Einsame Kunst: Absolventen in der Akademie-Galerie Düsseldorf

Die Liebe hielt nicht lange: Nach Konflikten zwischen Künstlern und Kuratoren mit unterschiedlichem Gestaltungswillen ist die jährliche Schau der Akademie-Abschlussklassen sang- und klanglos wieder aus dem Programm des Landesinstituts K21 verschwunden. Nun hat Robert Fleck, der für „Kunst und Öffentlichkeit“ zuständige Professor, den vom Corona-Blues betroffenen Jahrgängen 2021 und 2022 spontan die Akademie-Galerie im einstigen Einwohnermeldeamt am Burgplatz geöffnet. 100 junge Talente zeigen in vier Ausstellungen aktuelle Werke.

“22717” lautet der Titel des Bildes von Ankica Marjanovic, auf dem ein zartes Frauenbild mit Katze zu sehen ist. Rechts Arbeiten von Niels Plata. Foto: bikö
Der Eintritt in diese Kunst-Oase mitten im Düsseldorfer Altstadttrubel ist frei. Dennoch kann von Andrang keine Rede sein. Den versteckten Eingang hinter Gittern kennen nur Eingeweihte. Und das spärlich verteilte, bildlose Plakat mit dem Titel „Absolvierende der Kunstakademie Düsseldorf“ wirkt auch nicht gerade als Lockmittel. Die berühmte Hochschule unter ihrer neuen, nun offiziell abgesegneten Rektorin Donatella Fioretti muss dringend an ihrer Außenwirkung arbeiten.
Sehr erschöpft
Das Interesse ist ja eigentlich groß, wie man am Andrang bei den traditionellen Rundgängen sieht. Von diesem Spektakel der Studentenkunst ist man schon daran gewöhnt, detektivisch nach Titeln und Namen zu forschen. Auch in der ruhigen Galerie-Schau gibt es keine ordentlichen Schildchen, nur einen Plan, den man sich am Eingang abfotografieren muss, um orientiert zu sein. Für mehr Verwirrung sorgt der aus einer dunklen Koje dringende Ton einer Video-Arbeit von Deniz Saridas. Zu nächtlichen Bildern einer Rollerfahrt wiederholt da eine weibliche Stimme immerzu „very exhausted flames of light“, sehr erschöpfte Lichtflammen.

Eine Serie ulkiger Hunde aus dem Internet hat Armin Kistner gemalt – allerdings nach seinem Abschluss, erst in diesem Jahr. Die Bilder rechts sind von Johanna Clara Becker. Foto: bikö
Sehr erschöpfte Künstler mussten sich auf jeden Fall in den Jahren 21/22 mit der pandemischen Isolation zurechtfinden und recht einsam nach Inspiration suchen. Die leidenschaftlichen Figuren von Johanna Clara Becker tanzen vor und hinter schwebenden Bildschirmformen – Kontakt im Digitalen. Armin Kistner aus der Malklasse Gallagher fand im Netz ein paar bunte Hunde, die er in Öl verewigte, mit Schleife, flatterndem Fell und schickem Halsband. Ankica Marjanovic suchte bereits vor der Pandemie Trost beim Tier, sie lässt eine durchscheinende Frau mit der Katze kuscheln. Bei der Bildhauerin Jacqueline Bamfaste hockt ein freundlich lächelndes Gipskind neben einer sich räkelnden Katze.

Kind und Katze aus Gips und Babys in Bronze von Jacqueline Bamfaste vor Bildern von Filip Gudović und Max Wetter (rechts). Foto: bikö
Brücke ins Nichts
Der Rückzug ins Private ist deutlich in dieser ersten von vier Ausstellungen. Auf einem witzig-verzweifelten Atelierbild der Koreanerin Jeehye Song ist die Künstlerin in ihrer Leinwand versunken wie in einem Teich. Nur Hand und Fuß ragen heraus, die Schlappen stehen am Boden. Das Gegenständliche hat sich allgemein durchgesetzt. Nur wenige Arbeiten sind abstrakt, selbst die schwebenden Formen auf einem Großformat von Max Wetter haben offenbar was mit Marmelade zu tun („Bonne Maman“). Und die zart schwebenden weißgrauen Kompositionen des in Düsseldorf lebenden Japaners Masatsugu Okada sind Himmelslandschaften („Skyscape“).
Janine Böckelmann hat sich eine sechseinhalb Meter lange Hängebrücke gestrickt. „The Grass is Always Greener On The Other Side“ heißt das Werk, doch auf der anderen Seite ist kein grünes Gras, nur die Wand, das weiße Nichts. Da die Brücke vor dem Durchgang hängt, muss man, um weiterzukommen, einen Umweg über den Flur machen, den Johannes Herrmann auf querhängenden Bildern verewigt hat, während Charles Laib Bitton gegenüber mit einem Old-School-Frauenakt von der malerischen Vergangenheit träumt. Im letzten Raum hat Luca Kohlmetz ein zierliches Baumwollzelt für „Die letzte Dekade“ aufgehängt – kein Schutz. Eine apricotfarbene Birnenskulptur von Denise Werth ist einer rätselhaften „Frauenstimme im Weltall“ gewidmet, und auf den kleinen Gemälden von Norman Begert sind die Menschlein sehr allein.

Neben einem großen Bild von Tristan Drobik schwebt ein Zeltobjekt von Luca Kohlmetz. Rechts kleine Formate von Xuenan Li. Foto: bikö
Was, wann und wo?
Die erste von vier Ausstellungen von „Absolvierenden der Kunstakademie Düsseldorf 2021-2022“ ist noch in dieser Woche Mi. bis So. von 12 bis 18 Uhr in der Akademie-Galerie am Burgplatz 1 zu sehen. Am 11. Mai um 18 Uhr wird dann der zweite Teil eröffnet. Die Vernissagen für den dritten und vierten Teil gibt es am 1. sowie am 22. Juni. Das gesamte Projekt läuft bis zum 9. Juli 2023. Eintritt frei. www.kunstakademie-duesseldorf.de