Düsseldorf will bei der Betreuung Geflüchteter Millionen einsparen – Alarmruf der Wohlfahrtsverbände
CDU und Grüne wollen in Düsseldorf der sozialen Betreuung von geflüchteten Menschen bereits in einigen Wochen den Geldhahn zu drehen. Im Entwurf für den Haushalt 2024 ist der entsprechende Haushaltsposten von zwei Millionen Euro nahezu auf null gesetzt. „Wir sind entsetzt“, sagt Michael Schmidt, Sprecher der Liga der Düsseldorfer Wohlfahrtsverbände, die die Menschen in den Unterkünften zurzeit im Auftrag der Stadt begleiten. „Das gefährdet ganz konkret die Integration dieser Menschen.“
Offener Brief an Oberbürgermeister und Rat
Die Liga hat einen offenen Brief an Oberbürgermeister Stephan Keller und die Ratsfraktionen geschrieben. „Soweit wir wissen, soll es nach politischen Beratungen nun zumindest nicht zu einem völligen Entfall der Mittel, sondern nur zu einer drastischen Reduzierung kommen“, sagt Michael Schmidt. „Wir sind den Vertreter*innen der Mehrheitsfraktionen im Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf für ihre Gesprächsbereitschaft und ihr Kompromissangebot dankbar. Das, was übrigbleiben würde, reicht nach unserer Einschätzung aber einfach nicht aus, um die Betreuung der Menschen zu sichern.“
25 Lotsen für 3000 Geflüchtete
Mit fast 25 Vollzeitstellen sind die Wohlfahrtsverbände momentan für knapp 3000 Geflüchtete da. Ziel ist, Menschen möglichst bald nach ihrer Anerkennung in Wohnraum zu vermitteln und ihre Integration in die Stadtgesellschaft und in Arbeit, vor allem aber in ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben zu fördern. Die Mitarbeitenden beraten die Menschen zu Kinderbetreuung und Schule, zu aufenthaltsrechtlichen Fragen, sie begleiten sie auf der Suche nach einer Wohnung und einer Arbeit. Auch bei finanziellen oder Suchtproblemen können die Berater*innen schnell weitervermitteln. Zugleich wird das Miteinander der Menschen aus verschiedenen Kontinenten und unterschiedlichen Nationen, Kulturen wie Religionen in den Unterkünften gefördert.
Engagement in Gefahr
„All das ist jetzt in Gefahr“, sagt Michael Schmidt. „Wir haben zwar gute soziale Angebote für fast alle Lebenslagen in Düsseldorf. Aber die Menschen brauchen Lotsen, die sie zu diesen Angeboten hinführen. Außerdem sind viele dieser Regeldienste wie die Fachberatung für Wohnungslose jetzt schon überlastet.“ Die Liga fürchte besonders um die Begleitung von Alleinerziehenden, Kindern oder Menschen mit chronischen Erkrankungen oder die pflegebedürftig sind. „Wir haben außerdem die Sorge, dass bei aufkommenden Konflikten in den Unterkünften oder mit den Nachbarn im Quartier nicht mehr von Verwaltung vor Ort und Sozialberatung gemeinsam schnell reagiert und lösungsorientiert interveniert werden kann, wenn die Beratung wegfällt.“
Von den geplanten Kürzungen seien die Wohlfahrtsverbände völlig überrascht worden. „Für uns hat sich dieser sehr kurzfristig angedachte Systemwechsel in keiner Weise angedeutet“, sagt Michael Schmidt. „Wir haben erst Ende Oktober durch die Haushaltssitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales der Landeshauptstadt Düsseldorf und in weiteren Gesprächen davon erfahren.“
Die Liga Wohlfahrt hofft nun, dass in den letzten politischen Beratungen über den Haushalt nun noch mal ein grundsätzliches Umdenken stattfindet. „Im Entwurf des Bundeshaushalts 2024 werden aktuell die Kürzungsvorschläge im Migrationsbereich auch fast vollständig zurückgenommen“, sagt Michael Schmidt.
SPD kritisiert Verwaltung
Die SPD-Ratsfraktion zeigt sich zutiefst besorgt über die Kürzungspläne der Stadtverwaltung. Den Ratsgremien sei noch nicht einmal ein Ersatzkonzept vorgelegt worden. „Vor allem bin ich irritiert und verärgert über die fehlende Kommunikation seitens der Stadt mit der Liga Wohlfahrt“, so die Vize-Vorsitzende der SPD-Fraktion, Sabrina Proschmann in ihrer Reaktion auf den Offenen Brief der Liga Wohlfahrt.
Die SPD-Ratsfraktion hält es in Zeiten steigender Geflüchteten-Zahlen für das absolut falsche Signal, bei der Betreuung in den Unterkünften zu sparen. Man erwarte, dass der Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit und Soziales, Paul Stieber (CDU), das Thema wegen seiner Dringlichkeit auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung am Dienstag (28.11.) setzt.
Die SPD-Fraktion kündigt ebenfalls an, den Sachverhalt in der Sitzung des Integrationsrates am 6. Dezember zu thematisieren. „Abhängig von der Darstellung und den Informationen im Ausschuss und Integrationsrat, wird die SPD-Ratsfraktion über eine Ratsinitiative in der Haushaltssitzung im Dezember entscheiden, die eine Betreuung geflüchteter Menschen sicherstellt“, so Sabrina Proschmann abschließend.