Düsseldorf: Organ-Spender und -Empfänger, ein Themenabend mit besonderem Blick
Organspende ist ein Dauer-Thema. „Soll Deutschland eine Widerspruchslösung einführen?“, „Gibt es einen schwarzen Markt für Organhandel?“ oder „Sind die Organspender wirklich tot und merken nichts mehr von der Entnahme?“ sind nur drei Beispiele für die Diskussionen. Am Donnerstagabend im Heine Haus war die Annäherung an das Thema ganz persönlich und emotional. Denn vier DüsseldorferInnen berichteten, dass sie ohne Organ- oder Knochenmarkspende längst tot seien.
Auf dem Podium
Andreas-Paul Stieber erhielt schon als Jugendlicher die Diagnose, dass seine Niere irgendwann versagen wird. Während er neun Jahr lang auf der Warteliste der Organempfänger langsam nach oben rutschte, lebte er mit Dialyse. Dann kam der erlösende Anruf. Viel bedeutet ihm auch heute noch die gute Betreuung und das Vertrauensverhältnis zu seinen Ärzten. Denn die Medikamente, die seinen Körper davon überzeugen das Organ nicht abzustoßen, muss er bis zu seinem Lebensende nehmen.
Bea Kallen litt an Osteomyelofibrose, einer Erkrankung, bei der das blutbildende Knochenmark langsam zerstört wird. Hoffnung gab es nur durch eine Knochenmarkspende, doch von der Familie kam niemand in Frage und so musste sie warten, bis ein passender Spender gefunden wurde. Das ist jetzt über zwei Jahre her und die Therapie war erfolgreich. Mittlerweile konnte Bea Kallen ihre Spenderin kennenlernen und berichtet, mit ihr nicht nur den Kampf ums Überleben, sondern auch eine Herzensfreundin gewonnen zu haben.
Pia Oertel erfuhr von ihrer idiopathische Lungenfibrose, als sie wegen einer Bronchitis zum Arzt ging. Dort machte man ihr wenig Hoffnung, denn ein Kennzeichen der Erkrankung sind die sich schnell verstärkenden Beschwerden und das schnelle Voranschreiten der Krankheit. Doch zuerst ging es ihr noch gut, sie war 2013 Venetia in Düsseldorf und erst nach ihrem karnevalistischen Jahr ging es ihr rapide schlechter. Dann hatte sie Glück und bekam sehr schnell eine Spenderlunge. Die Operation verlief erfolgreich und mit ihrer neu gewonnenen Lebensqualität sieht sie für sich selbst die Verpflichtung und Verantwortung, auf ihre Gesundheit besonders zu achten.
Randi Blöcker wurde mit 34 Jahren 2010 von einem Herzinfarkt überrascht. Die Wartezeit auf ein neues Herz überbrückte sie mit einer externen Pumpe, die ihr Überleben sicherte. Dann kam die Nachricht über einen passenden Organspender und die Operation verlief erfolgreich. Allerdings haben die Medikamente, die sie seitdem nehmen muss, ihre Niere so stark geschädigt, dass nun eine Nieren-Transplantation ansteht.
Hilft die Widerspruchsregelung?
10.000 Menschen stehen in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan, 8000 von ihnen benötigen eine neue Niere. Täglich sterben drei Menschen, weil sie die Wartezeit auf ein Spenderorgan nicht überlebt haben. Erschreckende Zahlen. In der Knochenmarkspenderdatei (DKMS) sind über 7,5 Millionen Menschen registriert. Das Knochenmark wie Blut von allen gesunden Menschen gespendet werden kann, ist die Bereitschaft sich zur einer Knochenmarkspende zur Verfügung zu stellen größer, als über die Organentnahme nach dem eigenen Tod zu entscheiden.
In Deutschland wird diskutiert, ob man allen Menschen von Gesetz her zu Organspendern zu erklären und man explizit widersprechen muss, wenn man dies nicht möchte. Denn viele Menschen scheuen die Entscheidung, auch weil das bedeutet, sich mit dem eigenen Tod auseinandersetzen zu müssen. Das Nachbarland Österreich hat diese Widerspruchsregelung eingeführt und nur 0,5 Prozent der Österreicher haben ihre Organspendegenehmigung verneint. Kritiker dieser Regelung sprechen von Nötigung der Bürger, wenn diese aktiv ihre Genehmigung entziehen müssen.
Betroffenheit und Erfahrung bei den Besuchern
Für die Organempfänger auf dem Podium am Donnerstagabend war es keine Frage, sie befürworten die Widerspruchsregelung. Moderator Hans Onkelbach verstand es, die Besucher der Veranstaltung mit ins Gespräch einzubeziehen. Dabei erfuhren die Anwesenden weitere Beispiele von Menschen, die Angehörigen eine Niere gespendet hatten und das damit verbundene Gefühl helfen zu können. Aber auch Fachleute, Ärzte und Angehörige waren in den Saal des Heine Hauses gekommen. Gerade die Rolle der Ärzte wurde von den Transplantierten auf dem Podium besonders hervorgehoben, denn das vertrauensvolle Verhältnis war für alle ein wichtiger Erfolgsfaktor und die Therapie.
Die Bedeutung von kompetenten und einfühlsamen Ärzten und Ärztinnen ist auch allen Angehörigen zu wünschen, die vor der schweren Situation stehen, über die Organspende ihres sterbenden Angehörigen entscheiden zu müssen. Hilfreich ist ein Gespräch über das Thema zu Lebzeiten, damit Familie und Umfeld wissen, wie die persönliche Einstellung eines Menschen zu diesem Thema ist. Das Ausfüllen des Organspendeausweises ist ein erster Schritt dazu, denn hier kann auch erklärt werden, keine Organe spenden zu wollen oder die Entscheidung einem Angehörigen zu übertragen.