Schützenmusik als Lärmquelle? Vereine im Düsseldorfer Norden werben für Akzeptanz
Das erste Schützenfest des Jahres ist gerade vorüber und viele Schützen freuen sich bereits darauf, wenn in ihrem Stadtteil gefeiert wird. Doch die Freude über das Sommerbrauchtum herrscht nicht bei allen. Entwöhnt durch die Corona-Pause oder frisch zugezogen und nicht vertraut mit den Bräuchen im Stadtteil halten einige Düsseldorfer*innen die Schützenmusik für Ruhestörung. Besonders wenn diese beim traditionellen Wecken am frühen Sonntagmorgen erklingt.
Es kam vor, dass mit Eiern, Tomaten oder Wasser geworfen wurde. Andere griffen zum Telefon und riefen die Polizei. Die Bilker Schützen haben nach solchen Vorfällen ihr „Wecken“ ganz eingestellt. Die nördlichen Stadtteile Lohausen, Wittlaer, Kaiserswerth, Kalkum und Angermund werben für Akzeptanz.
Ulrich Müller, 1. stellvertretender Vorsitzender des IGDS (Interessengemeinschaft Düsseldorf Schützen) erklärt, dass die Musikzüge der Schützenvereine in früheren Zeiten eine wichtige Funktion hatten. Auf Dörfer oder in Stadtteilen, in denen es noch kein Telefon gab und Zeitungen nicht für alle verfügbar waren, wurde eine Woche vor dem Schützenfest die „Mösch“ (Mundartbezeichnung für einen Spatz) als Ankündigung mit Musik herumgetragen, um auf das bevorstehende Fest hinzuweisen. Am Schützenfestsonntag wurden die Schützen bereits früh morgens geweckt, damit sich alle sammeln konnten, um gemeinsam den Gottesdienst zu besuchen. Diese Traditionen werden bei vielen Schützenvereinen auch heute noch bewahrt.
Doch es gibt Bürger*innen, die diese Tradition nicht kennen oder ablehnen. Manche stufen die Schützen als Gruppierung ein, in der nur getrunken und geschossen wird. Wer sich näher mit dem Schützenwesen beschäftigt stellt fest, dass auch über das Schützenfest hinaus viel Vereinsarbeit geleistet wird, die dem ganzen Stadtteil zugute kommt. Da wird beispielsweise der Martinszug organisiert, Senioren eingeladen, Denkmalpflege betrieben oder auch beim Dreck weg Tag mit angepackt.
Die Mitglieder der Musikzüge in Lohausen, Kaiserswerth, Wittlaer, Kalkum und Angermund wissen, dass das Wecken am Tag des Schützenfestes eine besondere Ehre für diejenigen ist, denen der musikalische Gruß gilt. Die Menschen freuen sich auf den Besuch und erwarten ihn geradezu. Oft ist die Besucherliste so lang, dass sie kaum noch zu schaffen ist, bevor es zum traditionellen Gottesdienst am Sonntagmorgen geht.
Für Jürgen Voets in Kalkum gehört das Wecken seit vielen Jahren zum Höhepunkt des Jahres. Nicht weil er mit Instrument los zieht. Er gehört zu denen, die besucht werden und dafür bedankt er sich immer mit einem Frühstück für die Musiker. Seine Nachbarschaft kennt das schon und freut sich ebenfalls über den musikalischen Wecker. Aber auch in Kalkum gab es im vergangenen Jahr einen Anruf bei der Polizei mit einer Beschwerde über den Lärm. Ratsherr Auler berichtet über die Bitte einer neu zugezogenen Familie in Angermund, er sollte sich dafür einsetzen, dass die St. Agnes Kirche ihr morgendliches Angelus-Läuten um 6 Uhr einstelle.
Gemeinsam appellieren die Schützen für Akzeptanz für ihre Traditionen, die einmal im Jahr auch in den frühen Morgenstunden mit Musik verbunden sind. Statt sich zu beschweren wäre es schön, wenn die Menschen bemerkten, dass sie in einer Dorfgemeinschaft wohnen, in denen Werte noch wichtig sind und Gemeinschaft gelebt wird.