Düsseldorfer Schauspielhaus bekommt Andreas Karlaganis als neuen Intendanten
„Theater eröffnet Möglichkeits- und keine Verbotsräume. Es muss seinen Freiraum verteidigen“, sagt Andreas Karlaganis. Demnächst will der 49 Jahre alter Schweizer ausloten, wie groß oder auch wie klein die Freiräume in Düsseldorf sind. 2026 wird Karlaganis zum neuen Generalintendanten des Düsseldorfer Schauspielhauses. Er übernimmt von Wilfried Schutz (72), der die Düsseldorfer Bühne sehr erfolgreich durch äußerst herausfordernde Zeiten mit Interimsspielorten und Corona steuerte.
Maß nehmen in großen Fußstapfen
Bis zum Sommer war Karlaganis leitender Dramaturg und stellvertretender künstlerischer Direktor am Wiener Burgtheater. Fürs erste hat er fünf Jahre Vertragszeit, um in den Fußstapfen von Schulz maßzunehmen. Genau das ist sein Auftrag. Das Düsseldorfer Schauspielhaus zählt zu den größten Bühnen im deutschsprachigen Raum. Es ist das größte Sprechtheater Nordrhein-Westfalens. Das Haus bringt rund 900 Vorstellungen pro Jahr auf die Bühne. In der Spielzeit 2023/24 wurde mit 252.300 Besucherinnen und Besuchern die höchste Zuschauerzahl der vergangenen 35 Jahre erreicht.
Frau Ministerin und die Findungskommission
Eine Findungskommission unter der Leitung der nordrhein-westfälischen Kulturministerin Ina Brandes hat den neuen Kopf des Schauspielhauses vorgeschlagen. Sie legt, galant, aber unmissverständlich die Latte for Karlaganis hoch: „Andreas Karlaganis hat in seiner Karriere bewiesen, dass er für ein vielseitiges Programm steht, Zuschauerinnen und Zuschauer bewegt und begeistert. Wir sind uns sicher: Ihm wird es gelingen, an die sehr erfolgreiche Ära von Wilfried Schulz anzuknüpfen und ein breites Publikum weit über Düsseldorf hinaus anzusprechen.”
„Relevantes, aufregendes Theater machen“
Und auch der Aufsichtsratsvorsitzende des Schauspielhauses, Oberbürgermeister Stephan Keller, freut sich, dass die Stadt einen erfahrenen Dramaturgen gewonnen hat. Der bleibt beim Vorstellungstermin artig: „Ich freue mich wahnsinnig auf Düsseldorf. Die Stadt ist nicht nur Handels- und Wirtschaftsmetropole, sondern auch immer ein Ort der Kunst, der Vielfalt, der kulturellen Auseinandersetzung gewesen. Das Schauspielhaus befindet sich mitten drin und atmet diesen Geist. Ich bin neugierig auf die Stimmen dieser Stadt, die gegenwärtigen und die vergangenen.“ Und er weiß, dass Mann in dieser Liga und Nasenhöhe nicht zurückzucken darf, vor großen Worten: „Gemeinsam mit hervorragenden und außerordentlichen Theaterschaffenden möchte ich mutiges, relevantes, aufregendes Theater für Düsseldorf machen.”
Für die Liebhaber von Biographien
Andreas Karlaganis wurde am 18. Juli 1975 in Bern geboren. Von 2000 bis 2003 war er Regie- und Dramaturgieassistent an der Berliner Schaubühne am Lehniner Platz. Dort war er unter anderem an der Konzeption und Organisation des Festivals “Internationale Neue Dramatik F.I.N.D”. beteiligt.
Ab 2006 arbeitete Karlaganis als Dramaturg am Schauspielhaus Graz unter der Intendanz von Anna Badora. Im Jahr 2011, wechselte er ans Residenztheater München unter der Leitung von Martin Kušej. Ein Schwerpunkt in Graz und München war die Zusammenarbeit mit internationalen Regisseurinnen, Regisseuren und Regieteams. 2013 zog es Andreas Karlaganis ans Schauspielhaus Zürich. Dort arbeitete er unter der Intendanz von Barbara Frey zunächst als Dramaturg und ab 2014 als geschäftsführender Dramaturg und stellvertretender Intendant. Er entwickelte vielbeachtete Aufführungen unter anderem mit Sebastian Nübling und Stefan Pucher und kuratierte eine internationale Gastspielreihe.
2019 ging Karlaganis mit Martin Kušej ans Burgtheater Wien. Dort war er bis diesen Sommer tätig, seit 2021 als leitender Dramaturg, seit 2023 auch als stellvertretender künstlerischer Direktor. Höhepunkte seiner Arbeit waren preisgekrönte Produktionen der wiederentdeckten Autorinnen Anna Gmeyner (“Automatenbüffet”, eingeladen zum Berliner Theatertreffen) und Marianne Fritz (“Schwerkraft der Verhältnisse”, Nestroy Theaterpreis) oder die Zusammenarbeit mit Ulrich Rasche, dem Theaterkollektiv Dead Centre und dem Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan. Mit Barbara Frey und dem Bühnenbildner Martin Zehetgruber entstanden zudem drei Koproduktionen mit der Ruhrtriennale.