Düsseldorf: Liederabend „Wenn die braven Männer schlafen“
Der brave Bürger macht normalerweise einen großen Bogen um solche Etablissements, oder er tut alles, um sich nicht erwischen zu lassen. Da war die Maskenpflicht in den vergangenen Jahren durchaus von Vorteil. Am Donnerstagabend (9.3.) aber strebten die ehrbaren Bürger*innen unmaskiert und mit moralischer Attitüde in die Table Dance Bar „Tropical Nights“ am Mintropplatz. Allerdings war die honorige Gesellschaft deutlich vor der normalen Öffnungszeit im frivolen Lokal. Denn es wanden sich keine halbnackten Frauen an Stangen, sondern Sänger und Chansonnier Thomas Busch. Er bot mit der E-Piano-Begleitung von Robert Mayer Lieder, teilweise aus der Hochkultur, dar. Zum Gesangsabend „Wenn die braven Männer schlafen“ mit frivolen Liedern und anderen halbseidenen Schlagern hatte das AWO Zentrums plus und der Mintropolis e.V. in die Table Dance-Bar eingeladen.
„So eine Table Dance-Bar ist ein Ort, wo man nicht hingeht. Das ist auch so eine Art Angstraum, wie der Mintrop- und der Stresemannplatz selbst“, erläutert die Zentrum plus-Koordinatorin Svijetlana Stefanac. „Diese Angsträume wollen wir zurück erobern. Deshalb möchten wir demnächst unter anderem öffentliche Chorproben auf dem Mintropplatz veranstalten.“
Zunächst aber kamen mehr als 60 Kulturinteressierte ins Tropical Night, um Liedern von Cole Porter, Hildegard Knef oder Songs mit Texten von Kurt Tucholsky zu lauschen. „Es ist etwas Anderes, wenn man die frivolen Lieder in einem Theater singt“, erläutert Busch. „Frivole Lieder in einer frivolen Umgebung vorzutragen, ist etwas Besonderes. Es ist stimmig und macht Spaß.“ Viele der zum Vortrag gebrachten Lieder, darunter auch der Marlene Dietrich-Klassiker „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“, haben eine verschämte Sexualität, die im Erotik-Schuppen doppelt gut ankam.
Gut möglich, dass sich die Bar demnächst zu einer Art Kulturzentrum am Mintropplatz entwickelt. „Wir haben montags geschlossen. Da kann ich mir gut vorstellen Jazz Nights und Jam Sessions zu ermöglichen“, verrät Bar-Betreiber Christian. „Ich bin für alles offen.“ Gerne würde er die ganze Bandbreite der menschlichen Bedürfnisse von Hochkultur bis zum Halbseidenen präsentieren.
Während der Vorstellung sammelte Mintropolis Geldspenden für die Fortsetzung der Veranstaltungsreihe „Kunst und Kultur im Mintrop-Kiez“. „Es hängt von euch ab, was wir uns leisten können“, betonte Mintropolis-Mitglied Omid Gudarzi. Die Unterstützung der Lokalpolitik ist dem Verein sicher. „Es ist wichtig und richtig, das so etwas gemacht wird. So etwas können wir im Quartier viel mehr gebrauchen“, urteilt Bezirksbürgermeister Dietmar Wolf. „Hochkultur und Kleinkunst in fremden Räumen zu veranstalten, erfordert Mut. Gut, dass es Menschen im Kiez gibt, die den Mut haben und zeigen wie vielfältig der Mensch ist.“