Düsseldorf: Gedenken an die Suizid-Opfer
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im Jahr 2003 den 10. September als Welt-Suizid-Präventionstag ausgerufen. Der Verein Tabu Suizid hatte am Samstag (10.9.) zum Gedenken an die 66 Düsseldorfer*innen eingeladen, die im vergangenen Jahr ihrem Leben ein Ende gesetzt haben. In der einfühlsamen Veranstaltung auf dem Golzheimer Friedhof wurde deutlich, wie tabubehaftet das Thema Selbsttötung immer noch ist. Und wie sehr die Selbsthilfegruppe helfen kann, die Trauer zu verarbeiten.
Jedes Jahr nehmen sich in Deutschland circa 10.000 Menschen das Leben. Damit ist die Zahl der Suizid-Todesopfer höher als die durch Verkehrsunfälle, Gewalttaten und illegale Drogen. Wer sich das Leben nimmt, ist in einer existentiellen Lebenssituation und sieht keinen anderen Weg mehr für sich. Zurück bleiben trauernde und verzweifelte Angehörige und andere Bezugspersonen. Die Initiative Tabu Suizid Düsseldorf ist eine Selbsthilfegruppe für die Hinterbliebenden von Menschen, die sich das Leben genommen haben. Am Samstag bot der Gedenkstein für Suizidopfer auf dem Golzheimer Friedhof in Düsseldorf den Ort für eine Andacht, Erinnern und Austausch.
Renate Reichmann-Schmitt von der Initiative begrüßte die Gruppe. Bürgermeister Josef Hinkel sprach ein Grußwort. Der Gedenkstein auf dem Golzheimer Friedhof ist deutschlandweit der erste für Suizidopfer. Seit seiner Einweihung im Oktober 2020 reisen immer wieder Menschen an, um dort der Verstorbenen zu gedenken.
Der Leiter der Telefonseelsorge Düsseldorf, Pastor Ulf Steidel, hielt eine Andacht und betonte dabei die Besonderheit des Orts. Er erinnere an die Menschen, denen die Kraft und die Zuversicht zum Leben abhanden gekommen sei. Mit einer Kranzniederlegung und den Entzünden von Kerzen wurde anschließend Raum gegeben innezuhalten.
Sehr emotional waren die Worte der Angehörigen, die verlesen wurden. Da war die Rede von einem Vater, dessen Krankheit man lange nicht akzeptieren wollte. Doch das Leben schreibe seinen eigenen Gesetze und es ende nicht immer mit Happy End, hieß es. Erst 50 Jahre alt war der Familienvater, der immer deutlicher machte „ich kann nicht mehr, ich sehe keinen Sinn“. Es waren dann die Mutter und die Schwester, die ihn im Keller fanden – er hatte sich erhängt. Ein schreckliches Bild für die Angehörigen und gleichzeitig die Schuldgefühle, nicht alles getan zu haben, um dies zu verhindern. „Aber auf diese Frage gibt es keine Antwort, die Uhr lässt sich nicht zurückdrehen“, weiß der Verfasser der Worte. Und schildert, wie sehr die Selbsthilfegruppe dabei hilft, dies auszuhalten, denn alle haben ähnlich Erfahrungen, Gefühle und Gedanken. „Egal ob man reden oder schweigen möchte, wie einem gerade zu Mute ist, in der Gruppe ist man nicht alleine“.
Der Welt-Suizid-Präventionstag soll Betroffenen zeigen, wo es Hilfe gibt; aber auch die Öffentlichkeit für das Thema sensibilisieren. Denn Selbsttötung ist für viele ein Tabu. Das Zeitungen aus Pietätsgründen nicht über Selbsttötung berichten, ist das eine. Aber das sollte niemanden davon abhalten, im Bekanntenkreis, auf der Arbeit oder in der Familie das Gespräch zu suchen.
Zum Abschluss der Veranstaltung auf dem Golzheimer Friedhof stiegen weiße Luftballons mit Gedanken und Wünschen in den Himmel.
Informationen zur Initiative Tabu Suizid e.V. gibt es hier.
“Wenn die Seele erschüttert ist”
Anlässlich des Welt-Suizid-Präventionstags gibt es am Dienstag, den 13. September ab 15 Uhr ein Kino-Event mit Infoständen und Austausch mit Gesundheitsexpert*innen. Dazu lädt die Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft (PSAG) Düsseldorf e. V. ins Atelier Theater Düsseldorf, Graf-Adolf-Straße 47, ein.
Das Programm
- 15 Uhr: Start mit Infotischen zu Düsseldorfer Hilfsangeboten rund um das Thema Suizid-Prävention
- 15:30 Uhr: Filmvorführung “Wenn die Seele erschüttert ist”
Der Film gibt Einblicke in die Folgen von Psychotraumata und stellt vier Menschen unterschiedlichen Alters vor. Sie verbindet, dass sie nach einer traumatischen Erfahrung im weiteren Verlauf ihrer Entwicklung Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung entwickelt haben, die Einfluss auf das gesamte Leben genommen hat. Die 53-jährige Hildegard, Mamadou (22 Jahre), die 20-jährige Louisa und Ava (31 Jahre) erzählen und zeigen ihre Geschichte in ruhigen Bildern. Dabei werden Aspekte wie Ängste, Dissoziationen, Retraumatisierung und Vermeidungsverhalten subjektiv geschildert. - 16.45 Uhr: Austausch mit Gesundheitsexpert*innen und -experten des Gesundheitsamtes, des LVR-Klinikums Düsseldorf und des Psychosozialen Zentrums für Flüchtlinge, im Anschluss an die Filmvorführung. Außerdem stehen Ansprechpartner*innen mit Erfahrungen im Bereich von Posttraumatischen Belastungsstörungen und Suizid-Prävention zur Verfügung.
Die Veranstaltung endet gegen 18.30 Uhr. Die Teilnahme ist ab zwölf Jahren und ohne Anmeldung möglich. Der Eintritt ist kostenfrei.