Düsseldorf: 800 Menschen demonstrieren gegen Remigrations-Phantasien von Rechtsextremen
Unter dem Namen „Düsseldorfer Forum“ haben sich ein pensionierter Zahnarzt aus Düsseldorf Oberkassel samt Sohn und Tochter, zwei Politikerinnen der NRW-CDU und Werteunion, sowie Mitglieder der AFD und der Identitären Bewegung in einem Brandenburger Hotel versammelt. Hauptthema soll die „Masterplan Remigration“ von Millionen Menschen aus Deutschland gewesen sein. Gleichzeitig soll Geld für die AFD und Faschisten eingesammelt worden sein. So berichtet es die Recherchegruppe Correctiv. Spontan gingen deshalb am Samstag (13.1.) rund 800 Menschen in Düsseldorf auf die Straße.
Empörung der Zivilgesellschaft
Die Demo war innerhalb von nur 24 Stunden organisiert worden und machte deutlich, wie groß die Empörung der Zivilgesellschaft über die menschenverachtenden Phantasien ist. Die Teilnehmenden forderten, ein Verbot der rechtsextremen AFD zu prüfen. Und legten auf dem Demo-Zug zum Landtag NRW einen Zwischenstopp vor der Parteizentrale der CDU auf der Wasserstraße ein, deren Mitglieder im Unterschied zu anderen Parteien der Demonstration fernblieben.
Unterlaufen von Grundrechten
Correctiv nennt den Namen des pensionierten Oberkasseler Zahnarztes und Strippenziehers. In gediegener Landhotel-Atmosphäre sei darüber beraten worden, wie die Grundgesetzartikel Artikel 3, 16 und 21 unterlaufen werden könnten, heißt es bei Correctiv. Ein Referent aus der Führung der Identitären Bewegung habe einen Plan vorgestellt, wie, wohin und welche unerwünschten Personen aus Deutschland verwiesen werden könnten – auch wenn sie längst deutsche Staatsangehörige seien.
Shitstorm gegen Zahnarztpraxis
Die Rheinische Post berichtete in mehreren Texten über den Shitstorm, der sich seit Bekanntwerden der Ungeheuerlichkeiten über eine Zahnarztpraxis an der Luegallee ergießt. Diese werde von Nachfolgern des pensionierten Zahnarztes unter dem alten Namen geführt. Unter anderem auf Aushängen distanziert man sich klar von rechtsradikalen Machenschaften des Vorbesitzers.
Aufstand der sonst schweigenden Mehrheit
Das alles sei der letzte Tropfen gewesen, der bei ihr das Fass zum Überlaufen gebracht habe, sagt Demo-Anmelderin Paula Mühl (22). Sie selbst engagiert sich für die Europapartei Volt – sagte aber auf der Wiese vor dem NRW-Justizministerium, dem Sammelpunkt, dass es bei der Demo um ein Zeichen all derer gehen soll, die das rechtsradikale Streben der AfD verurteilten. Dies sei keine Versammlung einzelner Parteien oder Interessengruppen. Dafür gab es Applaus.
SPD-Ratsherr El Ghazali in Sorge
Als erster Kundgebungsredner sprach der SPD-Ratsherr und Mitglied der Bezirksvertretung 9 Benrath, Holthausen, Itter, Wersten, Reisholz) Hakim El Ghazali, 34 Jahre alt und zugleich Mitglied des Integrationsrates. „Wahrscheinlich gehöre ich auch zu denen, die ausgewiesen werden sollen“, sagte El Ghazali, dessen Eltern aus Marokko stammen. Der Historiker arbeitet als Sozialberater für einen großen Wohlfahrtsverband und lebt seit seiner Geburt in Düsseldorf Wersten. Das Auftreten der AfD mache ihn wütend, wenn er von den Remigrationsplänen lese bekomme er Angst – um seine Familie.
Grüne Bundestagsabgeordnete Nanni kämpferisch
Die grüne Bundestagsabgeordnete Sara Nanni berichtete anschließend, wie demokratische Parteien im Bundestag versuchen, die AfD einzuhegen. Zwei wichtige Punkte hätten bis heute Bestand: Im Kontrollausschuss der Geheimdienste habe man bisher den Einzug von AfD-Vertretern verhindern können – ebenso wie einen Vizepräsidenten des Bundestags aus den Reihen der AfD: „Ich werde nie meine Unterschrift daruntersetzen, dass ein Fascho in dieses Amt kommt.“ Zugleich sei die Anwesenheit der AfD im Parlament ein Sicherheitsrisiko, weil die Rechtsextremen so Einblick in zahlreiche sicherheitsrelevante Details bekämen und gleichzeitig unkontrolliert und jederzeit Zugang zum Parlament hätten.
Ein Mitglied einer europäischen Jugendgruppe appellierte, bei der bevorstehenden Europawahl am 9. Juni zur Wahl zu gehen und keine Stimme für die Rechtsaußen-Lager abzugeben. Eine Studentin trug einen selbstgeschriebenen Text gegen Rechtsextremisten vor.
Forderungen an die NRW-CDU
Danach zogen die Demonstrierenden über die Berliner Allee und Bilker Straßen zur Parteizentrale der NRW-CDU. Die Konservativen wurden aufgefordert, sich klar von der AfD abzugrenzen. Dass zwei CDU-Politikerinnen aus NRW bei dem Wannsee 2.0-Treffen dabei gewesen seien, lässt nach Meinung vieler Demoteilnehmenden an der von der CDU-Parteiführung beschworenen Brandmauer zweifeln.
Vor dem Landtag endete die Demo.
Auch in anderen deutschen Städten gab es Demos für ein AfD-Verbot.