beispiel boten die Häuser an der Bankstraße 7 bis 11, in denen von den 62 Wohnungen bereits 50 leer stehen. Um die verbliebenen Mieter zum Auszug zu drängen, wurde in allen drei Häusern der Aufzug abgestellt. Dabei wohnen in den oberen Etagen Menschen, die aufgrund von Krankheit oder Alter darauf angewiesen sind und nun kaum noch die Möglichkeit haben das Haus zu verlassen.
Am Sonntag besetzten Aktivisten eine der Wohnungen in der zweiten Etage, um auf den Missstand aufmerksam zu machen. Das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum hatte Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller für Montag (4.11.) 11 Uhr eingeladen, um sich selber ein Bild von der Lage zu machen und mit den Mieter*innen zu sprechen. Diese haben zum Teil gegen den Eigentümer und sein Vorgehen geklagt, haben aber erst im Frühjahr 2025 einen Gütetermin vor Gericht.
OB Keller kam nicht. Wer aber erschien und als erstes offensichtlich wutentbrannt die angebrachten Plakate „Gemeinsam gegen Verdrängung“ abriss und auf den Bürgersteig warf, war der Geschäftsführer der Eigentumsgesellschaft, die B 7 – 11 GmbH & Co. KG. Eine Stellungnahme gegenüber der Presse verweigerte er. Er sei nur bereit zu Vieraugengesprächen, antwortete er auf die Nachfrage der Pressevertreter.
Anschließend kam es zu einem Gespräch mit zwei Vertretern des Bündnis für bezahlbaren Wohnraum, die von ihm forderten, mindestens den Aufzug als Zeichen des Entgegenkommens wieder anzustellen. Dazu war er nicht bereit. Stattdessen rief er einen Mitarbeiter, der mit Werkzeug ausgestattet und unter Begleitung der Polizei die zweite Etage aufsuchte, wo die Wohnung von den Aktivisten besetzt wurde. Er ließ aber nicht nicht Polizei die Wohnung räumen, sondern wurde selber aktiv. Lautes Hämmern und Schlagen schallte über die Straße, als er gemeinsam mit dem Mitarbeiter versuchte die Tür aufzubrechen. Schließlich trat er selber mit den Füssen auf die Tür ein, da diese offenbar mehr Widerstand bot, als er gedacht hatte.
Die Aktivisten zeigte er nicht an, mit der Auflage, dass diese sofort das Haus verlassen. Johannes Dörrenbächer vom Bündnis für bezahlbaren Wohnraum wurde eine Anzeige angedroht, da er Hausfriedensbruch begangen habe. Dass Dörrenbächer zuvor noch versucht hatte einen Kompromiss mit ihm auszuhandeln, spielte wohl keine Rolle mehr. Merkwürdigerweise hatte der Geschäftsführer Dörrenbächer gegenüber für das Anstellen des Aufzugs als Gegenleistung gefordert ein „Größeres Paket zu schnüren“, ohne jedoch zu verdeutlichen, was er darunter versteht. Allerdings hat er damit zugegeben, dass es technisch keine Probleme mit dem Aufzug gibt.
Stadt wird nicht aktiv
Dass müsste eigentlich die Wohnungsaufsicht interessieren, weil dadurch die Wohnbedingungen für einige Mieter unzumutbar geworden sind. Die Stadt gibt an mit Mietparteien der Bankstraße im Gespräch zu sein. Angekündigt wurde ein Schreiben des Wohnungsamtes an alle Mietparteien der betroffenen Häuser, um Unterstützungsbedarf zu ermitteln. Ansonsten verweist die Stadt auf die Notwendigkeit der Nachverdichtung, um mehr Wohnraum zu erzeugen, sowie auf das Wohnungsbauförderprogramm von 140 Millionen Euro. Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller betont in seiner Stellungnahme: „Es gab bereits Gespräche, und selbstverständlich stehen wir für weitere zur Verfügung. Hausbesetzungen sind in einem demokratischen Rechtsstaat jedoch inakzeptabel“. Dass vor dem Haus am Montag zahlreiche der Mieter*innen auf ihn gewartet und auf seine Unterstützung gehofft haben, hat er offenbar nicht realisiert.
Kommentar: Herr Keller, sie verkennen den Ernst der Lage
Wenn ein Oberbürgermeister sich binnen Stunden um die drohende Schließung des Fortuna-Büdchens kümmert, aber nur mit drei Sätzen Stellung zum existenziellen Problem der Mieter nimmt, zeigt das, mit welcher Priorität agiert wird. Bei der Expo Real in München wurden Leuchtturmprojekte für Neubauten vorgestellt. Der Wegfall von bezahlbarem Wohnraum in vielen Stadtteilen scheint im Rathaus wenig Beachtung zu finden. Eine Sozialraumsatzung wurde von der Verwaltung seit 2020 ausgearbeitet und soll nun in einem Bezirk als Pilot an den Start gehen. Das reicht nicht. Denn es handelt sich nicht mehr nur um Privatsache der Mieter, sondern um einen Skandal, der normale Bürger*innen zu Aktivist*innen werden lässt. In Zeiten von Kommunalwahlkampf sollte das Thema eine andere Aufmerksamkeit erhalten.