Düsseldorf Reisholz: Kommunikationschaos um Zukunft des Bürgerhauses
Seit 1982 ist das Bürgerhaus Reisholz an der Kappeler Straße 231 beheimatet. Das Gebäude, ein ehemaliger Kinosaal aus der Jahrhundertwende mit modernerem Anbau, ist von der Stadt für diese Nutzung gepachtet. Seitdem bekannt ist, dass der Pachtvertrag im Jahr 2029 ausläuft und die Stadt wegen des sanierungsbedürftigen Zustands keine Verlängerung oder den Kauf den Gebäudes plant, bangen die Bürger*innen um die Zukunft des Hauses.
Zukunft ungewiss
Geschürt werden die Ängste durch die Aussagen, dass an der Kappeler Straße 107 der Neubau des Spektakulums geplant ist. Die Jugendkultureinrichtung weicht der geplanten Wohnbebauung an der Wimpfener Straße und die Verwaltung sieht Optimierungspotential. So heißt es in einer Betrachtung des Amts für Soziales und Jugend: „Im Rahmen des Neubaus der Jugend- und Kultureinrichtung Spektakulum an der Kappeler Straße wird mindestens ein großer Bürgersaal geplant, so dass die Einrichtung auch die Funktion eines weiteren Bürgerhauses übernehmen kann. In diesem Zusammenhang muss die Notwendigkeit des Weiterbetriebes des Bürgerhauses Reisholz im Rahmen einer Fachplanung geprüft werden, zumal in erreichbarer Entfernung mit dem Bürgerzentrum Ernst-Lange-Haus ein weiterer großer Stadtteiltreff gefördert wird“ (zur kompletten Betrachtung geht es hier: JHA_036_2024_Handlungsfelduebergreifende_Betrachtung_sozialer_Infrastruktur )
Das Amt für Soziales und Jugend hatte am Dienstag (17.9.) die Bürger*innen ins Bürgerhaus Reisholz eingeladen. Ziel der Veranstaltung war, von den Reisholzer*innen zu erfahren, welche Veranstaltungen und Aktivitäten sie sich weiter im Stadtteil wünschen. Moderator Prof. Dr. Reinhold Knopp von der Hochschule Düsseldorf, der bereits zahlreiche Sozialraumprojekte begleitet hat, versuchte den rund 100 Bürger*innen zu verdeutlichen, dass es nicht darum ging, sich gegenseitig zu versichern, dass das Bürgerhaus erhalten werden müsse. Darin dürften sich die Menschen im Saal einig sein, betonte er. Wichtig sei es zu erfahren, was in Reisholz bleiben müsse und was vielleicht noch neu initiiert werden solle.
Doch damit erntete er keine Begeisterung bei den Anwesenden. Ihrer Empörung über die Pläne, ihr Bürgerhaus in einen Neubau im Stadtteil Benrath zu integrieren, wollten viele Luft machen. Der Charme des Bürgerhauses, die familiäre Atmosphäre, das kompetente Team und der Zusammenhalt der Nutzer könne nicht mal so eben verpflanzt werden. Außerdem sei der Neubau des Spektakulums in einer Gegend, die schlecht an den ÖPNV angebunden sei. Der Fußweg von mehr als einem Kilometer sei zudem für Senior*innen nur schwer zu bewältigen. Hartmut Görgens, der 1979 das Bürgerhaus Reisholz mit angeregt hatte, zeigte sich erbost, dass er nun 45 Jahre später für dessen Erhalt kämpfen müsse. Dabei lasse die Verwaltung konkrete Zahlen vermissen, was eine Sanierung kosten würde und wie sich der Finanzrahmen für den Neubau des Spektakulums gestaltet.
Der Leiter des Amts für Jugend und Soziales der Stadt Düsseldorf, Stephan Glaremin, war am Dienstagabend nicht nach Reisholz gekommen. Stattdessen versicherte Maren Siegel, Abteilungsleiterin für Jugendförderung, dass nicht geplant sei, ein Bürgerhaus ins Spektakulum zu integrieren. Zwar werde ein Saal für 1000 Stehplätze und 500 Sitzplätze, der sich in drei Einheiten unterteilen lässt, mit geplant, aber das Haus bliebe ein Standort für die Jugendkultur. Vereine und Gruppierung könnten dort Flächen mieten. Als Alternative für das Bürgerhaus müsse man gegebenenfalls nach einer anderen Immobilie suchen und verwies auf Leerstand an der Henkelstraße. Über alles werde aber nicht die Verwaltung entscheiden, sondern der Rat.
Damit brachte sie den Saal vollends zum Brodeln und die Wortmeldungen häuften sich.
- Wo denn an diesem Abend die Ratsmitglieder seien?
- Das „reiche“ Benrath sei bestens ausgestattet, die Reisholzer fühlen sich abgehängt.
- In Garath sei so viel investiert worden und die Freizeitstätte saniert – warum dies nicht auch in Reisholz möglich sei?
- Die Veranstaltung sei eine Farce, wenn man wisse wolle, was im Bürgerhaus stattfindet, bräuchte man nur in die Aufstellung zu schauen, dort sei alles verzeichnet.
Siegel warb mehrfach um Vertrauen, man wolle mit den Bürger*innen die Zukunft des Bürgerhauses gestalten. Es gäbe keine geheimen Pläne, die bereits verabschiedet seien. Wirklich glauben wollten das die wenigsten im Saal. Immerhin wurden dann die ausliegenden Karten genutzt, um Vorschläge für die zusätzliche Nutzung zu notieren. Dazu gehörte auch die Idee, die Kino-Veranstaltungen aus Garath ebenfalls in Reisholz zu etablieren.
Zur Aussage, dass die Mitglieder des Stadtrats letztlich über die Zukunft des Bürgerhauses entscheiden, gab es noch den Hinweis eines Besuchers, daran bei der Kommunalwahl zu denken, die im nächsten Jahr stattfindet.
Kommentar: Kommunikationschaos der Stadt
Offenbar gibt es in der Verwaltung unterschiedliche Ideen zur Zukunft des Bürgerhauses Reisholz. Doch eine Diskussion darüber, ohne konkrete Aussagen zu Kosten, beziehungsweise den ausschlaggebenden Kriterien, verwirrt die Bürger*innen mehr, als dass es ihnen hilft. Eine als Öffentlichkeitsbeteiligung bezeichnete Veranstaltung, die bei den Bürger*innen nur Unklarheiten zurücklässt, ist verschenkte Zeit. In der Verwaltungsvorlage wird der Neubau des Spektakulums als Einrichtung beschrieben, die die Funktion eines weiteren Bürgerhauses übernehmen kann. Die städtischen Vertreter*innen distanzierten sich davon aber am Dienstagabend und verwiesen auf die Entscheidung/Zuständigkeit des Rats – da wiehert der Amtsschimmel. Leider auf dem Rücken der Bürger*innen aus Reisholz.