Düsseldorf: Bürger fordern endlich Lösung für die Stadtteilverbindung Gerresheim-Süd
Die Stimmung im alten Gerresheimer Bahnhof war am Donnerstagabend (20.10.) nicht nur deshalb aufgeheizt, weil es mit rund 150 Interessierten recht eng wurde in den Räumen. Die Bürger*innen aus den Stadtteilen Gerresheim, Unterbach und Vennhausen in Düsseldorf waren gekommen, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen, dass die Viertel in ihren Augen seit Jahren von der Stadt vernachlässigt werden. Sogenannte „Leuchtturmprojekte“ würden in anderen Stadtteilen oder der Innenstadt gefeiert, aber mit der Absage an die Lösung für den Gerresheimer Tunnel fühlen sich viele endgültig abgehängt.
Ein Problem ist die Verbindung zwischen Gerresheim Süd und Gerresheim Süd-Süd. Denn der Stadtteil endet nicht mit dem Gleisen am Gerresheimer Bahnhof, er geht noch weiter bis zum Kamper Weg. Die Verbindung geht über die Rampenstraße, die als Brücke für die Fahrzeuge über die Gleise führt oder durch eine enge Fußgängerröhre durch den Gerresheimer Bahnhof. Die Röhre ist in keinster Weise barrierefrei: steile Treppen und der enge Gang machen es bewegungseingeschränkten Menschen oder Familien mit Kinderwagen beinahe unmöglich, auf die Bahnsteige zu gelangen.
Seit rund 20 Jahren setzen sich Bürger*innen und Politiker*innen für eine Lösung ein, die in einem breiten Tunnel unter den Gleisen bestehen soll. Dieser soll für Radfahrer und Fußgänger die Querung ermöglichen. Zusätzlich soll es für die Barrierefreiheit Aufzüge auf die Bahnsteige geben. Nach der Vorstellung des Siegerentwurfs eines Planungswettbewerbs im Jahr 2010 schien eine Lösung zum Greifen nah.
Die Empfehlungskommission befand: „dass hier eine sehr gute und funktionale Lösung gefunden wurde. Es ist herauszuheben, dass Team 1 bei detaillierter Planung aufgefallen ist, dass eine Entfernung des 5. Gleises möglich ist, was mit der Deutschen Bahn während des Gutachterverfahrens positiv abgestimmt und auch den anderen Teams mitgeteilt werden konnte. Hierdurch ergibt sich die Möglichkeit einer sehr knappen, kurzen und präzisen Unterführung mit einer großzügigen Aufweitung der nördlichen Rampe. Besonders hervorzuheben ist in diesem Entwurf die sowohl kurze Wegebeziehung zwischen allen Verkehrsarten, insbesondere die Einbeziehung der Straßenbahn durch Verlegung der Wendeschleife als auch die kurze Verbindung zwischen den Ortsteilen, die von Radfahrern und mobilitätsbehinderten Personen uneingeschränkt nutzbar ist. Die Arbeit besticht durch ihre Klarheit und Übersichtlichkeit.“
Die Planer der Stadt Düsseldorf begannen nach dem Entwurf ihre Arbeit und es passierte: nichts! Zehn Jahre lang arbeitete nach Aussage von Verkehrsdezernent Jochen Kral ein hochkompetentes Team daran. Allerdings wurden Problem erkannt, die das Projekt sehr komplex machten: die Schienenführung der Gleise, die Bahnsteighöhen, Grundstückseigentümer, Schadstoffbelastung und einiges mehr. Aufatmen gab es dann am 29. Dezember 2020, als die NRW-Landesregierung dem Bauprojekt am Gerresheimer Bahnhof 18 Millionen Euro an Fördermitteln zusagte. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) wollte 4,5 Millionen Euro für den Ausbau der Bahnsteige übernehmen. Auch Oberbürgermeister Stephan Keller hielt den Tunnelausbau im Dezember 2020 in einer Pressemitteilung noch für sinnvoll: „Ein moderner und barrierefreier Bahnhof Gerresheim ist nicht nur ein wichtiger Baustein, den ÖPNV attraktiver zu machen, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Stadtentwicklung und zum Ausbau des Radverkehrs. Und endlich wird dann auch die nur gut zweieinhalb Meter breite Unterführung, die von vielen Mitmenschen als ‘Angströhre’ empfunden wird, der Vergangenheit angehören und durch eine neun Meter breite Unterführung für Fußgänger und Radfahrer ersetzt!”.
Doch der Entwurf der Verwaltung, der 2022 veröffentlicht wurde, sah anders aus. Die mittlerweile auf rund 40 Millionen Euro gestiegenen Kosten seien zu teuer. Eine preiswertere und einfachere Lösung müsse her. Diesen Standpunkt vertrat Verkehrsdezernent Jochen Kral auch am Donnerstagabend bei der Bürgerversammlung im Gerresheimer Bahnhof. Einfachere Lösungen gingen auch schneller, betonte er und sprach von einer Lösung für die Radfahrer über die Rampenstraße. Darauf, dass damit das Problem der Verbindung der Stadtteile, die Querungsmöglichkeit für Fußgänger und die Erreichbarkeit der Bahnsteige nicht gelöst sind, hatte er keine Antwort parat. Er konnte auch nicht erklären, warum die Planungsabteilung der Stadt zwölf Jahre gebraucht hatte, um nun zu sagen, dass der Entwurf des Wettbewerbs zwar eine gute Idee gewesen sei, aber so nicht funktioniere. Er sieht Konflikte in der gemeinsamen Nutzung der Rampe von Fußgängern und Radlern. Außerdem sei die Rampe wegen der Steigung nicht barrierefrei. Der Betrag von 40 Millionen Euro sei erheblich und er habe die Verpflichtung den Bürger*innen gegenüber, verantwortungsvoll mit den Geldern umzugehen.
Mit seinem Statement schaffte sich Kral im Saal keine Freunde. SPD-Ratsfrau Elke Fobbe rechnete vor, dass für ein P&R-Parkhaus am Südpark rund 23 Millionen Euro vorgesehen seien, dabei sei die Zahl der Nutzer dort deutlich geringer, als in Gerresheim. Offensichtlich sei Geld vorhanden, aber die Prioritäten der Stadt seien anders. Der Grüne Fraktionsvorsitzende im Düsseldorfer Rat und Vorsitzende des Ordnungs- und Verkehrsausschusses (OVA), Norbert Czerwinski, warb für weitere Gespräche mit der Bahn, die nach seinen Aussagen mittlerweile erkannt habe, mehr in den Radverkehr zu investieren. Außerdem schlug er vor, das Projekt mehr unter dem Aspekt Stadtteilverbindung zu sehen und auf diesem Wege an weitere Fördermittel zu gelangen.
Mehrere Bürger*innen betonten in ihren Diskussionsbeiträgen, dass die Tunnellösung nicht nur für die Gerresheimer gut sein, auch die Stadtteile Vennhausen und Unterbach würden davon profitieren.
Karl-Heinz Krems von der Interessengemeinschaft „Gerresheim-Süd verbinden“ setzt sich mit seinen Mitstreitern seit vielen Jahren für eine Lösung ein. Sie haben eine Unterschriftenaktion gestartet, um die Tunnellösung zu erreichen. Die rund 1000 Unterschriften sollen dem OVA am Mittwoch (26.10.) übergeben werden, denn auf der Tagesordnung steht dort die Abstimmung über den Entwurf der Verwaltung. Alle Parteien der Bezirksvertretung 7 hatten den Entwurf abgelehnt. Der Rat soll dann im November darüber entscheiden und viele sind gespannt, ob man sich über den Wunsch der Bürger*innen und der Bezirksvertretung hinwegsetzen wird.