Düsseldorfs Lange Nacht der Museen lockt rund 24.000 Neugierige
Wassily lässt warten. Einmal rund um den Grabbeplatz windet sich die Schlange derer, die ihn sehen wollen. Und drinnen, in der Kunstsammlung NRW, geht das große Anstehen weiter. Bis die Besucher leibhaftig vor dem echten Kandinsky stehen, kann es schon mal eine Stunde dauern. Oder noch länger.
Ein bisschen sind das die 24.000 Besucher*innen bei der 2024er Ausgabe der Langen Nacht der Museen aber auch selber schuld. Sie sind einfach zu fleißig und scheinen obendrein derselben Prioritätenliste zu folgen: Erstens: Möglichst viele der 50 Attraktionen dieser nacht mit eigenen Augen sehen. Und zweitens: Erst die Schwergewichte abarbeiten und sich dann , Schritt für Schritt, langsam zu jenen Orten und Institutionen vorarbeiten, die mit Musik und geistigen Getränken ein langsames Hinübergleiten in die Abenteuer dieser Düsseldorfer Aprilnacht versprechen.
Der Tipp fürs nächste Mal
Also merken sich Lesende dies für das kommende Jahr: Die Renner im Ehrenhof und an der Pforte zur Altstadt wollen antizyklisch besucht werden: Nach 22.30 Uhr schrumpfen auch die bis dahin langen Warteschlangen auf ein erträglich kurzes Maß.
Das Programm spiegelte auch in diesem Jahr das vielfältige kulturelle Angebot der Landeshauptstadt Düsseldorf wider. Im Stadtmuseum wurde das 150-jährige Jubiläum ausgiebig gefeiert, während im Aquazoo Löbbecke Museum Besucherinnen und Besucher selbst wählen konnten, wie nah sie den nächtlichen Kreaturen kommen wollten. Im Polnischen Institut wurde der 20. Jahrestag des EU-Beitritts Polens mit Musik und Humor zelebriert.
Schwebende Fallschirme über großen Eisschollen
Darüber hinaus konnten neben den etablierten Häusern viele neue Adressen entdeckt werden, darunter das im letzten Jahr eröffnete Schumann-Haus, das Ackereleven und der Werk- und Ausstellungsraum Reformator Art. Der interdisziplinäre Ausstellungsraum “the pool” präsentierte Videos und Lecture Performances zur Architektur der Nachkriegsmoderne in Düsseldorf und ihrem Bezug zu Amerika. Der Bilker Bunker beeindruckte mit schwebenden Fallschirmen, überdimensionalen Eisschollen und fantastischen Bildwelten.
Daneben gibt es aber auch an allen Ecken eine Menge zu entdecken. Zum Beispiel eine Feuergöttin vor dem Max-Haus, die auf hohen Stelzen stakend hoch über den Dingen und den Nachteulen steht und überaus großzügig Sternenstaub an die Passanten verteilt. Einmal um sich selber drehen, kräftig auf den Handrücken pusten und sich etwas wün… STOPP – nicht verraten, sonst geht der Wunsch ja nicht in Erfüllung. Nur ein paar Meter weiter fideln Fragile Matt irische Folklore, was das Banjo so hergibt. Als es anfängt zu nieseln, flüchten das Musik-Trio und die Zuhörenden einfach ins Gebäude.
Rock’n Roll zwischen Keramik
Gleich gegenüber riskiert das Hetjens-Museum etwa: Zwischen dem historischen Porzellan zeigen echte Halbstarke aus den 1950er Jahren, was Petticoat und Pomade aus Menschen so alles machen kann: Wild tanzende, unzähmbare Jugendliche, die den Rock’n Roll leben zum Beispiel. Da bis Sonntagabend keine Schadensmeldungen vorlagen, gehen wir einfach mal davon aus, dass alle Tassen, auch die kostbaren, in den Museumsschränken geblieben sind. Das Keramik-Museum mit Fokus auf die 1950er Jahre und Düsseldorfs feine Asdressen am Ehrenhof – der Kunstpalast und das NRW-Forum – waren laut der städtischen Bilanz für die Lange Nacht der Museen besonders gut besucht.
Miriam Koch, Beigeordnete für Kultur und Integration, zieht den Summenstrich unter einen ebenso langen wie vielfältigen Kulturabend: „Menschen zusammenbringen, Austausch fördern und bleibende Erinnerungen schaffen – die Nacht der Museen hat auch in diesem Jahr eindrucksvoll gezeigt, wozu Kultur fähig ist. Die Vielfalt der Veranstaltungen und Ausstellungen spiegelt die kreative Dynamik unserer Stadt wider und lädt dazu ein, neue Orte zu entdecken. Mein Dank gilt allen, die durch ihr Engagement und ihre Leidenschaft diese Nacht zu einem unvergesslichen Ereignis gemacht haben.“
Im größten Trubel ertönt dann plötzlich ein Tusch und seltsam gekleidete Menschen eilen in den Durchgang links neben dem Rathaus: Denn natürlich macht auch das Haus des Düsseldorfer Karnevals mit. Dort enthüllen Stefan Winkler-Nottscheidt, der Prodomus, die Künstlerin Samantha Wolenczak und CC-Präsident a. D. Michael Laumen das Laumen-Porträt in der Ahnengalerie der Düsseldorfer Oberkarnevalisten. Obendrein wurden die schönsten Ordnen der zurückliegenden Session prämiert.
Krabatt und Wunschpunsch
Wer dem Altstadt-Trubel durch einen Abstecher ins Marionettentheater an der Bilker Straße entfliehen wollte, sah sich in puncto Ruhe getäuscht: Wunschpunsch und Krabatt und Co. Hat eine fest Fangemeinde, die das Haus viele Stunden lang besuchte. Stadtführerin Anja Kühner warf aus einem ganz besonderen Grund gekommen. Sie ist quasi mit einer Marionette verbandelt, die einen Nachbau ihres offiziellen Stadtführerinnen-Ausweises in Grün und Weiß vor der hölzernen Brust trägt: „Heute Abends bin ich ganz privat in der Düsseldorfer Innenstadt unterwegs“, verriet sie.
Dann wurde es langsam Zeit, dem Schauen das Tanzen und Trinken hinzuzufügen. Im Theatermuseum wurde bis tief in die Nacht zu Afro und Latin Techhouse und im sipgate zu einem elektronischen DJ-Set gefeiert. Um Mitternacht führte das Goethe-Museum Düsseldorf durch die Lieblingsstücke des Museumsdirektors, und im tanzhaus nrw konnte die Performance von 20 Tänzerinnen und Tänzern bestaunt werden. Aftershowpartys gab es im Düsseldorfer Filmmuseum sowie in der Galerie kunst+tonic, um die Nacht ausklingen zu lassen.
Rolling Homes zwischen den Attraktionen
Entspannt durch die Nacht kamen die Gäste mit drei speziellen Shuttle-Buslinien sowie den charmanten „Rollenden Museen“, den historischen Straßenbahnen der Rheinbahn aus den 40er- bis 60er-Jahren.