Holz wird Bronze: Mehr Kunst von den Düsseldorfer Jonges
War da etwa ein Hauch von Ironie in den Worten von Oberbürgermeister Stephan Keller zu spüren? „Die Jonges“, so bemerkte er, „schenken mal wieder der Stadt ein Kunstwerk“. Aber nein, das kann nicht sein, die Freude war echt. Der OB und Baas Wolfgang Rolshoven, nicht immer einig über die Geschicke der Altstadt, verstanden sich prächtig und enthüllten am Donnerstag (28.3.) trotz Wind und Regen auf dem (inoffiziellen) Platz der Düsseldorfer Jonges am Rhein „Das begehbare Boot“. 1996 von Gerhard Moritzen in Eichenholz geschaffen, war die Skulptur vom Verfall bedroht und wurde jetzt dank der Jonges in unverwüstliche Bronze verwandelt.
Ganz anders als im Fall des Köbes-Denkmals, das, wie berichtet, erst nach acht Jahren nervöser Verhandlungen auf eine nicht gerade ideale Stelle im Garten eines Weinhauses verwiesen wurde, gab es diesmal keinen Stress um den Standort. Denn „Das begehbare Boot“ stand schon seit Mitte der 1990er-Jahre genau auf demselben Platz vor der ehemaligen Reuterkaserne. Niklaus Fritschi, der Architekt der neuen Rheinpromenade, hatte dort eine kunstvolle Spielfläche für flanierende Familien angelegt. Das Boot, quer über einem mäandernden Steinfluss installiert, funktioniert zugleich als Brücke.
Erinnerung an Beuys
Angesichts der Kajakform denken Kinder ans Klettern. Kenner der Düsseldorfer Kunstgeschichte denken an den Einbaum, in dem Joseph Beuys 1973 nach seiner Entlassung aus der Akademie über den Rhein gerudert wurde, um ihn „heimzuholen“. Gerhard Moritzen, Dozent für Holzbildhauerei an eben jener Akademie, wollte eigentlich gar kein Denkmal für die legendäre Aktionschaffen. Als passionierter Paddler hat er seine eigene Beziehung zu Booten. Aber er wehrt sich nicht gegen die Verbindung mit Beuys, die den spendierfreudigen Jonges sehr am Herzen liegt.
Wie Beuys ist Moritzen auf jeden Fall unbeirrbar. Und so wehrte er sich 2009 vehement gegen den im Rahmen einer Platzbereinigung angeordneten Abriss seiner Skulptur, stellte sich dem Bagger in den Weg und restaurierte das Boot immer wieder, bis das Eichenholz allzu sehr verrottet war. Im letzten Sommer bat er die Jonges um Hilfe. Und die Tischgemeinschaft Heinrich Heine, kurz TG 46, fasste einen pfiffigen Plan, um Holz in Bronze zu verwandeln. Nachdem das alte Boot in der Kunstgießerei Schmäke abgegossen worden war, wurde es in 150 Stücke zersägt und von der Düsseldorfer „art-gallery von Fraunberg“ als Edition angeboten.
Perfekte Verwandlung
Die kleinen Unikate, nummeriert, fein in Plexiglas-Kuben präsentiert, kosten je 300 Euro und sollen der Refinanzierung dienen. Es sind noch einige Objekte zu haben. Galeristin Antonia von Fraunberg, Ehefrau von Jonges-Mitglied Frank von Fraunberg, sorgt für den Verkauf. Alle engagieren sich ehrenamtlich. „Ich bin stolz auf meine Tischgemeinschaft“, sagt Tischbaas Joachim Umbach. Und der Künstler kann sich über die Vollendung seines Werks freuen. Die Kunstgießerei Schmäke hat wieder mal ein handwerkliches Wunder vollbracht. Das bronzene Boot zeigt jeden Riss, jedes Astloch, jedes Detail des ursprünglichen Materials.
Man muss es schon anfassen und darauf klopfen um zu merken, dass es sich nicht um verwittertes Holz, sondern um Metall handelt. Fast ungläubig bewunderten die anwesenden Jonges die Perfektion der Arbeit. Ein Schild am Sockel erzählt die Geschichte des Werks, über QR-Code auch in Englisch und Japanisch. Alle von den Jonges gestifteten Denkmäler, es sind über 90, sollen nacheinander mit digitalen Informationen ausgestattet werden.