Düsseldorf Flingern: Neue Stele des FlingerPfad erklärt die schönen und düsteren Zeiten der Flurklinik
Es ist bereits die 17. Stele des FlingerPfads, die am Freitag (23.8.) an der Flurstraße/Ecke Degerstraße enthüllt wurde. Sie informiert über die düsteren und schönen Zeiten der Flurklinik. Das Gebäude steht seit 1986 unter Denkmalschutz, wurde 2002 als Klinik geschlossen und beherbergt aktuell 24 Wohnungen und einen Gastronomiebetrieb.
Vom Wöchnerinnenheim zum Ort der Rassenhygiene
1910 wurde die Flurklinik als Wöchnerinnen-Heim eröffnet. Kaspar Michels erläuterte bei der Enthüllung der Stele, dass damals der Staat oder die Kommunen sich nicht für die Versorgung der Schwangeren zuständig fühlten. Eine gemeinnützige Stiftung gründete die Geburtsklinik. Denn zu Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert waren Frauen weitgehend rechtlos, wurden als billige Arbeitskräfte ausgenutzt und auch verheiratete Frauen waren nicht geschäftsfähig. Viele Frauen, Mütter und auch Kinder arbeiteten trotzdem in den Betrieben, um die Existenz der Familien zu sichern. Schwangere Frauen und junge Mütter waren nach der Geburt weder vor Kündigung geschützt, noch bekamen sie ihren Lohn weiterbezahlt. Deshalb gingen viele gleich nach der Niederkunft wieder zur Arbeit. Die Folge war eine hohe Sterblichkeit bei den Säuglingen, aber auch bei den Müttern. Einrichtungen wie die Flurklinik versuchten den Müttern eine sichere Geburt zu ermöglichen, kümmerten sich aber auch um unverheiratete Gebärende. Erst 1952 wurde in Deutschland ein „Mutterschutzgesetz” verabschiedet, das in den Grundzügen noch heute gilt.
Ein unrühmliches Kapitel schrieb die Flurklinik in der NS-Zeit. Kaspar Michels hat den Text auf der Stele mit der Mahn- und Gedenkstätte abgestimmt. Denn während der NS-Diktatur wurden im Zuge der sogenannten „Rassenhygiene” in Düsseldorf tausende Menschen Opfer einer Zwangssterilisation. Diese wurden in der Flurklinik durchgeführt. Verantwortlich war der Leiter, Prof. Dr. Hans Reinhard Schmidt-Elmendorff, der anstelle der konventionellen chirurgischen Eingriffe auch eine „Strahlenbehandlung” mit Röntgengeräten durchführte. Zwischen Mai 1934 und Ende Juni 1935 wurden in der Flurklinik mindestens 112 Frauen sterilisiert. Das ehemalige SS-Mitglied Schmidt- Elmendorff ging erst 1958 in den Ruhestand und hat sich nie dafür verantworten müssen. 1959 wurde ihm sogar das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Neues Leben in der Flurklinik
Aber das Gebäude der Flurklinik hat einen Wandel durchlebt. Es ist jetzt keine Klinik mehr, sondern es gibt eine Eigentümergemeinschaft für die 24 Wohnungen und den Gastronomiebetrieb. Bei der Einweihung der Stele luden die Bewohner*innen in das Haus ein. Dazu waren auch zahlreiche Flingeraner*innen gekommen, die selber in der Flurklinik das Licht der Welt erblickt hatten oder dort ihre Kinder geboren haben. Zu den tausenden von Düsseldorf*innen mit Geburtsort „Flurklinik“ gehört auch Campino von den Toten Hosen.
Die Stele wurde mit Hilfe von privaten Stifter*innen finanziert. Andrea und Jo Johänning sowie Renate Elend verbindet ebenfalls ihre Geburt mit der Flurklinik und es war ihnen ein Anliegen, die Stele zu ermöglichen. Gesetzt werden die Stelen des FlingerPfads von den Gartenbauer*innen der Jugendberufshilfe JBH.
Der FlingerPfad
Der FlingerPfad beschreibt an 30 Stationen historisch bedeutsame Ereignisse und Bauten in Flingern. An 17 Stationen gibt es bereits Stelen, weitere folgen. Die Initiative FlingerPfad freut sich immer über das Engagement von Bezirksvertretungen, Firmen, anderen Gruppierungen oder Bürger*innen, die zur Vervollständigung des Pfads beitragen. Denn rund 3000 Euro müssen für jede Stele aufgebracht werden und das sei nur durch Sponsoren zu realisieren (Informationen für Interessierte gibt es hier).
Wer weitere Informationen über den FlingerPfad haben möchte, ist herzlich eingeladen den Stand auf den zakk-Straßenfest am Sonntag (25.8.) zu besuchen.