Düsseldorfer Prinzenball: Trauer und Tanz im Karneval
Man will so gerne lustig sein, aber das Schicksal macht Ernst: Kaum ist die rotweiße Garde mit Tschingderassabum in den Hilton-Saal eingezogen, da eröffnet Prinzenclub-Präsident Jobsi Driessen den Düsseldorfer Prinzenball mit einer todtraurigen Nachricht. Carsten Gossmann, Karnevalsprinz Carsten II. von 2018, einstiger Torwart der DEG, Vater dreier Kinder und mit 49 Jahren einer der jüngeren Mitglieder der Herrenriege im Club, ist am Morgen gestorben. Völlig unerwartet. Beklommenheit legt sich wie ein Schatten auf die Festgesellschaft. Irgendwie verkehrt klingt das „Helau zusammen!“ der Venetia Melanie, matt wird geantwortet. Doch dann fließt der Wein, Bierflaschen kreisen, Partystimmung setzt sich durch.
Ist das verwerflich? Das muss jeder für sich entscheiden. Jobsi Driessen kann „nicht so kaspern“ wie gewohnt, lässt aber dem Karneval freien Lauf. Das, glaubt er, wäre auch im Sinne seines Clubfreundes Gossmann. Er zitiert einen kölschen Spruch: „Maach der Freud sulang et jeiht, et Levve duurt kein Iwichkeit.” Freu dich, solange es geht, das Leben dauert keine Ewigkeit. Und, Hand aufs Herz, die meisten der glitzernd feingemachten Gäste beim einzigen Lackschuh-Event des Düsseldorfer Karnevals, sind nicht mehr die jüngsten. Abbas unermüdliche „Dancing Queen“, von der Bigband Heavens Club beschworen, ist hier schon längere Zeit nicht mehr „young and sweet, only seventeen“.
Sandhasen aus Köln
Umso leidenschaftlicher wird getanzt. Wer weiß, wie lange noch. „Sexbomb“ und „Mister Bombastic“ sorgen für Selbstvergessenheit im schön schummrigen Licht des Rheinlandsaals. Auch die Band-Pausen werden gefüllt – von der Combo „Rest of best“ aus Weimar. „Volare“ singen alle mit. Der Service klappt dieses Jahr gut. So kann sich der Gala-Besucher zwischen den Leibesübungen am blumengeschmückten Tisch mit einem schnellen Schnitzel stärken und versuchen, im dichten Soundgemisch aus Brabbeln und Musik ein wenig ins Ohr der Nebenperson zu plaudern.
Der Präsident ehrt den tapfer lächelnden Messechef Wolfram Diener mit der Ehrenmitgliedschaft im Prinzenclub. Für die karnevalistische Show sorgen wie im vergangenen Jahr „Die Fidelen Sandhasen“, das perfekt gedrillte Tanzcorps der Kölner Karnevalsgesellschaft „Die Große von 1823“. Unter Hintenanstellung feministischer Überlegungen werden hier die mit lockigen Haarteilen und putzigen Minis ausgestatteten Mädchen von ihren Jonges immer wieder hochgestemmt, huckepack getragen und manchmal sogar ein bisschen umhergeworfen. Geht alles gut, und das Playback spielt dazu: „Wir sind wie wir sind.“ Oder so.
Guildo hat euch lieb
Schon werden Zugaben gefordert, denn „die Nacht, die Nacht ist nicht zum Schlafen da“. Aber jetzt ist Zeit für die Tombola. Fast jeder hat sich ein paar Lose à fünf Euro gekauft, obwohl die Preise schon mal toller waren. Zehn Eintrittskarten für den „Böse Buben Ball“? Wer da hin will, hat die schon. Ein Gutschein für Segelfliegen? Eher beängstigend. Tapas-Abend? Ganz nett. Schumacher-Chefin Gertrud Schnitzler-Ungermann gewinnt gleich zweimal: eine Ballonfahrt und eine Übernachtung in einem Düsseldorfer Hotel. Glücklicher wirken zwei junge Damen, die sich Flugtickets für New York und den ersten Preis, ein Goldcollier mit Saphiren von Juwelier Rüschenbeck, abholen dürfen.
Alles wird teurer, aber, so Jobsi Driessen, „der Düsseldorfer hängt nicht am Geld“. Und so hat der Prinzenclub zum närrischen Jubiläum (6 x 11 Jahre) wieder mal einen „Stargast“ eingeladen. Es ist allerdings nur Guildo Horn (60), jener Spaßvogel mit dem langen Haarkranz, der 1998 mit „Piep, piep, piep, Guildo hat euch lieb“ beim Eurovision Song Contest antrat, den siebten Platz bekam und nun als Stimmungssänger mit seiner Band „Die Orthopädischen Strümpfe“ umhertourt. Guildo kann mit Kuhglocken und Trömmelchen spielen, viel Stimme hat er nicht. Aber ein Publikum, das mitklatscht und im Chor singt, wie es kann: My, my, my Delilah, 17 Jahr, blondes Haar, er gehört zu mir. Man will eben so gerne lustig sein.