Bündnis sieht Klimaneutralität bis 2035 in Düsseldorf gefährdet
Im Dezember 2021 hat sich das „Düsseldorfer Bündnis für eine gerechte Gesellschaft – sozial und ökologisch“ gegründet. Neben Umwelt-, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, der Altstadt-Armenküche Düsseldorf, Attac Düsseldorf, zahlreichen Gewerkschaften, kirchlichen Organisationen, dem Mieterverein und dem Mieterbund sind die Students for Future (SFF) Bündnismitglieder. Gemeinsam wollen die 20 Organisationen das Ziel erreichen, bei Politik und Regierung die Forderungen für eine gerechtere Gesellschaft durchzusetzen.
Dass dazu auch die in Düsseldorf bis 2035 angestrebte Klimaneutralität gehört, machten die Bündnissprecher gemeinsam mit Vertreterinnen von SFF deutlich. Denn das Tempo bei der CO²-Reduktion in der Stadt sei mangelhaft.
Aktuelle Zahlen würden in Düsseldorf nicht veröffentlicht, kritisierten Lydia Schmiedel und Meret John von SFF. Daher mussten sie sich bei ihrer Analyse auf Werte aus dem Jahr 2020 beschränken. Danach wurde im Zeitraum von 2010 bis 2020 der CO2- Ausstoß der Stadt insgesamt um 1,4 Millionen Tonnen reduziert. Bis zur Klimaneutralität müssen ab 2021 allerdings noch weitere 2.9 Millionen Tonnen CO²-Ausstoß reduziert werden, was bei dem bisherigen Tempo ganze 20 Jahre benötigte. „Das Tempo der CO2-Reduzierung in der Stadt reicht nicht aus, um das von der Stadt selbstgesteckte Ziel zur Klimaneutralität zu erreichen“, kritisiert John. Die beiden Sprecherinnen von SFF bescheinigen der Stadt im Grundsatz gut angedachte Maßnahmen im Handlungsprogramm 2025 zum Klimaschutzkonzept der Stadt, aber die Umsetzung gehe nicht schnell genug. „So haben wir zum Beispiel bei den Solaranlagen Ende 2023 nur 5.000 Anlagen bei insgesamt 90.000 Dächern, was eine Auslastung von 5,3 Prozent bedeutet,“ betont Schmiedel, „hier besteht noch sehr viel Potential“.
Da die Umsetzung und der Fortschritt der Maßnahmen zur Klimaneutralität sehr intransparent ist, fordern die Vertreterinnen von SFF gemeinsam mit dem Bündnis ein konsequentes, öffentlich zugängliches Monitoring aller beschlossenen Maßnahmen zur Klimaneutralität auf einer Website. Hilfreich sei auch ein “CO2-Countdown”, eine Uhr, die transparent mache, wo Düsseldorf beim CO2-Ausstoß steht beziehungsweise stehen sollte. Daher begrüßen die Aktivistinnen die von der Stadt angekündigte digitale Plattform für das Klimacontrolling, weisen aber darauf hin: „es muss wirklich umfassend und gut verständlich aufgebaut sein“. Zusätzlich müsse es eine Vorrangregelung für Ratsbeschlüsse zu Maßnahmen der Klimaneutralität geben, um die nötige Beschleunigung zu erreichen.
Die Dringlichkeit der Klimaneutralität werde durch die Folgen der steigenden Erderwärmung, wie Starkregen, Überschwemmungen, Stürme, Trockenheit und Hitzeperioden, immer deutlicher. Der Deutsche Ethikrat, ein unabhängiger Sachverständigenrat, der „die ethischen, gesellschaftlichen, naturwissenschaftlichen, medizinischen und rechtlichen Fragen sowie die voraussichtlichen Folgen für Individuum und Menschheit verfolgen. „Der Ethikrat (Anmerkung der Redaktion: ein unabhängiger Sachverständigenrat, der als Dialogforum und Beratungsgremium von der Bundesregierung initiiert wurde), hat in seinen 13 Maßnahmen aus seiner jüngsten Stellungnahme deutlich betont, dass die notwendigen Schritte zur Eindämmung des Klimawandels jetzt so schnell wie möglich ergriffen werden müssen und dass ein Hinhalten und Hinauszögern ethisch nicht zu rechtfertigen sei“, betont Sigrid Wolf, DGB-Regionsgeschäftsführerin und eine Sprecherin des Düsseldorfer Bündnisses für eine gerechte Gesellschaft.
Das Bündnis vermisst bei der Stadt Düsseldorf die Bereitstellung von ausreichenden Geldern für Investitionen, die den Klimaschutz voranbringen. Die Investitionen für Maßnahmen zur Klimaneutralität werden in den kommenden Jahren um 5 Millionen Euro gekürzt. „Mit einer solchen Finanzplanung kann man die Maßnahmen zur Klimaneutralität nicht beschleunigen“, stellt Uwe Foullong, der ver.di-Sprecher im Düsseldorfer Bündnis für eine gerechte Gesellschaft, fest. Mit diesen marginalen Anteilen von 2,7 Prozent (Klimaneutralität) und 8,5 Prozent (Umweltschutz) an den gesamten Investitionen der Stadt würde der Quantensprung hin zur Klimaneutralität bis 2035 nicht erreicht. „Bei den Investitionen darf nicht gekleckert, sondern es muss geklotzt werden“, so der Bündnissprecher.
Die Mittel für die erforderlichen Investitionen sollten bei denen generiert werden, die es sich leisten können. „Da sehr reiche Menschen deutlich mehr zum Klimawandel beitragen als die Mehrheit der Menschen, wie jüngst eine Oxfam-Studie ermittelte, ist es angemessen und gerecht, die Vermögenssteuer wieder einzuführen und die Erbschaftssteuer so zu reformieren, dass die vielen Ausnahmen für sehr reiche Menschen abgeschafft werden“, stellt Pater Wolfgang Sieffert von der Altstadt-Armenküche und weiterer Sprecher des Düsseldorfer Bündnisses für eine gerechte Gesellschaft dar.
Die kommunalen Haushalte würden über eine Umlage dieser Landessteuern direkt gestärkt, wenn die Vermögens- und Erbschaftssteuer für Multimillionäre wirksam gestaltet werde. Bis zum Zeitpunkt einer wirksamen Vermögens- und Erbschaftssteuer solle der Rat der Stadt befristet die Gewerbesteuer erhöhen, empfiehlt das Bündnis „Die ökologischen und sozialen Probleme dürfen keinesfalls gegeneinander ausgespielt werden. Vor allem nicht, wenn man statt der Stärkung der Einnahmen Kürzungen an anderer Stelle vornehmen würde“, betonen Meret John und Lydia Schmiedel von den SFF.