Der DGB versuchts am 1. Mai in Düsseldorf ohne Mairedner

Die Themen gehen dem DGB Düsseldorf ebensowenig aus wie die Wörter. Zum 1. Mai 2024 lautet das Motto „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit“. Auf einen klassischen 1. Mai-Redner wollen die Düsseldorfer Gewerkschaften in diesem Jahr dennoch verzichten. Auf der Maibühne sollen sich die acht, in Düsseldorf vertretenen Gewerkschaften mit jeweils einem Schwerpunktthema präsentieren.
Punkt Elf Uhr startet die Mai-Demo
Zur traditionellen Mai-Demo versammeln sich die Teilnehmenden am Mittwoch, 1. Mai, ab 10.30 Uhr vor dem Gewerkschaftshaus in Düsseldorf, Friedrich-Ebert-Straße 34-38 – gewissermaßen in Sichtweite des Düsseldorfer Hauptbahnhofs. Von dort aus gehen die Teilnehmenden in Richtung Königsallee. Über den Nobelboulevard zieht die Mai-Demo auf der Geschäftsseite südwärts bis zur Graf-Adolfs-Straße. Nach einem kurzen Schlenker wollen sie dann über die Breite Straße bis hoch zur Altstadt gehen, in Richtung Burgplatz abbiegen und dann das Rheinufer hinunter bis zur Kniebrücke, wo es wieder zahlreiche Stände von Parteien, Initiativen, Gruppen gibt.
Tilly stellt zwei Mottowagen

Bereichert die Maikundgebung des DGB am Mittwoch: die Demaskierung der AfD – ein Mottowagen von Jacques Tilly aus dem diesjährigen Rosenmontagszug in Düsseldorf.
Weil sich Hetze und rechtsextremer Populismus eben auch in den Betrieben und für die Gewerkschaften ein Thema sind, bekommt der DGB in Düsseldorf gleich zwei Mottowagen von Jacques Tilly zur Demaskierung von AfD und Co. mit auf den Weg durch diesen 1. Mai 2024. Auf der großen Bühne am Johannes-Rau-Platz präsentieren sich nach der Begrüßung durch die Düsseldorfer DGB-Chefin Sigrid Wolf und Grußworten von Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller die DGB-Jugend und die Einzelgewerkschaften. Begleitet wird das Programm von zahlreichen Ständen der Initiativen, Gruppen, Nationalitäten und Parteien.
Knackpunkt: die Energiepreise
Für Dinah Trompeter, Geschäftsführerin der hiesigen IG Metall, steht das Thema „Energie“ ganz oben auf der Liste der dringenden Wünsche an die Ampel-Regierung. Der größte Metallarbeitgeber der Region ist und bleibt mit rund 8000 Beschäftigten das Sprinter-Werk von Daimler Benz in Düsseldorf. Der zweitgrößte Metallarbeitgeber, die Vallourec-Röhrenwerke, wurden just abgewickelt. „Die Beschäftigten haben – man muss sagen: dank des Fachkräftemangels – überwiegend Anschlussjobs gefunden“, berichtet Trompeter. Doch die IG-Metall, die auch die Interessen vieler hundert Aluminium-Arbeitnehmer aus dem Rhein-Kreis-Neuss bis hin nach Grevenbroich vertritt, bekommt unmittelbar mit, wie die „nicht wettbewerbsfähigen Energiepreise“ der deutschen Klimawende von den Unternehmen als Argument für Schrumpfungsprogramme genannt werden. „Wir brauchen Brückenstrompreise, die diesen Nachteil ausgleichen – und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt“, fordert Trompeter.
Der Handel feilscht um die Löhne
Bei der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di laufen bereits seit Ende 2023 die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im Einzelhandel. Die Arbeitgeber haben 8 Prozent mehr Lohn für 24 Monate angeboten; und dazu eine einmalige Ausgleichszahlung für die Inflation von 700 Euro. Das klingt nach nicht wenig. Ver.di-Geschäftsführerin Stephanie Peifer weist jedoch darauf hin, dass es mit Reallohneinbußen verbunden wäre, wenn ver.di dieses Arbeitgeber-Angebot annähme. Die Gewerkschaft fordert ein Plus von 13 Prozent für zwölf Monate, mindestens aber 400 Euro mehr.
Die Chemie will aufmüpfiger werden
Und selbst die traditionell in einem eher konservativen, braven Ruf stehende Gewerkschaft IGBCE hat unter ihrem neuen Düsseldorfer Gewerkschaftssekretär Thomas Neumann bereits deutlich gemacht, dass die nun beginnenden Tarifverhandlungen weniger ruhig verlaufen könnten als die Branche bislang gewohnt war. Die Chemie habe 2023 sehr gut verdient – mit dem zweitbesten Jahresergebnis überhaupt – nach dem besten im Jahr 2022. Nun wollen die, die das erwirtschaftet haben, ihren Anteil daran und fordern 7 Prozent Lohnplus. „Und das ist nicht etwa unser Verhandlungsstartangebot, sondern darunter wollen wir nicht gehen“, sagt Neumann.
Gewerkschaften gewinnen Mitglieder hinzu
Die Gewerkschaften treten durchweg selbstbewusst auf, weil der Fachkräftemangel die Position der Arbeitnehmenden stärkt. Das schlägt sich unter anderem in den Mitgliederzahlen nieder. Der DGB zählt bundesweit 5,7 Millionen Mitglieder – im Jahr 2023 kamen rund 437.000 Frauen und Männern hinzu. In Düsseldorf sind mehr als 30.000 Arbeitnehmer*innen gewerkschaftlich organisiert – mindestens ebenso so viele wie im Vorjahr. Was wie eine Seitwärtsbewegung wirke, sei tatsächlich ein Plus, heißt es. Denn mit den geburtenstarken Jahrgängen gehen nun immer mehr Menschen in den Ruhestand – und kündigen dann zumeist ihre Mitgliedschaft. Die allseits gesuchten, jungen Arbeitnehmer*innen zeigen sich in Bewerbungsgesprächen durchaus gewerkschaftsbewusst. Immer häufiger sei die Frage zu hören, ob ein Unternehmen denn zum Tarifverbund gehöre – oder einen eigenen Weg gehe. Letzteres wirkt sich negativ auf die Entscheidung aus, einen Arbeitsvertrag zu unterschreiben.