Düsseldorf Bienen: Dürfen Honiggläser nur gespült ins Altglas?
Plötzlich pappt der ganz offenbar selbstgebastelte Warnaufkleber da: „Bitte werfen Sie keine ungespülten Honiggläser in den Glascontainer!“ steht in Großbuchstaben zwischen zwei flirrenden Biene Maja-Figuren. Denn in Honigresten könne die „bösartige amerikanische Faulbrut“ stecken. Außer dem unbestimmten „Ihre heimischen Imker“ trägt die Warnung keinen Absender. Wenig später stellt das in einem Düsseldorfer Rechtsanwaltsbüro residierende „Rheinische Stifterforum“ einen ähnlichen Warnzettel zur Verfügung: „Bitte ausdrucken und in Schutzfolie an ihren Altglas-Container …heften“ Eine Düsseldorfer Tageszeitung meldet den neuen Bienen-Hype. Alles summt – niemand erklärt was.
Die „Amerikanische Faulbrut“ ist eine meldepflichtige Tierseuche, auch „Bienenpest“ genannt. Für Menschen ist sie harmlos, für Bienenvölker tödlich. Gäbe es die Seuche in Düsseldorf – müsste sie dem städtischen Veterinäramt angezeigt werden. Dort erklärt man auf Nachfrage von report-D: „Derzeit gibt es keine Fälle in Düsseldorf“. „Im Augenblick fliegen auch gar keine Bienen, denn unter zehn Grad bleiben die Tiere in ihrem Bienenstock“, ergänzt Gino Collica, erster Vorsitzender des Düsseldorfer Bienenzuchtvereins.
Düsseldorf gibt es 1100 Bienenvölker, in NRW 77.000 und in ganz Deutschland 750.000.
Also eine Warnung auf Vorrat, gewissermaßen. Wir recherchieren weiter. Die „Amerikanische“ Faulbrut gibt es überall; sie wurde nur so genannt, weil sie zuerst in Amerika entdeckt wurde. Bei Leichlingen, bei Solingen, bei Witzhelden gab es bereits amtstierärztlich angeordnete Sperrgebiete – für Imker. Sobald die Bienenpest grassiert, darf kein Bienenvolk raus und keins rein – in solch einen Sperrbezirk. Der gilt für mindestens 30 Tage und erfasst einen Umkreis von drei Kilometern.
Wir schrumpfen uns auf mikroskopische Größe und stehen vor der „Amerikanischen Faulbrut“, die nicht aus Amerika kommt. Wir stehen vor Sporen. Davon muss eine Biene bei der Honigsuche jede Menge aufnehmen, damit es zum Ausbruch der Seuche kommt. Gesunde Bienenstöcke haben die Fähigkeit zur Selbstreinigung.
Sporen mutieren zu Bakterien
Schematisch geht die Seuche so: Sporen verunreinigen die Nahrung für die Bienenlarven, Sporen werden so an die Bienenlarven verfüttert und verwandeln sich im Tier in bösartige Bakterien, die die Larve von innen her zersetzen und in gelben Schleim verwandeln. „Dabei können die Larven regelrecht explodieren“, sagt Gino Collica. Zurück bleibt der mit bis zu 2,5 Milliarden Sporen vergiftete Schleim, über den sich die Faulbrut nach und nach ausbreitet.
Summen, schweben, sammeln – ein Bienen-Leben lang.
Und was hat das mit unseren Honiggläsern zu tun? Das schnurrt derzeit durch die sozialen Medien. Wird vielfach geteilt. Ausgedruckt. Aufgeklebt. Gewarnt wird vor „Importhonig“ – das Böse soll also von außen kommen. Dort werde auch der Honig von verseuchten Bienenvölkern geerntet und gelange in Honiggläsern nach Deutschland – berichtete Imker Udo Palm im „Solinger Tageblatt“. Falls manche Menschen Honigreste in Gläsern nach draußen stellten – um Bienen zu füttern oder auch nur Wespen von den Menschen auf der Terrasse abzulenken, dann könnten die Bienen den extrem haltbaren Sporen verseuchten Honig aufnehmen und ihren Stock infizieren. Geleerte Honiggläser auszuspülen, wird von manchen Imkervereinen dringend empfohlen. Andere sehen die Gefahr, dass Reste von Glassplittern in großer Zahl aufgenommen werden, als weniger hoch an.
Über die Arbeit eines Hobby-Imkers erzählt Christoph Kania in seinem Blog "Werstener-Biene".