Unfallversicherung untersucht die Gefahren: Sonnenschein als Berufsrisiko?
Die Gäste des Freizeitparks wunderten sich: Fünf Männer hatten im Außenbereich der Gastronomie seltsame Geräte am Arm. „Manche halten uns deswegen für Sicherheitsleute,“ berichtet Parkleiter Hales Baran, „andere fragen, ob wir Herzschrittmacher tragen“. Beides ist schlicht falsch: Das Wunderland Kalkar mit seinem Restaurant, Tagungstreff und Kinderparadies beteiligt sich an einem Pilotprojekt.. Es geht dabei um die Sonne. Deren ultraviolette Strahlen werden gemessen. Dahinter steckt ein Forschungsauftrag für die gesetzliche Unfallversicherung: Denn Berufsgenossenschaften und Unfallkassen haben mit allen geeigneten Mitteln für die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren zu sorgen.
„Wir haben bereits“, erklärt Marc Wittlich vom Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA), „seit zwei Jahren über 100 verschiedene Berufsbilder untersucht.“ In diesem Sommer ist erstmal die Gastronomie in Nordrhein-Westfalen dran. Ohne großes Aufsehen. Nicht einmal der Hotel- und Gaststättenverband wurde eingeweiht. Wittlich, ein promovierter Physiker, sagt schlicht: „Eine Einbindung anderer Verbände halte ich für nicht zwingend notwendig“.
Die Präventionsdienste der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen haben einfach in den Firmen ihrer Netzwerke nachgefragt, ob jemand an dem Projekt teilnehmen möchte. So gelangten die Wissenschaftler auch an den zweiten Versuchsort, eine Idylle inmitten des Botanischen Gartens von Wuppertal. Im Cafe auf der Elisenhöhe tragen vier Frauen und ein Mann vier bis acht Stunden täglich am Oberarm diese ominösen Geräte.
Ominös? „So sieht eine Fußfessel aus“, scherzt Hales Baran im Wunderland Kalkar. Forscher Marc Wittlich dagegen spricht nüchtern von einem „Dosimeter“. So ein Messgeräte nimmt im Sekundentakt verschiedene Werte auf. So wird etwa die Stärke und Richtung des örtlichen Magnetfeldes gemessen. Und, wichtig, die ultraviolette Sonnenstrahlung getrennt nach den Kanälen UV-A und UV-B/C. Nach den Wellenlängen also.
Der Sinn dahinter: Kann die gemessene Strahlung Weißen Krebs auslösen – und falls ja: Ist der dann eine Berufskrankheit des Gastronomiepersonals in NRW? Kann davor geschützt werden? Wie, wann, womit? Die zehn Versuchspersonen in Kalkar und Wuppertal sind ebenso freiwillig wie gerne dabei.
Jeder Proband hat eine „GENESIS-UV-Einheit“ bekommen. Dazu gehört ein Tablet-PC für die Datenspeicherung und –übersendung der Dosimeter-Messergebnisse. Die werden nach einer Arbeitswoche am PC ausgelesen. Sie gelangen per Internet oder Mobiltelefonie zum Institut in Berlin. Der Feldversuch ist jetzt zu Ende gegangen, die Probanden haben gleich mehrere gute Taten vollbracht: Für die Wissenschaft, die Gesundheit einer Berufsgruppe und für sich selbst. Denn jeder Teilnehmer bekommt 500 Euro für seine Mühen. In dem Honorar ist dann auch enthalten, was Samira van Loon-Behr vom Cafe Elisenhöhe kritisiert hat: „Die Geräte stören schon mal. Sie drücken und jucken etwas“.
Das Projekt
Das Projekt wird von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau, sowie einigen Unfallversicherungen direkt finanziert. Der konkrete Betrag wird nicht genannt. Es heißt: „Der finanzielle Aufwand ist der Größe der Studie angemessen“. Eine vollständige Einheit des GENESIS-UV Messsystems kostet ohne die dahinter liegende Infrastruktur und Personal etwa 3000 Euro. Die Dosimeter wurden zusammen mit der Herstellerfirma Gigahertz-Optik (Türkenfeld, Deutschland) aus einem Vorgängermodell entsprechend der Forscher- Wünsche weiterentwickelt und in Deutschland gefertigt. Das Hauptanliegen der Forscher ist die Vorbeugung, damit sich die momentan ergebenden Erkrankungsraten in Zukunft nicht wiederholen und die Menschen ein gesundes Leben führen können. Welche Berufe sind wie stark belastet? Wer braucht wann und wo wieviel Prävention? Welche Maßnahmen sind erforderlich? Die Tests werden fortgesetzt.