Was uns blüht: Malerei von Melanie Loureiro im KIT Düsseldorf

Immer noch kalt da oben. Spaziergänger auf der Rheinpromenade stemmen sich gegen den Wind. Tiefer, in Düsseldorfs unterirdischer Kunsthalle KIT, kann man zwischen Azaleen und Begonien schon mal vom Frühling träumen und sich dabei sogar ein bisschen auf dem Liegestuhl ausstrecken. Mit Hilfe ihrer Kollegin Klara Landwehr hat die Malerin Melanie Loureiro ein veritables Vorgärtchen am Tunneleingang angelegt. Grüner Auftakt zu Loureiros Ausstellung „Die Verbundenheit der Kreaturen“.

Aus der Nähe: eine Spinne und Blüten im hohlen Baumstamm, in Öl gemalt von Melanie Loureiro. Foto: bikö
Schon am ersten Wochenende war viel los in der neuen KIT-Schau. Denn die blühende Malerei der jungen Frau, die 2022 ihr Kunststudium bei der Düsseldorfer Akademie-Professorin Ellen Gallagher abschloss, fängt die Blicke wie die Spinne mit ihrem Netz die umherschwirrenden Fliegen. Zunächst sieht das alles ganz harmlos und dekorativ aus – farbenprächtige Blumen aus der Nähe, Schmetterlinge. Aber die Pflanzen und Insekten wirken seltsam eingefroren. Tatsächlich sind viele von ihnen, wie der Falter namens Schwarzer Schwalbenschwanz, vom Aussterben bedroht.
Verwundete Blüte
Obgleich Melanie Loureiro in Parks auf Motivsuche geht, malt sie keine Gartenidyllen, sondern betrachtet die Details eher nüchtern wie eine Biologin. „Lipophilic Substance Oozes from their Injury“, eine fettlösliche Substanz quillt aus ihrer Wunde, sagt der Titel einer fast weißen, zart entblätterten Blüte, die von einer gefräßigen schwarzen Raupe heimgesucht wurde.

Raupe und Blüte: „Lipohile Substanz quillt aus ihrer Wunde“ – ein monumentales Werk von Melanie Loureiro. Foto: bikö
Ein kleines Bild daneben zeigt ein gewickeltes, mit Regentropfen benetztes Blatt (wie ein „Lacrimarium“, ein Salbgefäß), aus dem vielleicht am Ende ein Insekt schlüpft. „In Blütenstaub geritzte Zugehörigkeit“ beweisen zwei dicke Bienen oder Hummeln auf einer leuchtend gelben Blüte. „Sieben Punkte der Fülle“ unter einer Sonnenblume erweisen sich als winzige Käfer. Die Geschöpfe ernähren sich voneinander, befruchten sich gegenseitig, leben in ewigem Kreislauf.

„Alte Verbindungen“: Ameisen schleppen eine Beere ab. Pflanzen und Insekten nähren sich voneinander. Foto: bikö
Alte Verbindung
„Wo gesummte Absichten driften, überdauern alte Verbindungen“, so lässt sich ungefähr der Titel eines stillen Dramas mit drei Ameisen und einer rötlich prallen Beere übersetzen. Dabei sind die Insekten nicht immer die stärkeren. Da gibt es auch eine „Schmetterlinge täuschende Pflanze“, und die Kelche von orchideenähnlichen Blüten ähneln kleinen Fressmonstern: „Die Alchemie der Versuchung“.

Künstliches Sonnenlicht im Gang, malerische Schmetterlinge. Vorne ein Bild von Melanie Loureiro: „Ein Molekül Duft in einem Kubikmeter Luft“. Foto: bikö
Die forschende Malerin mit ihrem unbestechlich genauen Pinselstrich pflegt einen Hang zur poetischen Bezeichnung. „Ihr Zahnfleisch ward ein Webstuhl, ihr Speichel Wolle“, heißt es über eine stark vergrößerte Spinne mit graphischer Rückenzeichnung. Selbst die Motte, „Sich im Crescendo des Mondscheins entfaltend“, hat ihren Zauber. In der letzten, spitzzulaufenden Ecke des Tunnelraums scheint das künstliche Licht rotgelb wie ein Sonnenaufgang, und ein grüner Falter breitet die Flügel aus über zarten Blütenkelchen, „Crafted from the Dreams of Imaginal Cells“, geschaffen aus den Träumen imaginärer Zellen. Könnte sein, dass Melanie Loureiro die Wahrnehmung tatsächlich verändert hat. Wir werden mal genauer hinsehen, wenn der Frühling aufblüht.

Künstlicher Sonnenuntergang in der hintersten Ecke des KIT. Eine Besucherin zwischen zwei Faltergemälden von Melanie Loureiro. Foto: bikö
Was, wann und wo?
„Melanie Loureiro: Die Verbundenheit der Kreaturen“. Bis 9. Juni im KIT (Kunst im Tunnel), Mannesmannufer 1b. Geöffnet Di.-So. 11 bis 18 Uhr. Öffentliche Führung: sonntags 15 und 16 Uhr. Eintritt: 4 Euro, freier Eintritt am 2. Sonntag im Monat. Weitere Infos: www.kunst-im-tunnel.de