Düsseldorf und die Liebe zum Ballett: Jubel für Bridget Breiner in der Oper
Allzu viel Sorgen müssen sich Choreografen in Düsseldorf nie machen. Das Publikum der Rheinoper liebt sein Ballett, dieses Versprechen von Schönheit und Schwerelosigkeit, auf jeden Fall. Auch die neue Chefchoreografin Bridget Breiner, eine 50-jährige Amerikanerin von eiserner Grazie, Ex-Ballerina der berühmten Stuttgarter Compagnie, zuletzt Ballettdirektorin in Karlsruhe, wurde mit offenen Armen und ermutigenden Jauchzern empfangen. Ihre erste Premiere, ein dreiteiliger Abend unter dem Titel „Signatures“, war keine Sensation, aber eine Freude.
Nach originellen Typen hält man vergeblich Ausschau. Die neu aufgestellte Compagnie erscheint in klassischer Harmonie: die Frauen sehr schlank, langbeinig, mit straffem Dutt und erstklassiger Technik, die Männer prinzenhaft, sprungstark, hebestark. Selbst Long Zou, der bei Volpi das lange Haar flattern ließ, wurde streng frisiert. Da tanzt niemand stilistisch aus der Reihe. Man merkt, dass die Chefin besonderen Wert auf Disziplin legt und auf „technische Brillanz“, wie sie selbst betont. Extravaganz? Vielleicht später.
Eleganz und Power
Erst einmal arbeitet Bridget Breiner auf Nummer Sicher. Und so beginnt das Programm mit den „Four Schumann Pieces“ des Hans van Manen. Als der heute 92-jährige Halbgott des europäischen Balletts diese Choreografie 1975 in London präsentierte, galt er als der kühne Erneuerer. Pathos, steife Posen und kitschige Handlungen hatte er abgeschafft zugunsten moderner Bewegungen voller Freiheit und Eleganz. Was Avantgarde war, wirkt heute klassisch. Ein Solo-Tänzer dreht einsam seine Pirouetten und sitzt in der Ecke, während Paare in Rosa und Hellblau vorüberflattern. Zu Schumanns romantischer Musik wird ihm eine Chance auf Verbindung gegeben. Er begibt sich in verschiedene Pas de Deux, bleibt am Ende jedoch (lieber) allein. Orazio Di Bella tanzt makellos, zeigt aber zu wenig inneren Ausdruck.
Mehr Emotion und Power stecken in der zweiten Choreografie, einer deutschen Erstaufführung. Der britische Choreograf David Dawson hat sein „Empire Noir“ (Dunkles Reich) der kürzlich jäh verstorbenen schwarzen Ballerina Michaela DePrince gewidmet. Zur expressiven Musik von Greg Haines, der es dröhnen und trommeln lässt, erzählt die Compagnie keine Story, sondern tanzt düstere Leidenschaft, Getriebenheit. Mitreißend! Akrobatische Figuren und zackige Gesten, präzise bis in die Handgelenke, wechseln sich ab. Besonders kraftvoll profiliert sich Márcio Mota, der aus Dortmund nach Düsseldorf kam. Für viele ist „Empire Noir“ sicher der Höhepunkt des Abends.
Der Suchende tanzt
Nach der zweiten Pause sind alle gespannt auf die erste Choreografie der Chefin. „Biolographie“ (von Biologie und Biografie) lautet der etwas verschraubte Titel, inspirieren ließ sie sich vom historischen Naturforscher Alexander von Humboldt. Hauptfigur ist ein Suchender (Lucas Erni), der, im schlichten schwarzen Trikot, zunächst etwas verloren scheint zwischen bunten Wesen mit pfauenhaften Schweifkostümen, die wie ein Schwarm auftreten. Wer sie sind, darf jeder fantasieren: Vögel, Blumen, Party-People. Sie tanzen in vollendeter Harmonie. Zum 2. Klavierkonzert op.18 von Sergei Rachmaninow knüpft der Außenseiter allerlei anmutige Verbindungen, er sammelt, misst und sortiert seine Eindrücke.
Die Bühne füllt sich mit nostalgischen Illustrationen von Pflanzen, Tieren, Kunstwerken, an Fäden aufgehängt. Ein fragiles Bild der Schöpfung, das später durch die felsigen Strukturen eines Vulkans ergänzt wird. Der Bühnen- und Kostümbildner Jürgen Franz Kirner ist ein wichtiger Partner für Breiner, seine malerischen Kleider und Kulissen gehören für sie zum Gesamtkunstwerk Ballett. Das Publikum sieht die hübsche Produktion mit Vergnügen. Das könnte der Beginn einer längeren Freundschaft sein.
Weitere Vorstellungen
„Signaturen“ heißt der erste Ballettabend der neuen Düsseldorfer Chefchoreografin Bridget Breiner mit „Four Schumann Pieces“ von Hans van Manen, „Empire Noir“ von David Dawson und der „Biolographie“ von Breiner selbst. Die Vorstellung dauert etwa drei Stunden, inklusive zwei Pausen. Weitere Termine im Düsseldorfer Haus der Deutschen Oper am Rhein sind am 27. Oktober sowie sieben Mal im November. Informationen und Tickets unter www.operamrhein.de