Düsseldorf: Heinrich Heines „Lebensfahrt“ als Graphic Novel
„Ich hab in meinen Jugendtagen / Wohl auf dem Haupt einen Kranz getragen …“ So seufzt der kranke Heine in seinem späten „Romanzero“. Gaby von Borstel und Peter Eickmeyer, ein Künstlerpaar aus Melle bei Osnabrück, hat das allzu wörtlich genommen und dem Jugendporträt des Dichters auf dem Cover ihres Bilderbuchs „Heinrich Heine, eine Lebensfahrt“ einen üppigen Blütenschmuck verpasst. Die Graphic Novel, präsentiert im Düsseldorfer Heine-Institut, ist nicht ganz frei von Kitsch. Und erreicht so vielleicht auch Herzen jenseits der Kennerszene.
Heinrich Heine, eigentlich Harry, war ein Jong aus Düsseldorf, damals noch eine Kleinstadt mit 12 000 Einwohnern. Seine Mutter Betty stammte aus einer jüdischen Arztfamilie, der Vater Samson war Kaufmann, Mitglied der Düsseldorfer Bürgerwehr und ein froher Vertreter des rheinischen Brauchtums: „In seinem Gemüte war beständig Kirmes …“, erinnert sich der Sohn. Beide Eltern hielten nichts von der Kunst, die Mutter hatte sogar eine „Angst vor Poesie“. Doch vergeblich schickte man Harry auf die Handelsschule und zu seinem Hamburger Bankiersonkel Salomon Heine, vergeblich zwang man ihn, ein Jura-Studium abzuschließen. Es wurde doch „nichts“ aus ihm, wie er bilanziert, „nichts als ein Dichter“.
Romantik und Rebellion
Im Geist der Romantik besingt Heine erfolgreich die Liebe, das Meer und die Loreley, jene fatale Blondine auf dem gleichnamigen Felsen: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten …“. Doch seine Inbrunst wird schnell von Ironie geschärft. Harry Heine denkt hochpolitisch – ein Rebell des Wortes. In journalistisch geprägten Schriften kämpft er gegen den Adel, die „Gängelbande der Bevorrechteten“, für die Emanzipation, die bürgerliche Freiheit. Die Zensur treibt ihn schließlich ins französische Exil, nach Paris, wo er an Deutschland denkt („Ich hatte einst ein schönes Vaterland …“), grandiose Texte schreibt, flirtet, eine hübsche Kulturbanausin heiratet und, nach Jahren in der „Matratzengruft“, mit 58 Jahren stirbt.
Gaby von Borstel berichtet in dem Bildband in pädagogisch ernster, bisweilen trockener Weise vom Lebens Heines, lässt aber zum Glück genug Platz für die Original-Spitzfindigkeiten des Dichters. Ihr Partner und Ehemann Peter Eickmeyer hat mit Sorgfalt und Hingabe an den Illustrationen gearbeitet. Seine Skizzen, Aquarelle und Acrylbilder sind noch bis zum Hochsommer im Heine-Institut zu sehen: Stadtansichten, die Kutsche der „Winterreise“ im Schnee, der Rhein im Abendlicht, Szenen aus Salons und Wäldern, Damen und Herren, recht artig interpretiert.
Ein besseres Lied
Wie ein digitaler Rückblick zeigt, gab es vor über 100 Jahren zwischen Jugendstil und Expressionismus schon mal progressivere Heine-Illustrationen, und auch Keiko Ogatas Manga-Version „Heine in Japan“ aus den 1980er-Jahren kam cooler daher. Andererseits schwankte ja auch der Dichter zwischen kritischem Geist und Schwärmerei, zwischen Spottlust und Sehnsucht. So ein schön gemaltes Bilderbuch seines Lebens hätte ihm sicher gefallen. Besonders, weil seine Verse darin noch so frisch wirken wie zu seiner Zeit: „Ein neues Lied, ein besseres Lied, / O Freunde, will ich Euch dichten! / Wir wollen hier auf Erden schon / Das Himmelreich errichten.“
Poetisches Bilderbuch
Die Graphic Novel „Heinrich Heine – eine Lebensfahrt“ von Gaby von Borstel und Peter Eickmeyer ist im Splitter Verlag erschienen, hat 65 Seiten (großes Format) und kostet 18 Euro. Das Düsseldorfer Heine-Institut, Bilker Straße 12-14, zeigt noch bis 20. August eine Ausstellung mit den Original-Illustrationen. Geöffnet Di.-So. 11 bis 17 Uhr, Sa. 13 bis 17 Uhr. Eintritt: 4 Euro. Erhältlich ist dort auch ein „Werkstattbuch“ über die Entstehung des Bildbands für 20 Euro. www.duesseldorf.de/heineinstitut