Düsseldorf: Diakonie bietet obdachlosen Frauen neue Perspektive

Menschen, die auf der Straße leben haben kaum eine Chance wieder in einen geregelten Alltag zurückzukehren. Das gilt für Männer, aber besonders auch für Frauen. Sie schaffen es oft ihre Wohnungslosigkeit zu verdecken, indem sie Übernachtungsmöglichkeiten bei Männern suchen. Doch dort wiederholt sich vielfach das, was sie auf die Straße gebracht hat: Abhängigkeit, Gewalterfahrung, Alkohol und Drogen. Die Diakonie hat an der Stephanienstraße jetzt das Marie-Burde-Haus eröffnet und bietet darin 19 Frauen die Perspektive auf ein selbstbestimmtes Leben.

Das Haus ist modern ausgestattet, hat einen Aufzug und ist barrierearm
Wer das Haus betritt, wird an eine moderne Hotel-Lobby erinnert. Alles ist hell und freundlich und die Rezeption ist täglich rund um die Uhr besetzt. Wenn die Bewohnerinnen das Haus verlassen, geben sie dort ihren Schlüssel ab und erhalten ihn bei Rückkehr wieder. Ein Team von sieben Mitarbeiterinnen kümmern sich aber nicht nur um die Schlüssel-Service. Es sind Sozialarbeiterinnen und Pädagoginnen, die auch beraten und bei Problemen helfen.
Perspektive auf ein selbständiges Leben
Im Fokus für die Bewohnerinnen steht aber zuerst das Ankommen. Sie haben ein eigenes kleines Appartement mit Küchenzeile, Bad und ganz wichtig, einer Tür, die sie abschließend können. Ein eigener Rückzugsort, an dem sie sich sicher fühlen können. Theresa Frisch, Leiterin des Marie-Burde-Haus betont: „Die Lebenswege unserer Klientinnen sind nicht nur von Gewalt geprägt, sondern auch von vielen Ortswechseln und ständigen Abbrüchen. Beständigkeit kennen die meisten hier kaum.“ Sie berichtet, dass viele nach ihrem Einzug erst einmal lange Schlafen, in Ruhe und Sicherheit.

Theresa Frisch im Gespräch mit einer Bewohnerin
Da die Appartements auf Selbstversorgung ausgelegt sind, verpflegen sich die Frauen selber, haben im Keller Waschmaschinen zur Verfügung und müssen ihre Wohnung selber sauber halten. Wer keine finanzielle Unterstützung erhält, erhält Unterstützung bei der Beantragung von Bürgergeld, Grundsicherung oder Rente. Um die Gemeinschaft der Frauen zu fördern, gibt es verschiedene Angebote, wie ein Frühstück für alle am Samstagmorgen.
Das Team im Haus besteht nur aus Frauen, wie Frisch erklärt: „Ganz bewusst nur Frauen, denn die meisten unserer Klientinnen haben schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht“. Tagsüber dürfen Männer nach Anmeldung zu Besuch kommen, aber nicht übernachten. Es gibt drei strikte Regeln im Marie-Burde-Haus: Keine Gewalt, keine Alkohol oder Drogenkonsum und keine Männerübernachtungen.
Mitte Juli sind die ersten Frauen eingezogen und die Plätze waren schnell vergeben. Es gibt schon eine Warteliste. Ziel ist es mit den Frauen Perspektiven zu erarbeiten, so dass sie ein selbstbestimmtes Leben in einer eigenen Wohnung führen können. Dabei ist die Zeit des Aufenthalts im Marie-Burde-Haus nicht limitiert – einige brauchen mehr Zeit, andere sind schneller. Der Wohnungsmarkt in Düsseldorf ist dabei nur ein Problem, das gelöst werden muss.

Mit Postkarten, die an den Anlaufstellen für Wohnungslose ausliegen, informiert die Diakonie über ihr Angebot
Die Diakonie sieht das Haus als Ergänzung zu den Notschlafstellen und anderen Einrichtungen, zwischen denen ein Teil der wohnungslosen Frauen oft jahrelang hin- und her tingeln, ohne festen Halt zu finden. Die 19 Bewohnerinnen sind im Alter zwischen 18 und über 60 Jahren. Ihr Lebensweg ähnelt sich: Gewalterfahrung in der Kindheit, Zwischenstation im Heim, Gewalt in der Partnerschaft, Missbrauch, Flucht in Suchtmittel. Das besondere Konzept gibt ihnen eine Chance.
Weitere Informationen zum Marie-Burde-Haus finden sie hier.
Wer war Marie Burde?
Marie Burde lebte von 1892 bis 1963 in Berlin. Sie war alleinstehend und verdiente ihr Geld überwiegend mit „Lumpensammeln“ und dem Verkauf von Altwaren und Zeitungen. Von 1943 bis 1945 versteckte sie drei junge jüdische Männer in ihrer kleinen Kellerwohnung vor dem Nazi-Regime und rettete ihnen so das Leben. Marie Burde soll hochintelligent gewesen sein und mehrere Sprachen gesprochen haben. Sie wurde 2012 posthum in Yad Vashem mit dem Ehrentitel Gerechte unter den Völkern ausgezeichnet.