Erinnerung an den 90. Jahrestag der Bücherverbrennung in Düsseldorf
Bereits am 11. April 1933 kam es in Düsseldorf zu einer großen Bücherverbrennung. Die Aktion vor 90 Jahren wurde von der Hitlerjugend und anderen Jugendorganisationen organisiert und fand auf dem Platz vor dem Düsseldorfer Planetarium, der heutigen Tonhalle, statt. Damit zeigte sich Düsseldorf bereits einen knappen Monat vor den reichsweiten Bücherverbrennungen als Vorreiter der systematischen kulturpolitischen “Säuberungen” der Nationalsozialisten. Als Erinnerung an die diffamierten Autor*innen lasen am Dienstag (11.4.) Vertreter*innen von Stadt und Land Ausschnitte aus den “verbrannten Büchern” in der Tonhalle.
Über 200 Bürger*innen hatten sich in der Rotunde der Tonhalle am Dienstag versammelt, um den Lesungen zu folgen. Ihnen dankte Bezirksbürgermeisterin Annette Klinke bei ihrer Begrüßung. Denn nur durch das Andenken und Interesse an der Geschichte und den grausamen Taten könne verhindern, dass sich so etwas wiederhole.
Dr. Frederike Krenz von der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf gab einen Einblick, dass Düsseldorf bei den Aktionen gegen „Schmutz- und Schund-Literatur“ noch vor den bundesweiten Bücherverbrennungen der Entwicklung voraus ging. Organisiert von der Hitlerjugend versammelten sich am 11. April 1933 Tausende junger Menschen, um Bücher zu verbrennen. Sie errichteten einen riesigen Scheiterhaufen und sangen zum Abschluss das Horst-Wessel-Lied.
Später, im Rahmen der bundesweiten Bücherverbrennungen, gab es in Düsseldorf eine zweite Aktion. Die Nazis entwickelten zwölf Thesen “Wider den undeutschen Geist”, die auf Plakaten und in Zeitungen verbreitet wurden. Dazu gab es eine schwarze Liste mit verbrennungswürdiger Literatur, bei der sogar die Reihenfolge festgelegt wurde, mit der die Verbrennungen erfolgen sollten.
Dr. Frederike Krenz und Michael Serrer, Leiter des Literaturbüros NRW, gaben bei den Lesungen kurze Einführungen zum Vorlesenden und zum Autor oder der Autorin.
Gelesen wurde:
- „Augenzeugenbericht“ von Erich Kästner von Dr. Stephan Keller
- „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque von Katharina Schunk
- „Mein Weg als Deutscher und Jude“ von Jakob Wassermann von Herbert Rubinstein
- „Das kunstseidene Mädchen“ von Irmgard Keun von Mona Neubaur
- „Stud. Chem. Helene Willfüer“ von Vicki Baum von Miriam Koch
- „Sittengeschichte des Weltkrieges“ von Magnus Hirschfeld von Sascha Förster
- „Ein Mädchen mit Prokura“ von Christa Anita Brück von Agata Skalska
- „Arbeiterwohlfahrt“ von Marie Juchacz von Andreas Rimkus
- „Gedichte“ von Erich Mühsam von Sabine Brenner-Wilczek
- „Fabian“ von Erich Kästner von Elisabeth Schwab
- „Anfang und Ende“ von Hermynia zur Mühlen von Sara Nanni
- „Hauspostille“ von Bertold Brecht von Pater Christoph Bergmann OP
- „Deutschland, Deutschland über alles“ von Kurt Tucholsky von Isa Fiedler
- „Kuttel Daddeldu“ von Joachim Ringelnatz von Rudolf Müller
- „Berlin Alexanderplatz“ von Alfred Döblin von Dr. Heike Spies
Erich Kästner war 1933 Augenzeuge in Berlin und sah, wie Joseph Goebbels seine Büpcher in das Feuer warf: “Dann tauchte Goebbels auf. Er stand auf einer von Mikrophonen belagerten Estrade und gestikulierte vor dem Feuerschein wie ein Teufelchen vor der Hölle. Er zeterte, salbaderte, rief Schriftsteller bei Namen und überantwortete ihre Bücher den Flammen und dem Vergessen. Das war kein Großinquisitor, sondern ein kleiner pöbelnder Feuerwerker. Hier rächt sich ein durchgefallener Literat an der Literatur.”
Die Veranstaltung der Bezirksvertretung 1 fand in Kooperation mit dem Literaturbüro NRW e. V., der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf und dem Dezernat für Kultur und Integration der Landeshauptstadt Düsseldorf statt. Ab Ende Mai wird es in der Mahn- und Gedenkstätte in Kooperation mit dem DGB eine Sonderausstellung zum Jahr 1933 geben.