Kunstboot: Düsseldorfer Jonges verwandeln Holz in Bronze
Kunst hat auch mit Wertschätzung zu tun. Der Bildhauer Gerhard Moritzen, Dozent an der Akademie, ließ es nicht zu, dass man sein „Begehbares Boot“ 2009 einfach abriss wie den Rest der Platzgestaltung an der Reuterkaserne, wo das Partyvolk für Müll und Verrottung gesorgt hatte. Moritzen stellte sich dem Bagger in den Weg und erreichte, dass seine Skulptur stehenblieb. Er ölte und restaurierte sie immer wieder, denn er ist keiner, der aufgibt. Als das Eichenholz dann doch zu schadhaft wurde, beschloss er, das Werk in Bronze gießen zu lassen. Zur Finanzierung wird er das hölzerne Original in 150 Teile zersägen, die wiederum als Objekte verkauft werden. Möglich machen das die Düsseldorfer Jonges.
Baas Wolfgang Rolshoven war gleich begeistert von der Idee, das Werk am Rhein dauerhaft zu erhalten und den Heimatverein dafür einzuspannen. Erinnert das Boot doch an ein besonderes Stück Kunstgeschichte. 1973, vor 50 Jahren, wurde der Düsseldorfer Kunst-Guru Joseph Beuys, der nach Regelverstößen sein Professorenamt verloren hatte, in einer spektakulären Aktion von seinem Schüler Anatol in einem Einbaum über den Strom gerudert und „heimgeholt“ an das akademische Ufer. Moritzen, selbst passionierter Paddler, schnitzte 1996 auch im Gedenken an Beuys eine elegante Kajak-Form mit verdeckter Einstiegsluke.
Berühren erlaubt
Das Anfassen, Betreten beziehungsweise Platz nehmen war erlaubt. Denn die Skulptur gehört zu einem kunstvollen Spielplatz, für den Rheinufer-Architekt Niklaus Fritschi einen mäandernden Steinweg als Zitat eines Flusslaufs entworfen hatte. Das Boot diente zugleich als Brücke und war, versichert Moritzen, „immer sehr beliebt“. Als Material hatte er damals in Engelskirchen einen 100 Jahre alten Eichenstamm besorgt. Das Holz allein ist eine Kostbarkeit. Und es soll nicht verheizt werden, wenn die Gießerei Schmäke daraus eine Bronzeskulptur gemacht hat. Einmalige Idee: Der Bildhauer wird sein altes Boot zerteilen und in 150 raue Würfel verwandeln, die zu originellen kleinen Kunstwerken werden, jedes ein Unikat.
Frank von Fraunberg, Mitglied der Heinrich-Heine-Tischgemeinschaft bei den Düsseldorfer Jonges, konnte auch seine Frau, die Galerie-Chefin Antonia von Fraunberg, für das Projekt begeistern. Sie präsentiert die Idee jetzt in ihren großzügigen Räumen an der Luisenstraße, nimmt Reservierungen für die Objekte entgegen und vermittelt, dass der Preis von je 300 Euro an die Düsseldorfer Jonges geht, die am Ende die Rechnung für den Bronzeguss bezahlen. Schon jetzt haben sich 20 engagierte Düsseldorfer Kunstfreunde ihr Stück vom Boot gesichert. Nummeriert und zertifiziert, geschützt von einer hochwertigen Plexiglashaube. Sollten bis zum 19. Januar noch Stücke übrig sein, werden sie in einer von Bürgermeister Josef Hinkel moderierten Auktion versteigert.
Zug der Figuren
Im Frühjahr soll das große fertige Bronzeboot dann feierlich an der Reuterkaserne aufgestellt werden – auf jenem Stück Wiese, das eigentlich, wie dem Baas einst von dem verstorbenen Oberbürgermeister Joachim Erwin versprochen worden war, längst „Platz der Düsseldorfer Jonges“ heißen sollte.
Wer sich für die Aktion interessiert oder sogar Teil davon werden will, kann sich in der Galerie von Fraunberg über die Geschichte des Bootes informieren und außerdem ein paar andere Kunstwerke von Gerhard Moritzen sehen. Neben charakterstarken Holzfiguren – darunter auch einem lebensgroßen, sehr witzigen Selbstporträt mit aufgesetzter Brille – präsentiert der 1958 in Schleswig geborene, seit 1989 an der Düsseldorfer Akademie lehrende Holzbildhauer einige subtile Bilder. „Bildhauerei ist eine Feststellung“, lautet sein Motto, doch er ist auch ein Meister der Zeichnung. Eins seiner Themen ist die Völkerwanderung oder, wie er es nennt, „der Zug“ aus vielen Figuren, die zu einer Form werden.
Was, wann und wo?
Die Ausstellung zur Jonges-Kunstaktion „Begehbares Boot“ von Gerhard Moritzen kann bis Mitte Januar in der „von Fraunberg art Gallery“ an der Luisenstr. 53 besucht werden. Mo.-Fr. 14 bis 18.30 Uhr, Sa. 12 bis 14.30 Uhr. Reservierungen für die Edition von 150 Holzobjekten zum Preis von jeweils 300 Euro werden auch telefonisch und per Mail entgegengenommen. Tel.: 0211 / 484 6950, info@vonfraunbergart.com