Düsseldorf: Zwei weitere Stelen für den FlingerPfad
30 Stationen hat der Rundweg „FlingerPfad“, auf dem Bürger*innen erfahren, wie die Industrialisierung den Stadtteil verändert hat und welche – zum Teil noch erhaltene Gebäude – das Leben der Menschen prägten. Am Freitag (23.2.) erhielten zwei weitere Stationen Stelen. Vor der Kiefernstraße 33 wird nun über „Die erste Eisenbahn in Westdeutschland“informiert und an der Kiefernstraße 1, Ecke Fichtenstraße über „Das Arbeiterwohnquartier Kiefernstraße“.
Station 6: Arbeiter-Wohnquartier Kiefernstrasse
Die Kiefernstraße erhielt 1902 ihren Namen und war damals noch unbebaut. Sie lag mitten in einem Industrieviertel, in dem über 40.000 Arbeiter*innen tätig waren. Die Wohnungsnot war groß und deshalb wurden zwischen 1908 und 1910 Werkswohnungen für die Düsseldorfer Eisen- und Drahtindustrie AG, später Klöckner Werke, gebaut. Die Häuser hatten einen für die damalig Zeit modernen Standard, zu denen Duschen und Wannen in abgeschlossenen Badezellen und Toiletten auf halber Treppe gehörten. Daneben entstanden an der Kiefernstraße 14, 16 und 18 Häuser des genossenschaftlichen „Düsseldorfer Spar- und Bauverein“. Im historischen Gebäude Kiefernstraße 4, heute ein kultureller Treffpunkt, bot damals die Familie Allekotte Mittagstisch, Kaffee und Tabak, Kost und Logis an.
Ab den 1960-er Jahren zogen vermehrt Gastarbeiter aus Italien, Griechenland und der Türkei in die Kiefernstraße, was die lokale Demographie veränderte. Nachdem Klöckner den Betrieb 1975 an der Fichtenstraße einstellte, übernahm die Stadt Düsseldorf 1977 die Wohngebäude und plante den Abriss. Damit erlangte die Kiefernstraße ab 1981 eine gewisse Berühmtheit, denn die Wohnungsnot war groß und nachdem den Leerstand der Wohnung bekannt wurde, gab es Hausbesetzungen. Dem öffentlichen Druck folgend, überließ die Stadt dem Verein „Aktion Wohnungsnot“ vier Häuser mit 50 Wohnungen. Da die Zusage weitere Häuser zu überlassen nicht eingehalten wurde, kam es zu erneuten Besetzungen.
Anschließend startete auf der Kiefernstraße der Versuch einer Selbstorganisation durch Hausversammlungen und Straßenplenen. Die Mieter, darunter viele Gastarbeiterfamilien und ehemalige Klöckner-Beschäftigten unterstützten das Vorhaben. 1984 beschloss die Stadt schließlich den Erhalt der Häuser und es gab Mietverträge für die Bewohner*innen, die auch heute noch gelten. Der Kampf hatte die Anwohner*innen der Kiefernstraße zusammengeschweißt und so waren sie weiter aktiv, als die alten Industriebrachen in Flingern Süd immer mehr zu Objekten für Immobilienspekulation wurden. Sie wehrten sich erfolgreich gegen Planungen für hochpreisige Mikroappartements, Hotelkomplexe und Hochhäuser, mit dem Ziel bezahlbaren Wohnraum zu erhalten.
In der heutigen Kiefernstraße, die von der Städtischen Wohnungsgesellschaft SWD verwaltet wird, leben rund 800 Menschen aus 40 Nationen, verschiedener sozialer Gruppen, Religionen, Weltanschauungen und unterschiedlichsten Lebensformen in einer lebendigen Nachbarschaft. Diese Integrationsleistung wurden auch vom Düsseldorfer Integrationsrat (gegen die Stimmen von CDU und Grünen) gewürdigt und die Stele finanziert.
Station 7: Elberfelder Eisenbahn untere Kiefernstraße
Die untere Kiefernstraße erlangt im Jahre 1835 Bedeutung, damals als Eisenbahntrasse. Denn Kaufleute aus dem Tal der Wupper und die bergische Tuchmacher- und Textilindustrie brauchten Transportmöglichkeiten vom und zum Rheinhafen. Zu den Anfängen wurden dies über Pferdefuhrwerke oder Ochsengespanne organisiert, doch das reichte bald nicht mehr aus. Düsseldorf zählte damals 32.253 Einwohner, Elberfeld mit Barmen sogar 62.379 Einwohner. Beides waren wichtige Städte in Deutschland und eine Verbindung mit einer Bahnlinie wurde notwendig. Düsseldorf war Endpunkt, da sich das preußische Militär weigerte, die Kölner Festungsanlage für eine Eisenbahn ins Bergische Land zu öffnen.
Im Oktober 1835 gründete sich die „Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft“, die im April 1838 den Bau der Gleise begann und bereits im Dezember 1838 das erste Teilstück von Düsseldorf nach Erkrath fertig stellte. Es war die erste, mit Dampf betriebene, öffentliche Eisenbahnstrecke in Westdeutschland.
Der zweite Abschnitt war deutlich schwieriger, denn es galt eine Höhenunterschied von fast 82 Metern auf einer Länge von 2,5 km von Erkrath nach Hochdahl zu überwinden. Zuerst zog eine in Hochdahl stehende Dampfmaschine als Seilzuganlage die Züge hoch. Die gesamte Strecke wurde am 3. September 1842 eingeweiht. Später wurde die Seilzuganlage durch mächtige Umlenkrollen ersetzt, durch die bergabfahrende Lokomotiven die bergauffahrenden Züge auf der zweispurig ausgebauten Rampe hochzogen. Nach 1926 gab es leistungsstärkere Loks.
Die Gleise der Düsseldorf-Elberfelder Bahn führten vom Gerresheimer Bahnhof kommend nach Flingern, kreuzten die Erkrather Straße und gingen über die untere Kiefernstraße und die Graf-Adolf-Straße zum damaligen Hauptbahnhof am Graf-Adolf-Platz. Nach dem Bau des neuen Hauptbahnhofs 1881 an der heutigen Stelle, legte man in Flingern, Oberbilk und Lierenfeld einige Gleistrassen still. Heute existieren von der ursprünglichen Strecke nur noch der unter Denkmalschutz stehende alte Bahnhof Gerresheim und einige Gleise am Tichauer Weg, an der Ronsdorfer Straße und in Gerresheim.
Urquelle der Düsseldorfer Eisenbahngeschichte ist die West- Oststrecke der Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn, weshalb die Stele der Staion 7 an der unteren Kiefernstraße steht. Finanziert wurde sie von Spenden, die Teilnehmer*innen an den Rundgängen des FlingerPfads gaben.
Rundgänge des FlingerPfads
In Kooperation mit der Bürgerinitiative Flingern e.V. und dem Kulturzentrum zakk organisiert der FlingerPfad Vorträge und Rundgänge, um die Geschichte Flingerns erlebbar zu machen. Kaspar Michels bietet in diesem Jahr drei Rundgänge an, für die sich Interessierte per Mail an stadtteilfuehrung@zakk.de anmelden können.
Die Tour 1: „Flingern Süd – Zwischen Stahlindustrie und Hausbesetzung“
Sie beginnt an der Fichtenstraße in Flingern Süd und informiert dort über die Eisen- und Drahtindustrie, über die „Brückenbauer von Düsseldorf“ und die Kesselwerke im angrenzenden Gleisdreieck. Weiter geht es durch die alten Arbeitersiedlungen Kiefernstraße und Ruhrtalstraße, über die Trasse der ersten Düsseldorfer Eisenbahn bis zu den Kühltürmen der „Städtischen Gasanstalt“. Wir besuchen eine fast unbekannte militärhistorische „Betonzigarre“, finden in der Automeile den Gasometer und beschließen die Tour in einer ehemaligen Seifenfabrik.
Samstag 25. Mai 2024 – 14:00 Uhr – ab zakk, Fichtenstraße 40
Die Tour 2: „Vom Lierenfelder Bahnhof bis zu den alten Farbwerken“
Sie beginnt bei den Maschinenbauern an der Langenberger Straße und führt über die Ronsdorfer Straße zum Mannesmann Röhrenwerk und zum Klöckner Stahlhandel. Wir besuchen ein Baudenkmal, das als Konsumgenossenschaft einmal 25% der Düsseldorfer*innen versorgte. An der Grenze zu Lierenfeld besuchen wir die „Alten Farbwerke“ und lernen Düsseldorfer Eisenbahngeschichte kennen.
Sonntag 08. September 2024 – 14:00 Uhr – ab Langenberger Straße 9 –
Die Tour 3: „Flingern Nord – Vom Flinger Broich bis zum Uhrenturm“
Sie beginnt an einer alten Kranfabrik und führt über den Schützenplatz bis hin zur Feuerwache 4. An der Kettwiger Straße lernen wir eine „Spiralgarage“ kennen, bevor wir etwas über das „Wöchnerinnen-Asyl“ und den ältesten noch existierenden Bauernhof erfahren. Weiter geht es zu einer alten Klosteranlage und dem Arbeiterwohnquartier am Hellweg. Wir informieren am Bahnhof Grafenberg über die Ruhrtalbahn und die Lokomotivenfabrik Hohenzollern. Die Tour endet an der Grenze zu Düsseltal am Uhrenturm von Haniel & Lueg.
Sonntag 02. Juni 2024 – 13:00 Uhr – ab AWO, Flinger Broich 12