Neun Düsseldorfer*innen bei den Olympischen Spielen in Paris
Als die Olympischen Spiele im Jahr 1924 in Paris ausgetragen wurden, waren deutsche Sportler*innen nicht zugelassen. Das war noch eine Folge des Ersten Weltkrieges, den das deutsche Kaiserreich 1914 mit angezettelt und 1918 verloren hatte. Diesmal aber, wenn die französische Hauptstadt zum dritten Mal die „Jugend der Welt“ begrüßen kann, werden 471 deutsche Athleten*innen nach Paris reisen, um in den 32 Olympischen Sportarten um die 329 Goldmedaillen zu kämpfen. Darunter sind neun Düsseldorfer*innen. Tischtennisspieler Timo Boll (Borussia Düsseldorf) hat bereits olympische Routine, er ist zum siebten Mal beim weltgrößten Sportfest dabei. Für andere, wie den Vielseitigkeitsreiter Calvin Böckmann (Bergerhof Lohausen) ist die Olympia-Teilnahme eine absolute Überraschung.
Tischtennis
Timo Boll: Der 43-Jährige stürzte nach einer langwierigen Schulterentzündung, einigen Krankheiten und Blessuren vom mehrfachen Weltranglistenersten im globalen Ranking auf Platz 183 ab. Doch er kämpfte sich wieder nach vorne. „Auch ich hatte meine Zweifel, ob es klappen würde“, gesteht der Linkshänder. „Meine Gesundheit hat nicht immer mitgespielt, was zur Folge hatte, dass es bei mir manchmal spielerisch überschaubar war.“ Unter anderem der Sieg beim Weltranglistenturnier in Doha (Katar) machte den Routinier zu einem ernsthaften Olympia-Anwärter. Jetzt ist Boll voll fokussiert. „Eine Medaille ist das Ziel“, verdeutlicht Boll. „Dass es meine letzten Spiele sein werden, kann ich ausblenden, wenn ich am Tisch stehe.“ Boll ist für den Mannschaftswettbewerb, der am 7. August beginnt, nominiert.
Dang Qiu: Er ist amtierender Einzel-Europameister und war der erste deutsche Sportler, der sich persönlich für Paris qualifizierte. Bereits im Mai 2023 gewann er an der Seite von Nina Mittelham (ttc berlin eastside) die European Games im Mixed, was die Olympia-Quali zur Folge hatte. Dennoch musste sich der 27-Jährige in Deutschland für das Olympia-Team qualifizieren, sonst wäre es nichts geworden mit dem Traum von Olympia.
In Paris gehört Dang zu den „Viel-Spielern“, da er sowohl für die Einzel-Konkurrenz, das Mixed als auch im Team eingesetzt wird. „Da werde ich wohl nicht so viel Zeit haben, die Olympia-Atmosphäre zu genießen“, so Qiu. „Wenn doch, bin ich früh aus dem Medaillenkampf ausgeschieden und dass möchte ich dann doch nicht.“ Qius erste Partie ist für den 27. Juli angesetzt.
Fechten
Anne Sauer vom Deutschen Fecht-Club Düsseldorf ist neunmalige deutsche Florett-Meisterin, holte zweimal Mannschaftsbronze bei Europameisterschaften, nahm an neun Weltmeisterschaften teil und feiert dennoch erst jetzt ihre Olympia-Premiere. Die 33-Jährige hat viel in ihren Traum Olympia investiert. Am Olympia-Stützpunkt Bonn trainiert sie seit drei Jahren ausschließlich mit männlichen Trainingspartnern. „Es hat mich physisch und athletisch nochmal erheblich verbessert. Weil es mich in jeder Trainingseinheit an meine Grenzen bringt. Ich stecke mehrere härtere Treffer in kürzerer Zeit ein. Sie sind einfach schneller, größer, athletischer und explosiver“, erklärte Sauer. „Das hat mir auch mental sehr geholfen.“ Für sie beginnt der sportliche Teil der Spiele am 18. Juli.
Leichtathletik
Der Stabhochspringer Bo Kanda Lita Baehre vom ART Düsseldorf ist ein Olympia-Rückkehrer. Bereits 2021 in Tokio war der gebürtige Düsseldorfer dabei und belegte Platz elf. Seitdem hat er sich in der Gilde der besten Höhenjäger etabliert und holte beispielsweise 2022 Europameisterschaftssilber.
Er begann beim ART mit der Leichtathletik, wechselte zum TSV Bayer Leverkusen, kehrte aber 2023 wieder zum ART zurück. „Als gebürtiger Düsseldorfer hängt mein Herz an meiner Heimatstadt“, gestand der 1,93-Meter große Athlet. „Es ist ein großartiges Gefühl, wieder dorthin zurückzukehren, wo mein sportlicher Weg begonnen hat. Wer mich kennt, der weiß um meinen sportlichen Ehrgeiz. Ich werde alles dafür tun, um bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris erfolgreich zu sein.“
Rudern
Seit Januar 2024, als Leonie Menzel vom RC Germania von den Ruder-Bundestrainern in den Doppel-Vierer gesetzt wurde, hat sie die Spiele auf ihrem Jahresprogramm. „Ein Restzweifel bleibt aber immer“, so die gebürtige Mettmannerin. Der verflog endgültig als sie in der Messe Düsseldorf ihre Olympia-Bekleidung in Empfang nahm. Es war ein Grund, mal wieder nach Düsseldorf zu kommen, denn die 25-Jährige hat ihren Lebensmittelpunkt bereits vor Jahren an den Olympiastützpunkt Dortmund verlegt. Trainingslager in Hallstadt (Österreich), Berlin und Ratzeburg, dazwischen einige Weltcuprennen in Varese (Italien), Luzern (Schweiz) und Poznan (Polen) sowie die Europameisterschaft in Szeged (Ungarn) sollten die Top-Form für Paris bringen. Sie weiß, dass einiges vom Doppel-Vierer erwartet wird. „Der Fokus des DRV liegt schon auf uns, der Frauen-Doppelvierer ist die priorisierte Bootsklasse. Bis Tokio gab es bei allen Olympischen Spielen immer eine Medaille“, verrät Menzel. „Die Erwartungen sind hoch, aber ich versuche mich nicht von außen beeinflussen zu lassen. Doch gewisse Ansprüche habe ich auch an mich selber. Eine Medaille wäre schon schön.“
Hockey
Selin Oruz und Luisa Nolte vom Düsseldorfer HC sind Mitgleider des deutschen Hockey-Teams.
Oruz führt ein anstrengendes Doppelleben. Zum einen ist sie Hockey-Nationalspielerin, zum anderen Ärztin. Und doch belastet sie das nicht. Im Gegenteil. „Sportlerinnen sind die perfekten Menschen, um Ärztin zu werden. Sportler haben so viele Eigenschaften, die man braucht, um unter schwierigen Bedingungen in deutschen Krankenhäusern zu arbeiten“, sagt Oruz. Resilienz, Empathie, Durchhaltevermögen, Zuversicht. Das benötigt die Olympia-Bronzemedaillengewinnerin von 2016 auch ab dem 28. Juli, wenn die Vorrundenspiele im Hockey-Wettbewerb der Damen beginnen.
Mit 23 Jahren ist Lisa Nolte schon da, wo viele gar nicht hinkommen, bei den Olympischen Spielen. Dass sie mal im Sport Karriere machen würde, war spätestens mit den Siegen bei der U21-Europameisterschaft und der U21-Vize-Weltmeisterschaft klar. 2019 debütierte sie in der A-Nationalmannschaft und gewann 2023 bei der EM in Mönchengladbach Bronze. Inzwischen bringt sie die Erfahrung von mehr als 30 Länderspielen ein. Das sollte auch bei ihrer Olympia-Premiere für etwas Ruhe sorgen.
Beachvolleyball
Die Beachvolleyballerin Cinja Tillmann vom DJK TuSA 06 musste lange auf ihr Olympiadebüt warten. Dabei war die 33-Jährige seit Jahren eine verlässliche Größe im internationalen Sand. So gewann sie 2020 die Vize-Europameisterschaft und 2022 Bronze bei der WM. Dazu kommen zusammen mit ihrer Sportkameradin Svenja Müller die deutschen Meistertitel 2022 und 2023. Medaillenhoffnungen nährten Tillmann/Müller durch ihren Sieg bei Elite16-Turnier in Wien, dem letzten Vorbereitungsturnier vor den Spielen in Paris.
Vielseitigkeitsreiten
Drei Tage vor der Eröffnungsfeier in der französischen Hauptstadt wurde der 23-jährige Calvin Böckmann vom Bergerhof kurzfristig als Ersatzreiter nachnominiert, da das Pferd der dreifachen Weltmeisterin Sandra Auffarth die Gesundheitsprüfung nicht bestand. Böckmann ist damit der jüngste deutsche Teilnehmer an Sommerspielen in der Geschichte des deutschen Reitsports. „Erst der zweite Platz beim CHIO in Aachen und jetzt das. Es ist einfach unglaublich. Für mich erfüllt sich mit der nachträglichen Nominierung ein großer Traum. Ich bin sehr dankbar für diese Chance, auch wenn es mir für Sandra und ihr Pferd enorm leidtut. Jetzt muss natürlich in sehr kurzer Zeit sehr viel organisiert werden, aber diesem Stress setze ich mich gerne aus. Ich freue mich auf die Tage in Paris und auf alles, was mich dort erwartet“, sagt Calvin Böckmann, der mit The Phantom of the Opera zu den Spielen reist.