HHU Düsseldorf: 30.000 wollten Campinos Vorlesung besuchen
Campino von den Toten Hosen war ab 1983 als Student an der Heinrich-Heine-Universität (HHU) eingeschrieben, doch eine Vorlesung hat er nie besucht, berichtete er am Dienstag (2.4.). Im Oktober 1985 gab er mit seiner Band ein Konzert in der Uni-Mensa. Diese musste danach komplett renoviert werden, da die Konzertbesucher Lampen zertrümmerten und auch die Toiletten verwüsteten. Damals hätte er nie geglaubt als Gastprofessor zurückzukehren. „Schade, dass meine Eltern nicht mehr erleben können, dass ich es, zwar im fortgeschrittenen Alter, aber immerhin, doch noch an die Uni geschafft habe. Ich freue mich auf diese Herausforderung,“ erklärte Campino.
Die Heinrich-Heine Uni hatte am Dienstag (2.4.) ihren größten Hörsaal geöffnet, doch die 650 Plätze dort reichten bei weitem nicht aus, um alle Interessierten für die Vorlesung von Gastprofessor Campino unterzubringen. 30.000 Menschen hatte sich online für die Teilnahme beworben, 550 Karten gingen jeweils zur Hälfte an Studierende und andere Interessierte. Die restlichen Plätzen waren beispielsweise für den Hochschulrat, aber auch Campinos Bandmitglieder Andi und Breiti reserviert.
Campino ist erst der zweite Musiker, dem die Heinrich-Heine-Uni eine Gastprofessur verlieh. Zuvor war nur Liedermacher Wolf Biermann damit geehrt worden. HHU-Rektorin Prof. Dr. Anja Steinbeck musste lange auf eine Zusage warten, jetzt ist es so weit: „Ich freue mich sehr darauf, dass Campino auf deutlich spannendere gesellschaftsrelevante Fragen antworten wird. Wir kennen ihn nicht nur als einen der bekanntesten Sänger des Landes, sondern auch als einen der engagiertesten und politischsten Musiker überhaupt. Und wir sind überaus glücklich darüber, dass er diesen Ruf an der Universität seiner Heimatstadt untermauern wird.“
Das Thema der 90-minütigen Vorlesung am 2. April lautete „Kästner, Kraftwerk, Cock Sparrer: Eine Liebeserklärung an die Gebrauchslyrik“. Hosen-Gitarrist Kuddel begleitete Campinos Vorlesung und persönliche Betrachtung musikalisch. Der 61-jährige Frontmann der Toten Hosen zeigte, dass er es nicht nur auf der Konzertbühne versteht die Menschen zu begeistern. Allerdings gab er im Vorfeld auch zu, aufgeregt zu sein. Denn bei einer Konzerttournee könne man am Programm von Abend zu Abend immer noch optimieren, die Vorlesung müsse beim ersten Mal passen.
Er nahm die Zuhörer*innen im Hörsaal 3a mit zu den Anfängen von Schüler Andreas Frege, wie Campino mit bürgerlichen Namen heißt, und seinen ersten Begegnungen mit Gedichten. Die hat er nicht positiv in Erinnerung, da er sich die Inhalte nie merken konnte. Das änderte sich im Laufe der Jahre, denn als 13-Jähriger erkannte er, dass ihn die Texte der englischen Punk-Bands faszinierten. Da war es auch nicht mehr schwer sie auswendig zu lernen und mitzusingen, denn sie waren ansprechend und gaben Lebensgefühl wieder. Später kam er im Ratinger Hof in Kontakt mit anderen Punks, aber auch mit Künstlern der Kunstakademie wie Immendorf, Polke, Gursky und Sieverding. Damals propagierte Beuys, jeder Mensch sei ein Künstler. Zu dieser Zeit erkannte Campino, dass es wichtig war auf deutsch zu texten. Zum Thema Gebrauchslyrik bekannte er, dass es bei den Toten Hosen immer noch so sei, dass zuerst die Musik entstehe und erst dann die Texte. Das sei ein wesentlicher Unterschied zu Gedichten, bei denen jede Silbe stimmen müsse. Bei den Liedtexten nehme es niemand krumm, wenn die mal nicht so genau wären.
2. Vorlesung am 23. April
Während der Vorlesung gab es immer wieder musikalische Intermezzos und nicht nur dafür gab es lang anhaltenden Beifall der Zuhörer*innen. Nach der Vorlesung zeigte sich Campino erleichtert, denn die Menschen im Hörsaal hatten deutlich gezeigt, dass es ihnen gefallen hat. Allerdings geht es für den Sänger gleich weiter, denn seine zweite Vorlesung ist bereits am 23. April und hat den Titel „Alle haben was zu sagen. Die Kakophonie unserer Zeit“. Darüber wird Campino mit dem Journalisten und Autor Philipp Oehmke, Kulturchef beim Spiegel, sprechen.
Auch diese Vorlesung ist wieder öffentlich und kostenfrei. Aufgrund des erneut zu erwartenden Andrangs ist wieder eine Online-Anmeldung erforderlich und die Tickets werden verlost. Bereits am Mittwoch (3.4.) startet die Bewerbungsphase, die bis zum 9. April geöffnet ist. Dabei kommt innerhalb dieses Zeitfensters nicht darauf an, wer sich zuerst registriert. Alle, die an der Verlosung während der genannten Tage teilnehmen, haben die gleiche Chance auf ein Ticket für maximal zwei Personen. Nach Ende der Frist wird die HHU im Vorfeld der Veranstaltung informieren, wer ein Ticket erhält und eine Einlasskarte zusenden.
Heinrich-Heine-Gastprofessur
Die Heinrich-Heine-Gastprofessur ist ein Geschenk des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 1988 an die Universität anlässlich ihrer damals erfolgten Namensgebung. Vor Campino waren u. a. Helmut Schmidt, Juli Zeh, Wolf Biermann, Siegfried Lenz, Joschka Fischer, Antje Vollmer, Karl Kardinal Lehmann, Ulrich Wickert, Joachim Gauck und zuletzt Klaus-Maria Brandauer Heine-Gastprofessoren. Erster Heinrich-Heine-Gastprofessor war 1991 Marcel Reich-Ranicki. Die Gastprofessur wird auf Vorschlag der Rektorin oder des Rektors an meinungsstarke und engagierte Persönlichkeiten verliehen.