Unheilige Herren: „Kardinalfehler“ im Theater an der Kö Düsseldorf

Sehr ergebene Mitglieder der katholischen Kirche müssen jetzt tapfer sein: Im Theater an der Kö, der beliebten Düsseldorfer Boulevardbühne, wird die heilige Institution offen kritisiert – nicht nur mit Witz, auch mit einer neuen Weltsicht, einer progressiven Moral. Hausherr René Heinersdorff inszenierte selbst die scharfzüngige Nicht-nur-Komödie „Kardinalfehler“, verfasst von dem Kabarett-Autor Dietmar Jacobs und dem britischen Satiriker Alistair Beaton. Das Publikum war überrascht, ein bisschen geschockt – und dann begeistert.

Ganz schön mutig: Hausherr René Heinersdorff (vorne) inszenierte im Theater an der Kö die kirchenkritische Komödie “Kardinalfehler”. Foto: bikö
Es fängt an wie ein harmloser Spaß um einen eitlen Kirchenmann und eine rheinisch lamentierende Haushälterin, gespielt von TV-„Rentnercop“ Bill Mockridge und seiner temperamentvollen Ehefrau Margie Kinsky (für die es immer wieder Extra-Applaus gibt). Bischof Glöckner residiert in der deutschen Provinz, liebt edle Accessoires und teure Restaurants und ist dabei sehr stolz auf seinen guten Ruf als Aufklärer sündiger Vorgänge in der Kirchenvergangenheit. Haushälterin Wibke kocht, putzt und hat die ganze Arbeit. In heller Aufregung befindet sich Generalvikar Koch (Rentnercop-Kollege Hartmut Volle). Denn der Heilige Vater hat sich angesagt. Makellos muss das Bistum sich präsentieren – da erscheint eine junge Frau und behauptet, die Tochter des Bischofs zu sein.
Zum Teufel!
Erst nach dem Tod ihrer Mutter ist Emma (Rosana Cleve) auf die Wahrheit gestoßen. Seine Exzellenz gibt sich ahnungslos. Aber wie sich bald herausstellt, wusste er sehr wohl, dass die flüchtige Amour, die er als junger Priester mit der Gemeindesekretärin erlebte, nicht ohne Folgen war. Auch der Generalvikar, Profi-Manager kirchlicher Ereignisse und Verhüllungen, ist eingeweiht. Eine monatliche Summe wurde der Frau gezahlt, das Geheimnis bewahrt. Wie üblich.
Ganz selbstverständlich versucht Koch jetzt, das Schweigen der aufmüpfigen Bischofstochter zu erkaufen – mit 50 000 Euro aus dem kirchlichen Opferfonds, nicht ohne Feilschen offeriert. Doch Emma will gar nichts kassieren, sie wollte eigentlich nur ihren Vater kennenlernen und reagiert mit heiligem Zorn auf den „Laden voller Dreckskerle“, wo es in ihren Augen heißt: „Zum Teufel mit den Menschen, so lange die Kirche geschützt wird!“
Die gute Seele
Ja, der fromme Schein ist ganz verflogen. Nach der Pause verliert das Lachen im Theater seine Leichtigkeit. Es wird klar, dass Heuchelei und Klüngelei in dieser Kirche regieren. Um das System nicht zu gefährden, regelt man intern, was verirrte „Brüder im Nebel“ taten. Für hanebüchene Lügen erteilt man sich gegenseitig die Absolution. Wenn Bestechung nicht funktioniert, schreckt Generalvikar Koch auch nicht vor Erpressung zurück. Der Bischof lässt es geschehen. Ein kleiner Anfall von Reue und Demut vergeht ihm ganz schnell, als ihm ein Kardinalsposten in Aussicht gestellt wird.
Doch, halleluja, es gibt eine gute Seele im Spiel: den Priesterseminaristen Matteo (sehr rührend: Victor Maria Diderich). Matteo glaubt noch an die Liebe als höchstes Ziel des Christentums. Er träumt davon, dem Papst zu sagen, was er sich wünscht: Offenheit für verschiedenartige Menschen, Abschaffung des Zölibats, Gleichberechtigung von Frauen. Autos und Waffen würden gesegnet, klagt er, aber zwei Menschen gleichen Geschlechts dürften nicht kirchlich heiraten. Am Ende steht der mahnende Monolog des jungen Mannes. Die Komödie ist im Ernst des Lebens angekommen. Und das Publikum hat reichlich Diskussionsstoff.
Tickets kaufen!
Der „Kardinalfehler“ von Alistair Beaton und Dietmar Jacobs in einer Inszenierung von René Heinersdorff steht bis zum 17. November auf dem Spielplan des Theaters an der Kö, Düsseldorf, Schadowstr. 11 (in den Schadow Arkaden). Tickets an der Theaterkasse (Mo.-Sa. 11 bis 20 Uhr, So. 13 bis 18 Uhr, Tel. 0211 / 32 23 33).