Verfassungsschutzbericht 2023: Deutlicher Anstieg politisch und religiös motivierter Gewalt
Düsseldorf gehört mit Dortmund zu den Städten, die am häufigsten im Verfassungsschutzbericht 2023 genannt werden. Der Bericht wurde am Donnerstag (18.4.) von NRW-Innenminister Herbert Reul, CDU, vorlegt. Einen großen Anteil daran haben rechtsextremistisch ausgerichtete Aktivitäten und Demonstrationen in Düsseldorf. Dabei beobachtet der NRW-Verfassungsschutz diese Tendenz: Da sie alleine kaum noch Menschen mobilisieren könnten, versuchten es ehemalige Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextreme nun gemeinsam – etwa unter dem Label „NRW erwacht“. Zudem sitzt in Düsseldorf die als mittlerweile gesichert rechtsextrem angesehen Jugendorganisation der AfD, die Junge Alternative. Und: Die sogenannte „Identitäre Bewegung“ versuche, die nach Verboten in Frankreich und Österreich die eigenen Aktivitäten und Symbole zu verschleiern.
Aufklärungsquote bei 41 Prozent
NRW-Innenminister Herbert Reul, CDU, stellt einen deutlichen Anstieg politisch, religiös oder international motivierter Gewalttaten in Nordrhein-Westfalen fest. Bei der Vorlage des Verfassungsschutzberichtes 2023 in Düsseldorf sprach Reul von einem Anstieg der Gewaltdelikte um 37 Prozent (541 Fälle). Die Aufklärungsquote habe 2023 bei insgesamt rund 41 Prozent gelegen (3110 Fälle). Damit seien 335 Delikte mehr als 2022 aufgeklärt worden, betonte Reul.
Zugleich musste der NRW-Innenminister einen Widerspruch erklären. Denn bei den im Verfassungsschutzbericht insgesamt erfassten Straften gab es einen Rückgang um 15 Prozent: Sie lagen 2023 bei 7596 Fällen, im Jahr zuvor waren es laut Reul noch 8948 Fälle gewesen, die dem Verfassungsschutz bekannt wurden. Der Rückgang bei der Gesamtzahl resultiere „größtenteils aus weniger Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, da weitestgehend keine unangemeldeten Proteste gegen die Corona-Schutzmaßnahmen mehr stattfanden“, so Reul.
Sprunghaft angestiegener Antisemitismus
Der Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 war laut Innenminister Reul „ein entscheidender Tag für Entwicklungen in unserem Land, die uns sorgen müssen. Extremisten haben sich zu Hass und Gewalt gegen Jüdinnen und Juden vereint. Antisemitismus ist mit seiner hässlichen Fratze auf unsere Straßen zurückgekehrt.“ Die Zahlen dazu: Im vergangenen Jahr registrierte der NRW-Verfassungsschutz 547 antisemitische Straftaten. Das sei eine deutliche Steigerung um 65 Prozent zum Vorjahr (2022: 106). In den meisten Fällen sei es um Volksverhetzung (296), um Propagandadelikte (72) und Sachbeschädigungen (75) gegangen. Herbert Reul erklärte: „Jüdinnen und Juden gehören zu unserem Land wie Goethe und das Grundgesetz. Antisemitismus gehört nicht dazu. Dafür setze ich mich immer ein. Lassen Sie uns das alle tun.“
Deutlich mehr rechtsextreme Straftaten als solche von links
Im Jahr 2023 hat der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz 3549 Straftaten im Bereich Rechtsextremismus erfasst (2022: 3453). Etwa 77 Prozent der Straftaten waren Propagandadelikte und Volksverhetzung. 116 Gewaltdelikte im Bereich Rechtsextremismus wurden erfasst (2022: 117). Minister Reul betont: „Ich bin froh, dass der Verfassungsschutz die Jugendorganisation der AfD Nordrhein-Westfalen jetzt in den Blick genommen hat. Wer sein eigenes – das rechtsextremistische – Regelwerk vorzieht, ist Demokratiefeind. Uns muss bewusst sein, dass der Rechtsextremismus spalten will. Mit seiner menschenverachtenden Ideologie ist er schleichendes Gift für unsere Gesellschaft.“
Lützerath-Proteste treiben Strafstatistik
2023 zählte der Verfassungsschutz 1097 Straftaten, die dem Linksextremismus zuzuordnen sind (2022: 824). Zum Vorjahr ist das ein Anstieg um 33 Prozent. Die meisten Straftaten (396) passierten im Zusammenhang mit den Protesten während der Räumung von des Dorfes Lützerath am Rande des Braunkohlentagebaus.
Mehr als 400 Prozent Zunahme bei religiös motivierten Straftaten
Insgesamt seien 305 Straftaten mit Bezug zu religiöser Ideologie erfasst. Zum Vorjahr sei das ein Anstieg um über 400 Prozent (2022: 60). Die gestiegenen Fallzahlen hingen unmittelbar mit der Zuspitzung des Nahost-Konflikts seit den Terroranschlägen gegen den Staat Israel zusammen. In den meisten Fällen habe es sich um Sachbeschädigung und Volksverhetzung gehandelt.
Zudem seien im Jahr 2023 in Nordrhein-Westfalen 829 Straftaten im Phänomenbereich ausländische Ideologie erfasst worden (2022: 792). Die meisten Straftaten in diesem Bereich wurden im Oktober 2023 (257) registriert – nach dem Hamas-Angriff auf Israel.
Warnung vor ausländischer Desinformation, Cybercrime und Spionage
Herbert Reul warnte vor zunehmenden Aktivitäten ausländischer Mächte in NRW: „Spionage und Cyberangriffe stellen eine weitere große Gefahr für unsere Demokratie dar. Die Bedrohungen erreichten Nordrhein-Westfalen hybrid als Desinformation und Propaganda, in Form von Spionage, durch Cyberangriffe auf unsere Kritische Infrastruktur, durch Staatsterrorismus und durch illegale Technologiebeschaffung. Die Nachrichtendienste aus Russland, China und dem Iran waren und sind dabei die Hauptakteure.“