Düsseldorf Golzheim: Demonstrierende kritisieren Versagen der Politik und fordern Maßnahmen gegen Entmietung

Verwertungskündigungen oder Kündigungen anderer Art von Mieter*innen sind Privatsache. Das hat die Stadt Düsseldorf sogar schriftlich geäußert. Dabei hat die Stadt eine Wohnraumschutzsatzung, mit der der bewusste Leerstand von Wohnraum geahndet werden kann. Warum dann trotzdem viele Wohnungen seit Jahren leer stehen, nachdem die Mieter*innen oft durch perfide Maßnahmen zum Auszug gedrängt wurden – diese Frage hätten viele der Demonstrierenden am Sonntag (3.11.) gerne dem Oberbürgermeister oder Verantwortlichen der Verwaltung gestellt. Dabei wäre dann auch gleich die Frage gestellt worden, warum beispielsweise auf der Expo Real in München die neusten Leuchtturm-Neubauprojekte vom Oberbürgermeister vorgestellt werden, sich aber scheinbar niemand für die Bestandswohnungen interessiert.

Ein Mitarbeiter eines Investors sprach offen und verglich das Vorgehen mit Monopoly
In Golzheim haben sich die Betroffenen von Entmietung und Opfer von Immobilienhaien zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Gemeinsam mit dem Bündnis für bezahlbaren Wohnraum organisieren sie Widerstand. Mindestens 17 Gebäude haben sie in unmittelbarer Nachbarschaft recherchiert, in denen Mehrfamilienhäuser von Investoren gekauft wurden, die einzig und allein Gewinnmaximierung zum Ziel haben.

Auch Politiker*innen der SPD, Grüne, CDU und Linke nahmen an der Demo teil
Mit sogenannten Verwertungskündigungen wird in zahlreichen Fällen versucht die Mieter zum Auszug zu bewegen. Eine Verwertungskündigung gibt Eigentümer*innen die Möglichkeit, ein bestehendes Mietverhältnis dann zu beenden, wenn die Vermietung der Wohnung wirtschaftlich nicht mehr rentabel ist. Da in den betroffenen Häusern die Mieter eine bezahlbare Miete zahlen und die Möglichkeit der Mieterhöhung gedeckelt ist, argumentieren die Eigentümer mit der Notwendigkeit der Sanierung, um anschließend deutlich höhere Mieten verlangen zu können. Im Fall der Mauerstraße 32 hat der Eigentümer sogar in einem Gutachten ausführen lassen, dass nur der Abriss des Hauses eine sinnvolle Alternative sei.

An der Zietenstraße 39 haben die Mieter*innen aufgegeben, sie sind ausgezogen und der Investor kann nun nach Renovierung Mieten von 25 Euro kalt je Quadratmeter verlangen
Um den Auszug der Mieter zu beschleunigen, werden vielfach bereits erste Arbeiten durchgeführt, die das Wohnen unerträglich machen. Beispielsweise wird der Aufzug abgestellt, so dass Senior*innen aus den oberen Etage kaum noch aus dem Haus kommen oder die Heizung wird als defekt deklariert und abgestellt.

An der Seydlitzstraße 48 ist nur noch eine Wohnung im Haus bewohnt – der Rest steht seit Jahren leer
Bei der Demo am Sonntag hielten die rund 300 Teilnehmenden an acht Gebäude an. An jeder Station wurde von den Bewohner*innen berichtet, was sie erlebt haben. Einige waren extra zur Demo angereist, da sie aufgegeben haben und bereits in andere Stadtteile gezogen sind. Bemerkenswert schilderte der aktuell einzige Bewohner der Seydlitzstraße 48, dass bereits seit 2020 ein Makler systematisch versucht die Menschen zum Auszug zu bewegen. Seitdem stehen immer mehr Wohnungen leer.

Vor der Bankstraße 7 bis 11 a berichtet ein Bewohner, wie die neuen Eigentümer vorgehen
In der Bankstraße 7 bis 11a stehen gleich mehrere Häuser leer. Im Rahmen der Demo haben Aktivisten eine der Wohnungen in der Bankstraße 11 bezogen. Die Eigentumsgesellschaft, die B 7 – 11 GmbH & Co. KG, hat es durch Maßnahmen wie dem Abstellen der Fahrstühle und der Verbreitung von verschiedensten Geschichten geschafft, innerhalb eines dreiviertel Jahres 50 Mietparteien aus ihren Wohnungen zu verdrängen. Einige Mieter wehren sich, allerdings haben sie erst im Frühjahr 2025 einen Gütetermin vor Gericht. Täglich befürchten sie neue Maßnahmen im Haus, um auch sie zum Auszug zu bewegen.

Eine der leeren Wohnungen wurde von Aktivisten besetzt
„Seit Jahren appellieren wir an die Politik, dass sie sich für Bestandsmieter:innen engagierter einsetzen muss. Es ist nur folgerichtig, dass Aktivist:innen nun selbst aktiv werden. Mieter:innen können sich weder auf die Politik noch auf die Verwaltung verlassen. Leerstände und Mängel wie nicht funktionierende Fahrstühle sind durch das Wohnungs- und Bauaufsichtsamt sofort zu unterbinden. So kann es nicht weiter gehen!“ betonte am Sonntag Johannes Dörrenbächer, Sprecher vom Bündnis für bezahlbaren Wohnraum.

Ganz schnell waren zahlreiche Polizisten da, um einen vermeintlichen Hausfriedensbruch zu ahnden
Die Forderungen der Demonstrierenden scheinen selbstverständlich:
- Die zeitnahe Einführungen von sozialen Erhaltungssatzungen in mehreren Stadtteilen in Düsseldorf (Berlin hat über 70, Düsseldorf 0)
- Die Anwendung geltender Gesetze: Leerstand ist illegal! Bezugsfertige Wohnungen sind den Düsseldorfer:innen wieder zur Verfügung zu stellen
- Die Einführung einer Vorkaufsrechtssatzungen zum Schutz von Mieter:innen, um Investoren zurück zu drängen.
Wenn es nach den Aktivisten ginge, würden Investoren wie die B 7 bis 11 GmbH & Co KG wegen ihres unverantwortlichen Handelns enteignet. Sie fordern, dass Oberbürgermeister Stephan Keller zu den Forderungen Stellung bezieht und sich persönlich die Sorgen der Mieter*innen und Aktivist*innen anhört.