Düsseldorfer Karfreitagstipp: Groningen liegt am Blumenmeer
Ostern soll das Wetter super werden. Schon am Karfreitag 23 Grad. Perfekt für eine Tagestour über die Grenze nach Holland. Wohin dort? Nicht schon wieder Venlo oder Outlet in Roermond. Keukenhof? Überlaufen. Amsterdam? Städtetrip von gestern. Heute heißt das Ziel Groningen: Karfreitag liegt Groningen am Blumenmeer. An diesem Tag findet traditionell in der gesamten Innenstadt der „Bloemenjaarmarkt“ statt, ein einziger Augenschmaus – und alle Geschäfte sind geöffnet.
Wer’s zu Ostern nicht schafft, auch zu anderen Terminen lohnt sich ein Städte-Trip nach Groningen, beim jungen Publikum ein Geheimtipp wegen der szenigen Locations. Es sind nur wenige Busstationen vom verschnörkelten Hauptbahnhof, in einer knappen halben Stunde ist man auch zu Fuß mit seinem Rollkoffer in einer der schrägsten Unterkünfte – einfach an dem hohen Schornstein orientieren.
Schlichter schlafen in Schiffscontainern: Das City Lab Hotel auf dem Gelände einer ehemaligen Zuckerfabrik in Groningen.
Sie steht mitten dem Suikerunieterrein, dem weitläufigen urigen Gelände einer ehemaligen Zuckerfabrik. Die raue Idylle an einem Kanal wird gerade neu erschlossen mit Kreativ-Büros, Betterbuden, Wohnwagen, Tiny-Häusern sowie einer dottergelben Event-Location namens Stads Lab, die auch das Container-Hotel City Lab betreibt. Der Gast wird von den jungen Betreibern in geräumige Schiffscontainer verfrachtet. Alles da, was man so braucht, vom Wasserkocher bis zum instagramtauglichen Sonnenaufgang über der Brache am Morgen.
Die Terrasse des Rebel Hostel, wo man während Festivals cool für 23 Euro übernachten kann.
Gefrühstückt wird dort, wo am vergangenen Abend noch abgehottet wurde, auch in anderen Industrie-Ruinen drum rum Lichter flackerten und Bässe wummerten. Am Morgen riecht es in der Event-Location jedoch nach Hollands Droge Nummer 1: Lekker Kopje Koffie. Wie’s sich hier gehört – mit weichen Brötchen, bunten Streuseln und Schokoflocken. Sweet Memorys an selige Studentenzeiten.
Die späte Erleuchtung des Tonträgers: Als Bettlampe im Rebel Hostel.
Ein paar Meter und Pfützen weiter betreibt Anna Liefers ihr Rebel Hostel mit Mehrbett-Containern, in denen man am Wochenende für 23 Euro übernachten kann: „Auch während Festivals“. Und Festival ist eigentlich immer in Groningen. Gerade hat „Clash XXL“ an verschiedenen Spielorten die City quasi in eine Club-Szene verwandelt. Die jüngste Stadt der Niederlande – von den knapp 300 000 Einwohnern sind etwa 50 000 Studenten – kennt keine Sperrstunde.
Immer mehr junge deutsche Gäste kommen über die Grenze nicht nur zum Feiern, sondern zum Studieren. Devon Levanti hat sich während eines Wochenendtrips mit Freunden in das Städtchen verliebt und sich anschließend um einen Studienplatz beworben. Nebenbei arbeitet er im Fremdenverkehr und könnte sich gut vorstellen, Niederländer zu werden.
Imposante Begrüßung gleich gegenüber vom Bahnhof: Das Groninger Museum.
Dass Groningen auch eine junge Kunst-Stadt ist, sieht man schon auf den ersten Blick, wenn man aus dem Bahnhof tritt: Gegenüber erhebt sich das Groninger Museum, eines der bedeutendsten im Norden der Niederlande. Es beherbergt nicht nur Schätze von der Stein- bis in die Neuzeit, sondern ist selbst ein monumentales Kunstwerk. Als Chefarchitekt hat man sich den italienischen Star-Designer Alessandro Mendini geholt. Sein französische Kollege Philippe Starck entwarf den Pavillon fürs Kunsthandwerk. Um einen Goldenen Turm stapeln sich bunte Bauklötze.
Noch bis 5. Mai 2019: Die zerbrechliche Zauberwelt des Glaskünstlers Chihulynim Groninger Museum.
Abgesehen von spannenden Wechselausstellungen: Bis 5. Mai die Zauberwelt von Chihuly, der weltbekannte amerikanische Glaskünstler, der auf der venezianischen Insel Murano gearbeitet hat. Es ist seine größte Einzelausstellung in Europa. Aber schon das Gebäude selbst ist mit seinen Aus- und Durchblicken eine Reise wert. Staunend steht man im Pavillon von Coop Himmel(l)bau zwischen verschachtelten Elementen in Grau für Beton, Rot für Stahl und Schwarz für Teer. Dekonstruktuktivismus, gebaut auf einer Schiffswerft nahe Groningen, das dank seiner zwei Zugänge zum Meer auch eine Vergangenheit als Hansestadt hat.
Einen ersten Überblick verschafft man sich am besten vom 97 Meter Martini-Turm, dem Wahrzeichen der Stadt: Zu seinen Füssen der Grote Markt, wo das Fremdenverkehrsbüro VVV zu finden ist. Dort gibt’s Eintrittskarten für den Aufstieg sowie Infos aller Art für die Stadt und ihre Umgebung.
Groningen – ein Städtchen wie aus dem Baukasten der Architektur-Geschichte.
Die Groninger sind stolz und selbstbewusst. Sie sehen sich nicht etwa im Schatten von Amsterdam, sondern sonnen sich selbst gern in Superlativen, die sich am liebsten von auswärts verleihen lassen. Internationale Medien machen Komplimente: Groningen habe „die schönste Innenstadt der Niederlande“, ja, es sei Fahrradstadt „Number One“, den Titel hat ihm das amerikanische Magazin „Bicycle“ bereits vor 20 Jahren verliehen. Stadtbildschön das Kompliment „die italienischste Stadt nördlich der Alpen“ zu sein. Oder das Lob „mit dem schönsten Pissior“, ein öffentliches, entworfen vom Star-Architekten Rem Koolhaas: blaue Figuren tanzen auf milchigem Glas.
Print lebt: aktuell als Hintergrundberichterstattung, auf der holländisches Frühstücks-Gebäck serviert wird.
Nicht genug. Neueste Ambition: Groningen will die erste rauchfreie Stadt der Niederlande sein. Das hat der Stadtrat jüngst beschlossen. Das Ziel, eine „Rookfrije Generation“ heranzuziehen, ist bereits flächendeckend plakatiert. In öffentlichen Gebäuden, Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern, Ämtern, der Universität, in den Hotels ist Rauchen ohnehin nicht gestattet, in vielen Gaststätten noch nicht einmal auf den Terrassen. Vielleicht ist deshalb der Himmel so klar und die Luft so gut in Groningen. Kein Wunder, das Meer ist nicht weit – gerade mal 20 Kilometer.
GRONINGEN
Hinkommen:
Groningen hat zwar einen Flughafen Eelde – aber direkt kommt man aus Deutschland nur aus München hin. Aus Düsseldorf kommt man besser mit der Bahn an am sehenswerten Bahnhof von 1896 (mit Umsteigen in Arnheim oder Utrecht) oder mit dem eigenen Auto. Parkplätze sind allerdings rar, und Verstöße gegen die Parkordnung teuer.
Schlafen:
Hotel de Ville, 4-Sterne-Haus hinter alter Fassade in einer Seitenstraße des Grote Markt, Oude Boteringestraat 43, www.nh-hotels.com
The Student Hotel im trendigen Künstlerviertel Ebbingekwartier. Sehenswerte Lobby, eine Art stylische Arche Noah, Boterdiep 9, Groningen, Telefon oo31 (0)50 206 91 61 www.thestudentotel.com/groningen
Total central mit bröseligem Charme: Martini-Hotel, Gedempte Zuiderdiep 8 www.martinihotel.nl
City Lab Hotel, Suikerlaan 25 Auf dem Gelände einer ehemaligen Zuckerfabrik (Suzikerunieterrein) wird man in geräumige Schiffscontainer verfrachtet – ab 66 Euro pro Nacht. www.citylabhotel.com
Erstes Hotel mit Raucherlaubnis hinter Groningen: Hotel Asteria, Maasheseweg 80 a, Venray, Telefon 0031 (0)478511466, Zimmer von ca. 80 bis knapp 150 Euro www.asteria.
Essen:
Mendini-Restaurant im Groninger Museum. Der Entwurf stammt allerdings vom niederländischen Designer Maarten Baas.
Salmagundis, Oosterhamrikkade 8, Orininelles Lunch-Cafe. Chef Simon Kooistra war mal Anwalt bis zum Burnout – geheilt unter anderem durch kochende Leidenschaft für ungewöhnliche Rezepte und Konzepte: Freitags abends Worldkitchen. Dann kochen junge Flüchtlinge aus ihrer Heimat inspirierte Gerichte. Oosterhamrikkade 8 0031 (0)627621261
DOT, Vrydemalaan 2, 9713 Groningen, weithin sichtbare weiße Kuppel eines ehemaligen Planetariums im Künstler- und Studentenviertel. Internationale Speisekarte. Draußen Themen-Sitzkugeln für Instagram-Fans.
Außerhalb der Stadt:
Old School, Brasserie an der Schleuse Oldampt See, wo eine sehenswerte Stadt am und im Wasser entsteht, die man während einer Bootstour umrunden kann: Blauwe Stad. Huningaweg 2, 9682 Oostwald www.brasserieoldschool.nl
De Oude Remise, ein ehemaliger Lock-Schuppen, später Getreidespeicher, dessen Tradition von engagierten Betreibern mit modernen Mitteln fortgesetzt wird. In der „Graanrepubliek“ verarbeiten sie Getreide zu Brot, Nudeln, Schnaps. Ihre köstlichen Ravioli werden sogar nach Italien exportiert. 9693 Bad Nieuweschans
Nicht verpassen:
Erster Überblick vom 97 Meter hohen Martiniturm. Das Wahrzeichen der Stadt war auch nicht immer Nichtraucher: 1577 brannte es bei einem Freudenfeuer ab. Direkt davor: Der quirlige Grote Markt. www.groningen.de
Groninger Museum, ein Kunstwerk und Hingucker für sich, gleich gegenüber dem Bahnhof, beherbergt Sammlungen von der Stein- bis in die Neuzeit. Chefarchitekt Alessandro Mendini kuratiert kuratiert zum Jubiläumsjahr (der Museumsbau wird 25 Jahre alt) die Ausstellung Mono Mendini (12. Oktober 2019 bis 5. Mai 220). Weitere Jubiläumsausstellung: 100 Jahre Frauenwahlrecht in den Niederlanden (20. April bis 15. September 2019). Museumeiland 1 www.groningermuseum.nl
Groningen vom Wasser aus erleben: Rundfahrtreederei Kool – ganzjähriger Fahrbetrieb. www.rondvaartbedrijfkool.nl
Infos:
Info-Pavillon VVV Groote Markt 29
www.tourismus.groningen.nl
Instagram.com/visit.groningen