Düsseldorf: Henkerstrick und weiße Tulpen – Protest gegen Hinrichtungen und Gewalt im Iran
In Düsseldorf weht ein rauer Wind. Immer wieder pustet er die weißen Tulpen um, hebt die Fotos der Ermordeten vom Pflaster vor dem Schauspielhaus Düsseldorf. Dann springt sofort jemand aus der Gruppe der 150 Demonstrierenden herbei und richtet die Blume wieder auf, rückt das Foto wieder gerade. Die Gruppe „Iran Revolution Düsseldorf“ hat zum Protest gegen Hinrichtungen, Gewalt und Unterdrückung im Iran aufgerufen.
„Feministische Außenpolitik“ nicht nur als Lippenbekenntnis
„One Solution -Resolution“ heißt die Überschrift zum Protest, der dem strömenden Regen und dem Wind und dem Desinteresse trotzt. Sie ist verbunden mit einer klaren Forderung an die deutsche Regierung in Berlin: Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) soll sich endlich dafür einsetzen, dass die „Iranische Revolutionsgarde IRGC“ auf die Terrorliste der Europäischen Union gesetzt wird. Zudem sollen sofort alle iranischen Botschaften und Generalkonsulate geschlossen werden. Aus dem Berliner Außenministerium gibt es lediglich den vagen Hinweis, man prüfe die Listung, es müssten jedoch Vorbedingungen erfüllt sein. Derweil werden täglich im Iran Regimekritiker, Demonstranten und Protestler hingerichtet.
Mehr als 20.000 Verhaftungen, Gewalt, Hinrichtungen
„Eine feministische Außenpolitik darf nicht nur auf geduldigen Papieren in Aussicht gestellt werden“, ruft die Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Zanda Martens (SPD) der grünen Außenministerin zu. Mehr als 20.000 Frauen und Männer wurden seit September 2022 im Iran verhaftet. Das Aufbegehren gegen das Mullah-Regime begann mit dem durch Polizeigewalt herbeigeführten Tod der Kurdin Jina Mahsa Amini in Teheran am 16. September. Amini war von der islamischen Sittenpolizei festgenommen und misshandelt worden, weil angeblich ihr Kopftuch nicht richtig saß.
Seither versucht der Iran die Proteste mit aller Härte und Brutalität zu unterdrücken. Mehr als 250 Prominente und Politiker haben politische Patenschaften im Iran übernommen, um den Blick der Weltöffentlichkeit auf Gewalt und Repressionen zu lenken. Sozialdemokratin Zanda Martens ist Patin für zwei junge Kurdinnen, die im Iran festgenommen wurden. „Von den beiden Schwestern fehlt seit ihrer Verhaftung jede Spur“, sagt Zanda Martens leise.
„Frauen, Leben, Freiheit“
Und fordert in Düsseldorf dies: „Wir müssen konkrete politische Maßnahmen ergreifen, schnell, mutig und europäisch! Nicht nur reden, wir brauchen schnell harte, schmerzhafte Sanktionen gegen diese staatlichen Repressionsapparate, die sich trotz aller Religion unmenschlich verhalten!“ Die SPD unterstützt den Iran-Protest. Zweiter Redner ist der Wuppertaler SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh. Zwischen den Reden gibt es Musikbeiträge und Live-Gesang. Das Schauspielhaus Düsseldorf hat die Leuchtschrift umgestellt und blendet den Ruf der Iran-Proteste ein: „Frauen, Leben, Freiheit“.
Deutschland als wichtigster europäischer Handelspartner des Iran
Nachtrag: Bis September 2022 wurden aus Deutschland Waren im Wert von 1,3 Milliarden Euro in den Iran exportiert. In der Tabelle der europäischen Handelspartner ist das Platz 1 – mit weitem Abstand zu Italien auf Rang zwei, das Geschäfte im Wert von 367,2 Millionen Euro verbuchen konnte.