Art Düsseldorf: Kunst ist die Ware der Zuversicht

„Die Zeiten sind herausfordernd.“ Das hört man allenthalben. Auch Walter Gehlen, der Direktor der Art Düsseldorf, sagt’s in einer blitzschnell erledigten Pressekonferenz. Er hat keine Zeit, die VIPs warten schon – Gruppen von Sotheby’s, aus dem Kunstpalast und vom neuen „Headline-Partner“, der Essener National-Bank. Wenn auch Aktien schwanken und Investoren zögern, Bilder und Skulpturen bleiben verlässliche Werte. Zum siebten Mal feiert die Stadt ihre Kunstmesse im Industrieschick des Areals Böhler am Rand von Meerbusch.

Geld und Kunstsinn: Die Essener National-Bank ist neuer Hauptsponsor der Art Düsseldorf. Im Vordergrund: die Skulptur „Twist“ von Stephan Marienfeld. Foto: bikö
108 Galerien sind dabei, 33 davon zum ersten Mal. 34 Aussteller-Teams hatten keine weite Anreise, sie kommen aus Düsseldorf und dem übrigen Rheinland. Auf die weite Welt ist gerade kein Verlass. Der Kölner Gehlen pflegt daher die regionalen Kontakte und zählt auf hiesige, mit Liebe zur Kunst verbundene Wirtschaftskraft. Zur Region, zur Landeshauptstadt Düsseldorf gehört auch die einst größte, heute (nach London und Paris) drittgrößte japanische Community in Europa. Der von Yoko Nose kuratierte „Fokus Japan“ gehört zu den spannendsten Aspekten der Messe, und man sollte keineswegs versäumen, hinten in der Kaltstahlhalle nach dem „anonymous art project“ zu suchen.

Direktor Walter Gehlen von der Art Düsseldorf setzt auf die Region und den industriellen Charme des Böhler-Areals. Foto: bikö
Japanischer Wirbel
Was aussieht wie die spirituell getragene, romantisch bewegte Projektion einer Küstenlandschaft, wurde vom japanischen Künstler Norimichi Hirakawa am Computer programmiert. Der Horizont verbiegt sich, es entsteht ein hypnotischer Wirbel auf einer überdimensionalen runden Projektionsfläche: „Sunlight Spectrum Sonification“ heißt diese digitale Offenbarung. Ganz anders sind die schrägen, von Manga und Comic inspirierten Bilder, die Isamu Gakiya produziert. Der Galerist Masumi Sasaki hat sie aus Tokio mitgebracht und freut sich in der Alten Schmiedehalle auf die Show.

Zum ersten Mal bei der Art Düsseldorf: Der Galerist Masumi Sasaki aus Tokio zeigt Bilder von Isamu Gakiya. Foto: bikö
Natürlich hoffen alle Teilnehmer*innen auf Geschäfte. Es müssen ja nicht immer Rekord-Deals in sechs- und siebenstelliger Höhe sein. Die allermeisten Preise auf dem Düsseldorfer Markt der Künste bewegen sich im vier- bis fünfstelligen Bereich, also durchaus in Reichweite des gutbürgerlichen Erfolgsmenschen. Die Kö-Galerie Ludorff hat leuchtende Farbserigrafien („Colour in the Round“, 1969) von Rupprecht Geiger für 5900 Euro im Angebot: moderne Klassiker. Für 45.000 Euro gibt es ein raumprägendes figuratives Bildnis: die von Cornelia Schleime gemalte „Princess K’iulani“ von 1999.

Repräsentativ: der große Eckstand der Düsseldorfer Galerie Ludorff mit einer Punkte-Malerei von Jerry Zeniuk und einem Pudel von Katharina Fritsch. Foto: bikö
Weiblicher Blick
Aber selbst arme Schlucker, die außer dem Ticket und einem Cappuccino nichts kaufen, können mal gucken. Das ist das Schöne an Kunstmessen – und durchaus auch im Sinn des Veranstalters. Durch, so der Pressetext, „klare kuratorische Setzungen“ will man Orientierung bieten und „inspirierende Kunsterlebnisse“ schaffen. Die Berliner Kunstautorin und Moderatorin Julia Meyer-Brehm gestaltete 18 Skulpturenplätze – „mehr, jünger, weiblicher“. Nicht zu übersehen ist ein über fünf Meter hoher, in Rotwein getränkter Vorhang („Specific Subjects“) von Edith Dekyndt vor der Galerie Konrad Fischer.

Unübersehbar: die Vorhang-Skulptur „Specific Subjects“ von Edith Dekyndt bei Konrad Fischer. Foto: bikö
Irritation darf sein – auch am „You and Me Shop“, einem Kaufmannsladen voller kurioser Dinge, womit Fluxus-Künstlerin Takako Saito (heute 96) und ihr Publikum vor 30 Jahren spielten. Die junge Designerin und Bildhauerin Nora Lube installierte einen witzigen „Aufstand der Schaukelpferde“, und das große plattfüßige „Horse“ von João Maria Gusmão und Pedro Paiva hat so gar nichts von einem Reiterstandbild der herrschaftlichen Art.

Bühnenbild des Fluxus: Der „You an Me Shop“, bewacht von Thomas Mass, wurde von Takako Saito 1994 für Performances genutzt. Foto: bikö
„There is silence to fill“, ein Schweigen muss (mit Bedeutung) gefüllt werden, verkündet ein Schild, das eine Mädchenskulptur des Künstlerpaares Muntean/Rosenblum an der Koje der bayrischen Galerie Zink hochhält – vor einer Reihe realistischer Gemälde, die nachdenkliche junge Leute in banaler Umgebung zeigen. Die Sinnsuche ist vielleicht das große Thema aller künstlerischer Veranstaltungen und prägt auch diese Messe.

Zart, aber unwiderstehlich sind die jungen Menschen auf den Bildern von Muntean/Rosenblum. Ein Mädchen ist Skulptur geworden. Foto: bikö
„Tales of Transformation“, Geschichten des Wandels, erzählt eine von Linda Peitz kuratierte Sektion über Klimawandel und Nachhaltigkeit. Das rosafarbene Ferienhaus im seltsam künstlichen Kaktusgarten, das die britische Malerin Lydia Blakeley bei der Tube Gallery aus Mallorca präsentiert, verschließt seine Botschaft. Es zeigt keine Spuren von Leben, könnte längst verlassen sein.

Aus Palma de Mallorca kommt Galerist Axel Balazsi (auf dem Foto, mit einer Mitarbeiterin), die Bilder sind von Lydia Blakeley. Foto: bikö
Was, wann und wo?
Die Art Düsseldorf im Areal Böhler, Hansaallee 321, ist nach der Preview bis Sonntag, 14. April, für das Publikum geöffnet. 108 Galerien in zwei Hallen. Fr. 12 bis 19 Uhr, Sa. 11 bis 19 Uhr, So. 11 bis 18 Uhr. Haltestelle U76 Lörick. Parkplätze auf dem Gelände. Eintritt: 29 Euro (ermäßigt 23 Euro für Schüler, Studierende, Rentner etc.). Die Tickets können nur online gekauft werden, Lagepläne gibt’s am Eingang. www.art-dus.de

„Beiß die Hand, die vergisst, dich zu füttern“: freche Wort-Malerei von Monty Richthofen am Stand der Berliner Galerie Dittrich & Schlechtriem. Foto: bikö