Galerien in Düsseldorf: Frisch in den Frühling

Die große Narretei ist vorbei. Zeit, sich wieder mit Achtsamkeit und Freude der Kunst zu widmen. In Düsseldorfer Galerien sind frische neue Werke zu sehen, passend zum Frühling. Bei Nina Höke und Alexander Sies, kurz Sies + Höke, verspricht der unbeschwerte deutsche Maler Andi Fischer: „Enorm viele Vögel fliegen“. Und in der „Art GmbH“ von Dirk Geuer sorgt der amerikanische Allround-Künstler Gregory de la Haba für New Yorker Flair und Energie.
Geuer & Geuer Art
Gregory de la Haba
Was genau dahinter steckt, wird nicht verraten. Nach einem Rechtsstreit mit dem jungen Erfolgsmaler Leon Löwentraut und viel Aufregung, die letzten Sommer durch eine außergerichtliche Einigung diskret beendet wurde, nennt sich Dirk Geuer nicht mehr Galerist. Er ist jetzt „Kurator“ oder „Ausstellungsmacher“ und fungiert als Geschäftsführer der Geuer & Geuer Art GmbH. Ansonsten läuft alles wie immer: Vernissagen, offene Tür, Handel mit Kunst.

Wie ein Panoramabild wirkt das große Fenster zur Altstadt bei Geuer & Geuer. Rechts an der Wand ein Großformat aus der Ausstellung von Gregory de la Haba. Foto: bikö
„Palimpsestos“ heißt die neue Show mit Gregory de la Haba. Das ist ein Fachbegriff für einen abgeschabten und neu beschrifteten antiken Papyrus sowie eine Metapher für eine verzerrte Darstellung der Vergangenheit durch selektives Erinnern. Aber, so erklärt der Titel weiter: Everything Will Be Visible, Eventually“. Irgendwann wird alles sichtbar, kommt alles raus.
Graffiti-Laune
Das klingt komplizierter als die Kunst tatsächlich ist. De la Haba (46), legt zwar Wert auf Intellektualität und Harvard-Abschluss, aber seine Werke entstehen auf den Straßen von New York, wo er Wände, Türen und Schilder fotografiert, mit Figuren und Schriften kombiniert, auf Leinwand druckt und bemalt. Zu erkennen sind Gesichter, Schilder, Plakate, ein Ghettoblaster, hier und da ein Clown und Adressen: Bleeker Street, Union Square. Ein bisschen Berlin von einem künstlerischen Gastaufenthalt ist auch dabei, mit kleinen Kiffer-Scherzen: „Niemand hat die Absicht, eine Tüte zu bauen“.

In Szene gesetzt: Die Figur mit Hoodie von Erwin Wurm passt ins Ambiente der New Yorker Bilder von Gregory de la Haba. Mit der Serie “Easy” würdigt der Künstler den gleichnamigen Graffiti-Kollegen. Foto: bikö
Man kann nicht alles entschlüsseln, sich aber kaum dem mitreißenden Jazz der meist großformatigen Bilder entziehen. Die Nähe zur Street-Art ist augenfällig, in riesigen leuchtenden Buchstaben feiert de la Haba seinen Freund, den Graffitikünstler „Easy“. Die Zeiten mögen finster sein, Gregory de la Haba versucht nach eigenen Worten, „Poesie zu schaffen, etwas Schönes, etwas Erhellendes, … etwas visuell Atemberaubendes.“ Macht Spaß.
Sies + Höke Galerie
Andi Fischer
Auch Andi Fischer bei Sies + Höke macht es uns nicht schwer mit seiner Kunst. Er lässt seine prallen Farben und Formen auf weißer Leinwand schweben, dass es eine Lust ist. Mit Bleistift und fetten Ölkreiden arbeitet er, losgelöst wie eine kindliche Seele. Und mit erheblichem Humor. „Stürmisch sicherlich“ ballt sich was Dunkelgrünes über angedeuteten Dächern zusammen.

Mit Bleistift, Ölkreide und Humor arbeitet Andi Fischer. Links: Dürre Distel”, rechts “Stürmisch sicherlich”. In Betrachtung: Daniel Müller aus dem Galerie-Team. Foto: bikö
„Klare Strukturen, eindeutig erkennbar“, so heißt ironisch ein fast drei Meter breites Monumentalwerk, das den ersten Raum beherrscht – mit impulsiv schraffierten Flecken von Grün, Schwarz, Blau, Gelb, Orange. Wie ein Blumenbeet. Dazwischen erscheinen ein paar skizzierte Häuschen, zart und wackelig wie die Türme auf einem Bild namens „Dürre Distel“, das sich keck auf ein Selbstbildnis („mit Distel“) von Albrecht Dürer bezieht. Denn Fischer, 1987 in Nürnberg geboren, kennt sich aus mit der Kunstgeschichte.

Aus der Vogel-Serie von Andi Fischer: “Spechte Nahrungswitterung” (links) und “Das Leben einer Natter”, bedroht vom Weißkopfadler. Foto: bikö
Fragile Momente
Doch die Bezüge sind eher mit einem Lächeln zu betrachten. Genau wie die Gruppe züngelnder Nattern, „mit Kobrakopf“ oder beim Erspähen von „Beute“, die für die Schau in Bronze gegossen und auf rustikale Baumstamm-Sockel platziert wurden. Tiere der gefiederten Art sind in der ersten Etage zu entdecken, wo zwei große „Spechte“ Nahrung wittern und „Das Leben einer Natter“ von einem weißköpfigen Adler im Sturzflug beendet wird.

Typisch Andi Fischer: Vor dem spielerischen Großformat “Klare Strukturen eindeutig erkennbar” hat er bei Sies + Höke bronzene Nattern aufgestellt. Foto: bikö
„Ich mag Momente“, sagt Fischer, „in denen Dinge fragil oder beschädigt wirken.“ Aber drastisch stellt er diese Momente nicht dar, sondern zärtlich, liebevoll. So haben ein paar kippelnde Blaumeisen eine „Entdeckung gemacht“. Sie hocken dabei allerdings im hellen Nichts. Das gilt auch für den rabenschwarzen Geier, dem sich von hinten ein Artgenosse nähert. Andi Fischer will keine Gewissheit verbreiten, sondern Freiheit.
Was, wann und wo?
Geuer & Geuer Art: „Gregory de la Haba: Palimpsestos – Everything Will Be Visible, Eventually“. Bis 21. März. Düsseldorf, Heinrich-Heine-Allee 19. Geöffnet Di.-Fr. 11 bis 18 Uhr. www.geuer-geuer-art.de
Sies + Höke Galerie: „Andi Fischer: Enorm viele Vögel fliegen“. Bis 28. März. Düsseldorf, Poststr. 3. Geöffnet Mo.-Fr. 10 bis 18.30 Uhr. www.sieshoeke.com