Düsseldorf: Unklarer Umgang mit kriminell gewordenen Jugendlichen
Samstagmorgens von der Polizei als Tatverdächtiger bei einem Tankstellenraub festgenommen. Am selben Abend erneut in Polizeikontakt – unter dem Verdacht, am Graf-Adolf-Platz für mindestens einen, vielleicht sogar zwei Straßenraub-Vorfälle verantwortlich zu sein. Das Tagesprotokoll eines 14-Jährigen ohne festen Wohnsitz wirft Fragen auf. Es will offenbar niemand Verantwortung übernehmen.
Auf der Intensivstation
Am Samstag (8.7.) gehörte ein 14-Jähriger zu dem Trio, das an der Worringer Straße bei einem Einbruch in eine Tankstelle auf frischer Tat ertappt und festgenommen wurde. Der 20-Jährige aus dieser Dreiergruppe wurde einem Richter vorgeführt und von diesem in die Untersuchungshaft geschickt. Denn alle drei Festgenommen besaßen laut Polizei keinen festen Wohnsitz. Die beiden festgenommenen Jugendlichen – 14 und 15 Jahre alt – waren so voller Drogen, dass sie nicht in ein Gewahrsam, sondern in ein Krankenhaus gebracht wurden. Dort musste der fragliche 14-Jährige sogar eine Zeit lang auf der Intensivstation liegen.
Unklare Übergabe
Laut Mitteilung der Polizei habe die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage entschieden, die Jugendlichen dem Jugendamt Düsseldorf zu übergeben. Das ging offenbar schief. Denn sowohl der 14-, als auch der 15-Jährige waren sofort wieder auf der Straße. Die Polizei kann auf Nachfrage nur sagen, dass der 14-Jährige aus dem Krankenhaus, wo er noch bewacht wurde, in Richtung einer Betreuungsgruppe in Düsseldorf Reisholz in Bewegung gesetzt wurde. Ob er dort jemals angekommen ist, will die Stadt Düsseldorf nicht mitteilen. Zu konkreten Einzelfällen gebe man keine Auskunft. Der 15-Jährige scheint direkt aus dem Krankenhaus verschwunden zu sein. Im Allgemeinen erstatte das Jugendamt in solchen Fällen eine Vermisstenanzeige. Ob dies auch geschehen ist, lässt die Stadt auf zweifache Nachfrage hin offen.
Am Nachmittag – die nächste Straftat
Am Samstagabend fiel dabei der 14-Jährige nach Angaben der Düsseldorfer Polizei im Bereich des Graf-Adolf-Platzes erneut auf. Er soll einen Gleichaltrigen zunächst nach Feuer gefragt haben. Als er dies nicht bekam, soll er vorgetäuscht haben, seinem Gegenüber einen Fußballtrick zu zeigen. Dabei habe er ihm in die Kniekehle getreten und dem Fallenden eine Kette vom Hals gerissen. Aufgrund der sehr genauen Personenbeschreibung wurde er kurze Zeit später erneut von einer Polizeistreife festgenommen.
Weitere Straftat in Prüfung
Zurzeit untersucht die Polizei, ob der 14-Jährige noch für eine weitere Raubtat im Bereich des Graf-Adolf-Platzes verantwortlich ist. Die Vorgehensweise war vergleichbar. Nach deutschem Jugendstrafrecht werden Täter ab vollendetem 14. Lebensjahr für ihre Straftaten zur Verantwortung gezogen.
Ab wann ist man strafmündig?
Europaweit gelten ganz unterschiedliche Altersgrenzen. In der Schweiz, in Frankreich und Großbritannien sind Kinder bereits mit zehn Jahren strafmündig. In den Niederlanden, Ungarn und Irland liegt die Grenze bei 12 Jahren. Laut einer Aufstellung des wissenschaftlichen Diensts des Bundestags (2019) beginnt in vielen EU-Staaten die Strafmündigkeit frühestens mit 14 Jahren. Dazu gehören Länder wie Schweden, Finnland und Dänemark (15 Jahre) oder Kroatien, Italien und Spanien (14). In Österreich sind Jugendliche unter 14 Jahren nicht deliktsfähig und können nicht verurteilt werden. Ihnen drohen Erziehungsmaßnahmen. In Portugal beginnt die Strafmündigkeit erst ab 16 Jahren. In Polen sind Jugendliche erst ab 17 Jahren strafmündig. Für Mord oder Entführung können aber auch 15-Jährige bestraft werden.
Hardliner gegen Mahner
Die Deutsche Polizeigewerkschaft setzt sich dafür ein, die Grenze der Strafunmündigkeit auf zwölf Jahre abzusenken. Nur so könne man auf Jugendliche wirklich einwirken. Der Deutsche Richterbund und der Deutsche Kinderschutzbund hingegen sprechen sich gegen eine Absenkung der Strafmündigkeit aus. Seit 2004 seien Straftaten von Kindern und Jugendlichen rückläufig. Mehr Strafrecht bedeute nicht automatisch weniger Kriminalität.
Zudem seien Gefängnisse Orte der Subkultur, der Gewalt und Drogen. Es bestehe die Gefahr, dass Problem-Jugendliche dort dauerhaft auf die schiefe Bahn geraten.