Evangelische Kirche Düsseldorf stellt sich für die Zukunft auf
Die Evangelische Kirche in Düsseldorf hat sich bereits mit ihrem Bürgergutachten im Jahr 2021 auf den Weg gemacht, sich für die Zukunft neu aufzustellen. Die Zahl der Mitglieder sinkt stetig, viele Gebäude sind in die Jahre gekommen und die Anforderungen an die Kirche haben sich gewandelt. In einem für Katholiken unvorstellbaren Vorgehen wurde unter wissenschaftlicher Begleitung über rund zwei Jahre mit zufällig ausgewählten Mitglieder der Evangelischen Kirche und Bürger*innen ihre Sicht auf die Evangelische Kirche und ihre Erwartungen erarbeitet. Superintendent Heinrich Fucks fasste die Fragestellung kurz zusammen „Werden wir überhaupt noch gebraucht?“. Die Antwort lautete „ja“, aber auch mit dem Hinweis „Predigt weniger und handelt mehr“.
Als Schwerpunkte empfahl das Gutachten, dass die Evangelische Kirche mehr politische und soziale Verantwortung übernehmen soll und ihren Werteansatz „Kirche als Fürsprecher“ stärker vertreten sollte. Außerdem sollen Begegnungsorte und -räume für alle Menschen zur Verfügung gestellt werden. Auch Themen wie Klimawandel, Stadtentwicklung und Infrastruktur sollten von der Evangelischen Kirche aufgegriffen und mit Leben gefüllt werden.
Programm “Eine Gemeinde 2028”
Die Ergebnisse des Gutachten flossen in das Zukunftsprogramm „Eine Gemeinde 2028″ ein. Denn nun geht es an die Umsetzung. Unter dem Leitgedanken „So viel Vielfalt wie möglich, so viel Einheit wie nötig“ wurde jetzt der Fahrplan entwickelt, der für die Evangelische Kirche Düsseldorf in den nächsten Jahren große Veränderungen vorsieht.
Superintendent Heinrich Fucks, Geschäftsführer Holger Wegmann und Synodalassessor Dr. Martin Fricke erläuterten am Freitag (13.9.) die Vision, die Beschlüsse der Düsseldorfer Synode und wie die Gemeinden aktiv in den Prozess einbezogen werden. Das Gespräch fand in der Johanneskirche statt, die fast sinnbildlich für den Prozess steht. Sie ist außen komplett eingerüstet und auch innen stehen noch zahlreiche Veränderungen an.
Die Zahl der Kirchenmitglieder verkleinert sich. „Gleichzeitig wächst angesichts der weltpolitischen Situation sowie der Klimakrise der Bedarf an Orientierung, Halt und Seelsorge. Unsere Synode hat daher entschieden, schon frühzeitig ihre Strukturen ändern zu wollen. Wir möchten die Vielfalt des evangelischen Glaubens und Lebens in der Stadt präsent halten und in den Quartieren fördern”, betont Heinrich Fucks. In der rheinischen Kirche ist Düsseldorf der erste Kirchenkreis, der diesen Prozess angeht.
„Wie die neue Organisationsform konkret aussehen wird, steht noch nicht fest und ist Teil der gemeinsam anstehenden Diskussionen und Arbeit”, so Fucks.
Veränderung für Gemeinden und Strukturen
Derzeit gibt es in Düsseldorf 17 Evangelische Kirchengemeinden mit 29 Kirchen, 27 Gemeindezentren, 39 Kitas und 12 Jugendheimen. Neben den Gebäuden haben alle eigene Presbyterien, Gemeindeverwaltungen, insgesamt 41 Pfarrstellen und 37 weitere Seelsorgerstellen. Aktuell zählt der Kirchenkreis 86.810 Mitglieder. Zum Vergleich, Ende der 60-Jahre waren es noch 260.000 Mitglieder. Die Prognosen rechnen mit einer Halbierung auf etwas mehr als 40.000 Mitglieder spätestens im Jahr 2060. „Mit unserem Programm möchten wir die Organisation finanziell entlasten und gleichzeitig den Menschen, die sich haupt- und ehrenamtlich engagieren, die Möglichkeit geben, sich stärker auf ihre kirchlichen Aufgaben zu konzentrieren – sei es in der Seelsorge, der Arbeit mit jungen Menschen oder in der Kirchenmusik”, so Programmleiter Holger Wegmann. Im Vordergrund stehe die Chance voneinander zu lernen, den Ideenaustausch zu fördern, Vertretung zu ermöglichen und Ressourcen besser zu nutzen. Allerdings verbunden mit der Notwendigkeit die Kosten zu reduzieren, denn mit den Mitgliedern werden sich auch die Einnahmen weiter reduzieren.
Vier Teilbereiche definiert
Die Kommunikation, die Einbindung und der Austausch mit allen Beteiligten sind wesentlicher Bestandteil der anstehenden Veränderungen. Ein Steuerungskreis, in dem alle Gemeinden wie auch die evangelische Jugend und die Diakonie vertreten sind, soll Beteiligung sicherstellen. Dr. Martin Fricke geht derzeit in die Gemeinden, um direktes Feedback zu sammeln. Neben Anregungen erfährt er dabei auch Vorbehalte und Ängste. Er verantwortet das Teilprogramm „Evangelisches Leben“, bei dem erarbeitet werden soll, wie Verkündigung, Seelsorge, Bildung und Diakonie künftig gestaltet werden können. Gemeinsam sollen hier neue Ideen und Formate entwickelt werden.
Bei „Leitung und Organisation“ mit Heinrich Fucks geht es um rechtliche Fragen, die Gremien, Entscheidungsprozesse und den Informationsaustausch. Heike Schneidereit-Mauth kümmert sich um den Teilbereich „Mitarbeitende“, mit dem Ziel, auch weiterhin eine ausreichende Zahl an qualifizierten und motivierten Mitarbeitenden zu haben. Bei „Ressourcen und Services“ unter der Verantwortung von Holger Wegmann werden bereits Ende 2025 erste Entscheidungen erwartet, wie es mit dem Immobilien der Kirche weitergeht. Welche sollen erhalten werden und welcher Aufwand für die Ertüchtigung ist erforderlich, denn auch hier ist Klimaeffizienz ein Ziel. Betont wird, dass nicht allein die Johanneskirche saniert wird , sondern es ist den Quartieren weiterhin Anlaufstellen geben muss.
Bereits jetzt etabliert man einen neuen gemeinsamen Außenauftritt und sammelt in drei Piloten Erfahrungen in der Zusammenarbeit. Dazu gehören die Konfirmation, die Öffentlichkeitsarbeit und die Nachhaltigkeit.
„Die Zeit der Volkskirche ist durch“, betont Heinrich Fucks und „etwas Neues beginnt, was genau wissen wir jetzt noch nicht, aber wir bereiten uns vor“. Im Jahr 2028 soll eine „Erprobungphase” der neuen Organisationsformen starten, die auf die Dauer von sechs Jahren ausgerichtet ist. Ab 2024 erfolgt die Auswertung, um dann 2036 neu aufgestellt zu sein. Der Superintendent wird den Veränderungsprozess noch bis 2027 begleiten, dann geht er in Ruhestand.