Düsseldorf / Leverkusen: Die zwei Stunden Marke beim Rheinmarathon ist geknackt
Die Faszination des Rheinmarathons ist schwer und doch ganz leicht zu erklären. „Ich glaube, es ist wie bei ganz vielen anderen Ausdauersportarten auch, das Gefühl, wenn du durchs Ziel kommst. Diese Emotion schüttet so viele Glückshormone aus, das ist dann einfach ein super Gefühl“, erläutert die Regatta-Leiterin des Rheinmarathons, Melanie Ott. „Ein zweiter Grund ist, im Langstreckenrudern gibt es nicht so viele Wettkämpfe, wo man sich messen kann. Da ist der Düsseldorfer Rheinmarathon eine von wenigen Veranstaltungen. Das nutzen die Ruder*innen. Und dann nicht zuletzt, eigentlich hätte ich es als erstes nennen müssen, die Stimmung, die wir hier in Düsseldorf haben, den Ganzen Tag über hier auf dem Germania-Gelände und abends dann bei der Marathon-Party.“
Um diesen Dreiklang zu erleben, hatten sich Ruder*innen aus sieben Nationen und 95 Vereinen abgemeldet. 168 Boote wollten sich auf den 42,9 Kilometer langen Weg auf Europas verkehrsreichsten Fluss von Leverkusen nach Düsseldorf-Hamm zum Germania Clubhaus machen. Faktisch waren es 163 Boote, die die Rhein hinunter schipperten. „Leider gibt es immer wieder kurzfristige Absagen. Es reicht ja schon, wenn einer oder eine aus der Crew erkrankt, oder sich verletzt, und das ganze Boot kann nicht mehr starten“, erläuterte Ott. Es lagen sogar Meldung für 197 Boote vor. „Ich musste ein paar Absagen aussprechen und bin wahrscheinlich aktuell der unbeliebteste Mensch in der Ruderszene“, ärgerte sich der Vorsitzende des Germania-Regattaausschusses Herman Höck. „Aber wir können nicht unendlich viele Boote auf den Rhein schicken. Wir sind limitiert durch die Zeit, die Helligkeit und auch durch die Kapazität unserer Pritsche, auf der wir die Boote aus dem Wasser heben.“
So starteten Bootsbesatzungen aus Amsterdam, Wien, Brüssel, London, Istanbul, München, Leipzig, Kiel, aus dem irischen Fermoy, dem schwedischen Jönköping, aus Arnheim, Deventer, aus Köln und vielen weiteren Orten. Im Ziel einte sie dieses merkwürdige Gefühl zwischen Halbgott/Halbgöttin und völlig fertig. Viele hatten sich auf dem Weg die Frage gestellt: „Warum bis Du heute morgen nicht im Bett geblieben?“ Der Schmerz, der unweigerlich irgendwann in die strapazierte Muskulatur fährt, vergeht aber mit dem Ertönen der Zielsirene.
Die Faszination des Rheinmarathons ist so groß, dass ihr auch renommierte Ruder*innen immer wieder erliegen. So war beispielsweise am Samstag beim 53. Rheinmarathon die Vize-Präsidentin des Österreichischen Ruder Verbandes Birgit Steiniger und auch das Präsidiumsmitglied im NRW-Ruderverband Kai-Uwe Holze dabei. „Der Rheinmarathon stand schon länger auf meiner Bucket-List“, verrät Steininger. „Jetzt habe ich es endlich geschafft und voraussichtlich wird es nicht das letzte Mal gewesen sein.“
Die äußeren Bedingungen waren so gut wie selten. Der Rhein führt viel Wasser, es gab ordentlich Strömung, es war nahezu Windstill und die Temperaturen stiegen auf angenehme 17 Grad. Kein Wunder also, dass es ein schnelles Rennen wurde. Das allerschnellste Boot stellte der Stuttgart Cannstätter Ruderclub von 1910. Matthias Auer, Tobias Gathmann, Henning Kalmbach Philip Kaltenborn und Steuerfrau Sabine Oertel stellten einen neuen Streckenrekord auf und durchbrachen dabei sogar die magische Zwei-Stunden-Marke. Die Stuttgarter zogen lediglich 1:59:20 Stunden an den Riemen. Der Uraltrekord aus dem Jahr 1978, als der Ruderverein Berlin von 1878 2:01:36 Stunden unterwegs war, war unterboten.
Als erstes Boot im Ziel ließ sich allerdings die Ruder Gesellschaft Benrath feiern. Das lag allerdings daran, dass in Leverkusen nicht alle Boote gleichzeitig starten können, sondern sie Zeitversetzt auf die Reise geschickt werden. Die Benrather Crew mit dem Durchschnittsalter von 65 Jahren wusste, dass sie mit dem Ausgang der Gesamtwertung nichts zu haben würde. „Es fühlt sich immer gut an, als Erster durchs Ziel zu fahren, egal ob man später tatsächlich Erster wird“, meinte „Kapitän“ Josef Kürten. „Wir hatten ein gutes Rennen, sind von Anfang an sauber durch gerudert.“
Die Vorbereitungen auf den Rheinmarathon sind völlig unterschiedlich. Die einen trinken am Vorabend mal kein Bier, wie Laurens de Wit von der ZZV Roeien Zaanland verriet. Andere, wie das Team vom Clonmel Rowingclub aus Irland oder die Mannschaften des Balikadamlar Istanbul absolvierten ein abgestimmtes Trainingsprogramm. „Wir waren in den letzten drei Monaten fast täglich auf dem Wasser, haben Excel-Listen geführt, um unseren Trainingsfortschritt zu dokumentieren und analysieren“, betonte Andac Ozkan. „Unser Ziel war es, mit allen drei Booten schneller zu sein als bei unserer Premiere im letzten Jahr. Das haben wir geschafft.“ Es war für viele der schnellste Rheinmarathon, den es je gegeben hat.