Düsseldorf Flingern / Oberbilk: Stele erinnert an die Dampfkesselschmiede im Gleisdreieck

Wer in die neuen Wohnungen an der Mindener Straße einzieht oder das Land- oder Amtsgericht an der Werdener Straße besucht, hat meist keine Ahnung davon, auf welch geschichtsträchtigem Grund diese Gebäude errichtet wurden. Die Initiative FlingerPfad und die Aktion Oberbilker Geschichten versuchen beide, die Erinnerungen an viele historische Begebenheiten und Bauten zu erhalten und den Bürger*innen zugänglich zu machen. Am Dienstag (7.8.) wurde die 16. Stele des FlingerPfad an der Fichtenstraße eingeweiht. Anne Menges und Kaspar Michels haben dabei über die Stadtteilgrenze hinweg geschaut und Helmut Schneider von den Oberbilker Geschichte dazu gebeten. Denn die Stele steht auf der Fichtenstraße, die zu Flingern gehört. Das Gelände der ehemaligen Kesselwerke gehört zum heutigen Oberbilk.

Helmut Schneider hat im Buch Oberbilker Geschichten auch Informationen zu den Kesselwerken
Ältere Düsseldorfer*innen können sich noch daran erinnern, dass bis 1991 die Fabrik mit dem großen Schornstein die Werdener Straße prägte. Auch Kaspar Michels erinnert sich gut daran. Nachdem das Werk geschlossen wurde, sprengte man den Schornstein und riss die Gebäude ab. Obwohl mittlerweile die Gerichtsbauten und Wohnhäuser auf der Brachfläche entstanden sind, warten große Teile immer noch auf Erschließung.

Das “Bergfest” ist geschafft, die 16. von 30 Stelen ist eingeweiht
Auf der Stele erfahren Interessiert nun mehr über die Piedboeufsche Dampfkesselschmiede. Der wallonische Firmengründer Jacques Piedboeuf hatte nach 1833 neben seinem Stammsitz in Lüttich unter anderem Kesselfabriken und Walzwerke in Deutschland gebaut. Sein Sohn errichtete 1857 neben einem Eisenblechwalzwerk in Eller auf der Fläche an der heutigen Werdener Straße die „Dampfkesselschmiede Piedboeuf“. Der Standort war ideal, da es bereits Eisen- und Stahlbetrieben in der direkten Umgebung sowie den direkten Gleisanschluss zur Köln Mindener Bahn gab. 1927 fusionierte das Werk mit anderen Kesselwerken in Düren und Gelsenkirchen zu den Vereinigten Kesselwerken (VKW).

Historische Aufnahme W. Otto, Düsseldorf
Die Hochzeit des Unternehmens begann nach dem 2. Weltkrieg. VKW war einer der führenden Kesselhersteller in Deutschland und hatte Kunden in der ganzen Welt. Dampferzeuger, Müllverbrennungsanlagen und Ausrüstungen für Kraftwerke und Industrieanlagen entstanden in Düsseldorf. Für die Müllverbrennungsanlage in Flingern entwickelte man eine Walzenrostfeuerung, die als „System Düsseldorf“ noch heute weltweit in über 50 Prozent der Müllverbrennungsanlagen im Einsatz ist. Zwischen 1963 und 1974 wurde VKW in den Konzern „Deutsche Babcok“ überführt. Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten stellte Babcok den Betrieb 1991 an der Werdener Straße ein.

Michels hat zahlreiche historische Fotos zum Kesselwerk gesammelt
Mit dem Abriss verschwand eine weitere Industrieanlage in Düsseldorf und bei Kaspar Michels und seinen Mitstreiter*innen wuchs die Idee, des FlingerPfads. Denn die Stadt Düsseldorf tat nichts dafür, an die ursprüngliche Geschichte als Industriestandort zu erinnern. Schon mit dem Bau der Eisenbahnen, der Ende des 19. Jahrhunderts von den Preußen verstaatlicht wurde, legte man die Gleise erhöht auf Dämme. Das trennte die Stadtteile. Beispielsweise Flingern, Eller und Lierenfeld wurden als „Stadtteile hinter den Gleisen“ benannt, auf die die „Städter“ hinabschauten, denn dort wohnten die Arbeiter, das Proletariat. Düsseldorf ist durch die Industrialisierung groß und bekannt geworden – was heute niemand mehr so richtig wahrhaben will, da man sich eher mit „Leuchtturmprojekten“ wie Kö-Bogen, Gerry-Bauten oder der neuen Oper brüstet, betont Michels.

(v.l.) Anne Menges, der Vorstandsvorsitzende der Bürgerinitiative Flingern Daniel Rübenkönig und Kaspar Michels
Der FlingerPfad beschreibt an 30 Stationen über historisch bedeutsame Ereignisse und Bauten. An 15 Stationen gibt es bereits Stelen, weitere folgen. Die Initiative FlingerPfad freut sich immer über das Engagement von Bezirksvertretungen, Firmen oder anderen Gruppierungen, die zur Vervollständigung des Pfads beitragen. Denn rund 3000 Euro müssen für jede Stele jeweils aufgebracht werden und das sei nur durch Sponsoren zu realisieren (Informationen für Interessierte gibt es hier).

Prof. Dr. Rheinhold Knopp bei der Stelen-Einweihung
Die Realisierung der Stele zur Dampfkesselschmiede hat Prof. Dr. Rheinhold Knopp ermöglicht. Das handwerkliche Aufstellen der Stelen wird von den Gartenbauer*innen der Jugendberufshilfe JBH übernommen.
Führungen
Kaspar Michels vom FlingerPfad bietet Führungen an. Viele Termine sind bereits ausgebucht. Am Sonntag, den 8. September – Tag des offenen Denkmals – gibt es um 11 Uhr noch freie Plätze für die Tour “Vom Lierenfelder Bahnhof bis zu den alten Farbwerken”. Eine Anmeldung ist erforderlich per Mail an stadtteilfuehrung@zakk.de .

30 Stationen hat der FlingerPfad