Düsseldorf: „Spekulatius gegen Spekulanten“ – Protest in Flingern gegen Luxuswohnungen
Flingern ist ein Viertel im Wandel. Immer mehr Häuser und Wohnungen werden luxussaniert oder in Eigentumswohnungen gewandelt und so die Menschen vertrieben, die jetzt noch preiswert in einer bunt gemischten Nachbarschaft wohnen. Doch nicht alle Anwohner*innen wollen das hinnehmen. So demonstrierten sie am Samstag (17.12.) gemeinsam mit dem Bündnis für bezahlbaren Wohnraum vor dem Gebäude an der Lindenstraße 95.
Das war der Plan. Da der Eigentümer der Immobilie den Protest auf dem Bürgersteig vor seinem Gebäude nicht wünschte, hatte er schnell noch Bauzäune aufstellen lassen, um die Kundgebung zu verhindern. Doch der Protest unter dem Motto „Spekulatius gegen Spekulanten“ wurde einfach auf den Bürgersteig der anderen Straßenseite verlegt. Mit besten Blick auf das leerstehende Gebäude, an dem am Samstag ein großes Banner mit der Aussage „Luxusghetto? Nein Danke“ hing.
Das leerstehende und zum Abriss freigegebener Gebäude an der Lindenstraße 95 ist eines der vielen Beispiele in Düsseldorf, bei denen Investoren Immobilien aufkaufen. Dort sollen auf sechs Etagen 28 neue Wohnungen entstehen, aber die werden als „gehobenes Segment“ und Eigentumswohnungen angekündigt, werden also für Normalverdiener nicht bezahlbar sein. Eigentlich hätte der Abriss schon im zweiten Qartal 2022 starten sollen, die Fertigstellung war für das dritte Quartal 2024 geplant. Bisher hat sich nichts getan und der Investor hat ein vorläufiges Insolvenzverfahren eingeleitet. Es wäre nicht der erste Fall in Düsseldorf, bei dem es Baurecht gibt, sich aber nichts tut. Denn die steigenden Immobilienpreise sorgen bei den Investoren für eine gute Rendite allein durch Abwarten.
Eine Anwohnerin machte am Samstag ihrem Ärger Luft. Sie wohnt seit zehn Jahren in Flingern und mag das Viertel, weil es so vielfältig ist. Doch an immer mehr Stellen werden die Bewohner*innen vertrieben, weil schicke Neubauprojekte im „hippen“ Stadtteil Flingern attraktiv sind. Statt Vielfalt werde von den Investoren mit einem glatten und homogenen Viertel geworben, da ist kein Platz mehr für bezahlbaren Wohnraum. Bestes Beispiel sei die Baustelle von „Hinz & Kunz“ an der Ecke von Schwelmer Straße und Bruchstraße in Flingern. Die alte Fassade soll erhalten bleiben, dahinter ist bereits alles abgerissen. Doch die Bauarbeiten starten nicht, auch hier sind 72 Eigentumswohnungen und vier Townhouses geplant. Eine 50 Quadratmeter Wohnung wird für 425.000 Euro angeboten, die 97 Quadratmeter für 895.000 Euro. Wer kann sich das leisten, fragt sich die Anwohnerin am Mikrofon? Die Geldinteressen der Investoren gingen über alles und die Ungerechtigkeit, die Vertreibung der Anwohner*innen, werde zur Normalität, kritisiert sie. Im Grundgesetz Artikel 14 steht „(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Den Satz „Grenzenlose Ausbeutung ist zulässig“ habe sie noch nirgendwo im Gesetz gelesen, betont sie. Und in richtung der Eigentümer der Lindenstraße 95 kündigt sie an: „Denen werden wir in die Suppe spucken“.
„Das Vorhaben an der Ackerstraße ist leider kein Einzelfall. Es steht exemplarisch für zahlreiche weitere Luxusprojekte in ganz Düsseldorf, bei denen lediglich die Renditeinteressen der Investoren im Mittelpunkt stehen. Die Folgen im Stadtteil werden steigende Mieten sein. Es liegt im öffentlichen Interesse hier entgegenzusteuern, etwa durch die gezielte Nutzung des kommunalen Vorkaufsrechts und mit einer Genehmigungspflicht für Wohnungsumwandlungen. “, sagt Johannes Dörrenbächer, Sprecher des „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“.
Helmut Schneider vom Bündnis sieht die Stadt und das Land in der Pflicht, den Spekulationen Einhalt zu gebieten. Zwar seien Gesetzesänderungen kurzfristig nicht zu erreichen, aber die Stadt könne beispielsweise
durch die Einrichtung von Milieuschutzsatzungen erreichen, dass Investoren zunächst das Einverständnis der Stadt für die Wandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen einholen müssen. Die Stadt könne sich so auch ein Vorkaufsrecht bei Immobiliengeschäften sichern.
Das Haus an der Lindenstraße steht schon lange leer. 2018 wurde die Fassade im Rahmen des Streetartfestivals durch Künstler bunt gestaltet.