Düsseldorf Benrath: Protest gegen Veranstaltung von “Lebensschützer*innen” und den §218
Die Frauen-Union Düsseldorf, der Verein Christdemokraten für das Leben, die Stiftung Familienwerte und die Gruppe „Frauen an Cäcilia“ organisierten am Montagabend (24.4.) im Cäcilienstift in Benrath eine gemeinsame Veranstaltung zum Thema „Lebensschutz“ mit dem Titel „Quo vadis §218 StGb – Lebensschutz auf der Kippe?“. Während die Teilnehmer*innen im Stift drei Vorträge über den Paragrafen 218 des Strafgesetzbuchs, die Würde des Menschen und die Arbeit von Beratungsstellen für Abtreibungen hörten, versammelte sich auf dem Bürgersteig davor der Gegenprotest. In einer angemeldeten Kundgebung verdeutlichten dessen Teilnehmer*innen ihr Recht auf Selbstbestimmung und machten Stimmung gegen die in ihren Augen ultra konservativen Antifeminist*innen im Saal.
„My body, my choice“ riefen die Gegendemonstrant*innen, die von den Gästen der Veranstaltung „Lebensschutz“ nur milde belächelt wurden. „Die wollen nicht diskutieren, sondern verhindern“, war die Einschätzung einer der Einladerinnen. Dann leitete sie zu den drei Vorträgen über.
Juristische Aspekte
Als erstes referierte Prof. Dr. Christian Hillgruber, der als Lehrstuhlinhaber des Instituts für Kirchenrecht und der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Uni Bonn vorgestellt wurde, über die Pläne den Paragrafen 218 des Strafgesetzbuches abzuschaffen. Der Paragraph stellt Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe, es sei denn, man hat an einer verpflichtenden Beratung teilgenommen und der Abbruch erfolgt bis zur 12. Schwangerschaftswoche.
Hillgruber betonte die Verantwortung für das ungeboren Leben und warnte davor, dass Schwangerschaftsabbrüche zu einer normalen medizinischen Dienstleistung werden. Die im Gesetz vorgesehene verpflichtende Beratung werden von Stellen wie Pro Familie nicht „in normativer Orientierung“ durchgeführt, wie es der Gesetzgeber verlange. Er vertrat die Auffassung, dass die Beratungen nicht ergebnisoffen erfolgten und selbst christliche Beratungsstellen zu oft Empathie mit der Frau zeigten und zu wenig mit dem Ungeborenen.
Das Policy-Paper des Deutschen Juristinnenbundes, in dem reproduktive Selbstbestimmung gefordert wird, kommentierte er am Montagabend mit „da kann einem nur schlecht werden“. Ähnlich negativ sah es die Pläne von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne), die auf die Abschaffung des Paragrafen 218 StGb drängt, um den Frauen das Recht zu geben, selber über ihren Körper zu entscheiden. Er forderte die CDU und CSU auf vor dem Verfassungsgericht gegen die Abschaffung zu klagen, sollte die Politik die Abschaffungspläne realisieren.
Medizinische Sicht
Dr. med. Paul Cullen ist Vorsitzender des Vereins „Ärzte für das Leben“ und er betonte in seinem Vortrag, dass Abtreibung kein rechtliches Thema sei, sondern eine gesellschaftliche Frage. Kritisch sieht er die Bestrebungen der Regierung das Lebensrecht anzugreifen. Das sei die Möglichkeit zur Abtreibung, aber auch assistierte Suizide.
Den Medien wirft er „Framing“ in Bezug auf Abtreibungen vor, was bedeutet, dass eine moralische Bewertung und Handlungsempfehlung gefördert wird. Es gebe rund 200 Abtreibungsstellen, aber nur 800 für Geburten, argumentierte er. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schalte Kampagnen mit Informationen zum Schutz vor HIV und sexuell übertragbaren Infektionen. Eine Kampagne zum Erhalt schützenswertem Lebens habe er noch nicht gesehen.
Sollte der Paragraf 218 kippen, befürchtet er, dass die „Pille danach“ bald in jedem Drogeriemarkt zu haben ist, und auch dass Ärzte gezwungen werden, Abtreibungen vornehmen zu müssen. Die Freiheit der Ärzte müsse verteidigt werden. Eine Handlung mit dem Ziel durchzuführen, dass der Patient stirbt, sei ethisch nicht vertretbar. Das Leben müsse konsequent geschützt werden und das gelte ab der Befruchtung.
Gesellschaftspolitische Sicht
Alexandra Linder M.A. ist Vorsitzende des Vereins Bundesverbands Lebensrecht und Leiterin einer Schwangerenberatung. In einer Präsentation referierte sie über die Zahl der Abtreibungen und den Gründen dafür. Die Zahl der Abtreibungen sei 2022 in die Höhe geschnellt, stellte Linder fest. Nach Recherchen von Ddorf-aktuell hängt das allerdings damit zusammen, dass die Zahlen im Jahr 2021 mit rund 94.000 Abtreibungen sehr niedrig war und sich sonst meist im Niveau um 100.000 bewegten. Das Statistische Bundesamt gibt die Zahl für 2022 mit 103.927 an. Davon waren rund 100.000 ohne medizinische oder kriminologische Indikation. Obwohl bei den verpflichtenden Beratungen keine Gründe für den Abbruch angegeben werden müssen, berichtete Linder, dass instabile Beziehungen einer der Hauptursachen für Abtreibungen seien. Das beginne bereits bei den eigenen Herkunftsfamilien, wenn Patchwork ohne Stabilität vermittelt werde. Viele Frauen litten darunter, dass sie bei Schwangerschaftskonflikten keine Vertrauenspersonen hätten, denen sie sich anvertrauen können. Instabile Beziehungen zum Kindesvater nennt sie als weiteren Grund und die Angst vor Überforderung.
Nach rund zwei Stunden sind die Vorträge beendet und vor dem Cäcilienstift harrten immer noch zahlreiche junge Menschen aus, die sich ihr Recht auf Selbstbestimmung nicht nehmen lassen wollen.