Düsseldorf: Fragen an Politiker*innen anlässlich der Europawahl zum Thema Migration – Treffpunkt Hispi
Seit 2015 unterstützt Hispi (Hilfe bei sprachlicher Integration) Geflüchtete in Düsseldorf, um ihnen den Neuanfang zu erleichtern. Mit viel Engagement vermitteln Ehrenamtler*innen am Hispi-Standort an der Graf-Adolf-Straße nicht nur Sprache oder Fähigkeiten, sie sehen auch die Menschen. Dabei ist Hispi eingebunden in ein lokales Netzwerk verschiedener Wohlfahrts-und Sozialverbände, Flüchtlingsorganisationen sowie gemeinnützigen Einrichtungen in Düsseldorf. Am Donnerstag (16.5.) trafen sich Vertreter*innen des Netzwerks mit Politiker*innen, um über die anstehende Europawahl zu diskutieren. Im Mittelpunkt stand die Frage, welche Standpunkte die Parteien zum Thema Asyl und Integration haben. Moderiert von Heiner Hülsmann, waren Liliane Pollmann vom Bündnis’90/Die Grünen, Sabrina Proschmann von der SPD, Ulf Montanus von der FDP, Kea Detmers von Die Linke, Thomas Geisel vom BSW und Peter Labouvie von der CDU zum Austausch gekommen. Es waren bewusst nur Vertreter*innen demokratischer Parteien eingeladen worden.
Seenotrettung verhindern?
Bereits bei der Vorstellungsrunde wurden die unterschiedlichen Ansichten deutlich. Das wurde besonders an der Einstellung zur Seenotrettung fest gemacht. Geisel, Montanus und Labouvie betonten, man könne nicht alle Flüchtlinge aufnehmen und es sei ein Akt der Humanität die Flucht übers Meer und das Schleusergeschäft zu unterbinden. Wichtig sei es in den Herkunftsländern Bedingungen zu schaffen, dass die Menschen keinen Fluchtgrund hätten. Die Anwesenden im Saal, aber auch Detmers, Proschmann und Pollmann kritisierten, dass dies bereits sei Jahren gesagt werden, aber geschehen sei noch nicht. Auch bei den Abkommen mit Ländern, die sich bereits erklären Geflüchte aufzunehmen, werde viel Geld investiert, aber die Zustände vor Ort seien trotzdem mangelhaft. Gäbe es die Möglichkeit in den Ländern ein Visum zu beantragen, um mit dem Flugzeug oder auf anderen sicheren Wegen nach Europa einzureisen, wäre schon viel geholfen. Damit würden auch die gefährlichen Schleusungen weniger.
Integration der ukrainischen Geflüchteten
Die Abwicklung mit den Geflüchteten aus der Ukraine habe gezeigt, wie schnell sich Menschen integrieren könnten, wenn sie unkompliziert einen Aufenthaltstitel und eine Arbeitserlaubnis bekommen würden.
Europäischer Migrationspakt
Thomas Geisel benutzte mehrfach die Redewendung, man müsse sich „ehrlich machen“ und die Zuwanderung steuern, da man nicht alle aufnehmen könne, die ein besseres leben wollten. Sabrina Proschmann sieht die Beschlüsse des europäischen Migrationspakts als schwierig an, denn in den geplanten Lagern werde keine Rücksicht auf Familien oder Kinder genommen. Das bekräftigte auch Liliane Pollmann, die eine rechtsstaatliche Prüfung dort nicht gegeben sieht und betont, es handele sich um Menschen, nicht um Nummern. Ulf Montanus und Peter Labouvie warnten vor unkontrollierten Zuwanderung und wollen Schleusungen verhindern – um die Menschen vor der gefährlichen Flucht zu schützen.
Frontex und Humanität?
Die Arbeit von Frontex, der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache, die die illegale Einreise in den Schengen-Raums verhindern soll, wird von vielen, die mit Geflüchteten in Düsseldorf arbeiten sehr kritisch gesehen. Denn egal ob auf dem Meer aufgegriffene oder an Land angetroffenen Flüchtlinge – alle haben nach geltendem Völkerrecht das Recht, einen Asylantrag zu stellen. Doch Frontex drängt vielfach Geflüchtete zurück, auch wenn ihnen möglicherweise Verfolgung oder Misshandlung droht. „Frontex und Humanität ist ein krasser Widerspruch“, betont Proschmann. Auch Kea Detmers setzt sich für sichere Wege für Flüchtlinge in, denn tatsächlich hätten viele von ihnen einen Anspruch auf einen Schutzstatus. Montanus vertritt die Auffassung, dass Frontex Grenzen schützt und die Einreise von gefährlichen Menschen und Sozialflüchtlingen gut unterbinde.
Genfer Flüchtlingskonvention
Dass Einreisende auch Islamisten sein können, sieht auch Geisel und plädiert für die Festlegung von Kriterien, die bereits an den Außengrenzen geprüft werden. Denn die Praxis zeige, dass Abschiebungen von Menschen, die einmal in Deutschland sind, sehr schwierig seien. Allerdings zeigen Lager wie Moria oder Lesbos, dass dort keine ordentliche Prüfung erfolgt. In der Genfer Flüchtlingskonvention ist festgelegt, dass sich Personen, die wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung in ihrem Herkunftsland verfolgt werden, Asyl in einem anderen Land beantragen können.
Bedingt durch den aktuell stattfindenden Rechtsruck werden Flüchtlinge immer nur als Problem gesehen. In der Europäischen Union ist die Festlegung von einheitlichen Maßstäben eine große Herausforderung, da die Auffassungen der Länder sehr weit auseinander gehen. Bestes Beispiel sind die Pläne von der neuen niederländischen Koalition, die eine Verschärfung der Asylpolitik über das in der EU festgelegte Maß beabsichtigt.
Flüchtlinge sind nicht das Problem!
Dass Deutschland Zuwanderung braucht, wird nicht von allen berücksichtigt. Auch werden Probleme der deutschen Bevölkerung wie Armut und Wohnungsnot oft mit der Flüchtlingsthematik verknüpft. Dabei wird übersehen, dass es diese Problem auch schon vor den Flüchtlingswellen gab.